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Donnerstag, 21. August 2025

Frost auf dem Cavannapass (Über Höhen und Pässe 3/3)

@wandernohneende
Wir waren am 1. August zu siebt auf der Göscheneralp gestartet. Zwei Tage später wagten sich nur drei von uns auf die dritte Etappe unserer Viertageswanderung. Die Wetterprognosen versprachen zwar eine Wetterbesserung, doch am frühen Morgen, als sich die Übriggebliebenen auf den Weg machten, hingen die Wolken immer noch tief über der Rotonodohütte und den umliegenden Bergkämmen.

Ein kurzer Abstieg brachte uns von der Hütte auf die Schwemmebene hinunter, welche der zurückweichende Witenwasserengletscher hinterlassen hatte. Danach folgte der unvermeidliche Wiederaufstieg in die Wolken hinauf. Ein ausgehöhltes Schneefeld, welches über einem Wildbach lag, umgingen wir grosszügig.

Bald schon hatte ich jede Orientierung verloren; rund um uns herum gab es nichts als grau-braune Felsen und weisser Nebel. Da war es gut, dass es nicht nur auf gefühlt jedem zweiten Stein eine weiss-rote Markierung gab, sondern sich auch jemand die grosse Mühe gemacht hatte, Steine zu Treppen zu arrangieren. Einen so gut ausgebauten alpinen Wanderweg hatte ich selten gesehen.

@wandernohneende
Wir passierten einen kleinen See und je höher wir stiegen desto eisiger wurde der Wind. Auf dem Hüendersattel (2'692 m) erreichten wir schliesslich den Ronggergrat und dort waren Felsen, Blumen und Wegweiser von einer dicken Frostschicht bedeckt.

Mit hochgezogenen Kapuzen folgten wir dem breiten Gratweg und werweisten dabei, wie schön der Blick von hier oben wohl wäre ohne die weisse Wand davor. Wir kamen zum Schluss, dass wir diese Gratwanderung bei besserem Wetter unbedingt wiederholen mussten.

Beim Passo di Cavanna (2'613 m) bogen wir nach Süden ab und einmal mehr war auf die Sonnenstube Tessin Verlass: Der Himmel riss auf und je tiefer wir stiegen, desto wärmer wurde es. Eine Aufschrift auf einem Stein wies uns die Richtung ins Bedrettotal. 

Auf einem breiten Feldweg ging es eine Weile fast flach vorwärts. Ein Wegweiser, welcher eine Zeit von unter einer Stunde bis zur Capanna Piansecco anzeigte, stimmte uns zudem hoffnungsvoll - nur um gute zwanzig Minuten später einen weiteren Wegweiser zu erreichen, welcher noch über eine Stunde anzeigte. Wir waren nicht nur langsamer unterwegs als die angegebene Marschzeit, wir schienen uns sogar in der Zeit rückwärts zu bewegen!

@wandernohneende
Ein gerölliger Steilhang setzte uns zusätzlich zu und obwohl der Weg schliesslich durch einen lieblichen Wald führte, sehnten wir uns nur noch nach der Hütte, welche wir durch die Bäume zu erspähen glaubten. Es dauerte dann aber noch einige Kurven, bis wir vor der modernen Capanna Piansecco standen. 

Diesmal erreichten wir die Hütte früh genug, um auf der sonnigen Terrasse das langersehnte "Plättli" geniessen zu können und mit Prosecco auf unseren Durchhaltewillen anzustossen. 

Am letzten Tag war ursprünglich vorgesehen gewesen, bis auf den Nufenenpass zu laufen. Wir spürten aber alle die letzten drei Etappen in den Beinen und so schlug Nicole eine verkürzte Wanderung vor: Nach einem Abstecher zum Lago delle Pigne die Wanderung unterhalb der Passhöhe bei Cruina zu beenden. Ein Vorschlag, der sofort Zustimmung fand.

@wandernohneende
Nach den Erfahrungen der letzten Tage, an denen wir immer langsamer als berechnet gewandert waren, planten wir für die letzte Etappe eine üppige Zeitreserve ein. Doch selbst nach einem gemächlichen Aufstieg zum Lago delle Pigne (2'280 m) und einer  ausgiebigen Pause an seinem Ufer erreichten wir schliesslich die Bushaltestelle Cruina fast eine Stunde zu früh. Zum ersten Mal an diesem Wochenende waren wir schneller gewandert als berechnet.

Wir überbrückten die Wartezeit mit Sonnentanken an einer warmen Steinmauer und stiegen dann ins mit Renter gefüllte Postauto, welche auf einer Pässefahrt waren. 

Es waren - trotz fehlendem Wetterglück - sehr schöne vier Tage gewesen, perfekt organisiert von Nicole, mit einigen Wanderungen, die ich bei besseren Bedingungen gerne wiederholen würde (Nepali Highway, Ronggergrat) und einer, die keiner Wiederholung bedarf (Lochberglücke).

Den ersten Teil der Wanderung über die Lochberglücke kann man hier nachlesen; den zweiten über den Nepali Highway hier.

 

Wanderinfos:

  • Gewandert: Sonntag/Montag, 3./4. August 2025
  • Route: Rotondohütte - In den Hühnerstöcken - Hüendersattel - Ronggergrat - Passo di Cavanna - Cascina Nuova - Cascina dei Sterli - Alpe di Ruino - Capanna Piansecco (Sonntag); Capanna Piansecco - Lago delle Pigne - Manió di Sopra - Ciuréi di Mezzo - Cruina (Montag)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 45 min (Sonntag); 2 h 15 min (Montag)
  • Distanz: 14,3 km (Sonntag); 6,2 km (Montag)
  • Höhenmeter655 m; 1'190 m (Sonntag); 425 m; 364 m (Montag)
  • Übernachten: Capanna Piansecco CAS (Sonntag)

 

@wandernohneende
Route Sonntag

@wandernohneende
Route Montag

Montag, 18. August 2025

Nebel auf dem Nepali-Highway (Über Höhen und Pässe 2/3)

@wandernohneende
Der zweite Tag unserer viertägigen Wanderung startete nass, kalt und neblig. Gut verpackt verliessen wir den Schutz der gastlichen Albert-Heim-Hütte und machten uns auf in Richtung Nepali Highway. 

Als Nepali Highway wird die Verbindung zwischen Albert-Heim- und Sidelenhütte bezeichnet. Der Name soll daher kommen, dass nepalesische Mitarbeiter der beiden Hütten den Weg erschlossen, um sich gegenseitig einen Besuch abstatten zu können. Bei schönem Wetter muss diese Strecke einen imposanten Blick auf Berge und Gletscher bieten, wir hingegen waren darauf bedacht, keine Mitwanderer im Nebel zu verlieren. 

@wandernohneende
Wie der Übergang über die Lochberglücke ist auch der Nepali Highway blau-weiss markiert, doch ist letzerer - selbst über die wenigen Blockfelsfelder - besser markiert und ausgebaut, so dass trotz der ungemütlichen Witterungsbedingungen die Wegfindung problemlos war.

Wir konsultierten gerade die Karte, um herauszufinden, wie weit wir von der Sidelenhütte (2'708 m) noch entfernt waren, als diese unvermittelt aus den Wolken auftauchte. Wir gönnten uns in der warmen Gaststube eine Pause. Als wir wieder ins Freie traten, tanzten Schneeflocken um uns herum.

Albert-Heimhütte, Nepali Highway, Furkapass, Rotondohütte
Während des Abstiegs zum Furkapass wurde das Wetter allmählich besser und wir begannen, einzelne Kleidungsschichten auszuziehen. Dabei fantasierten wir von Steaks mit Pommes Frites, welche wir auf dem Furkapass zu Mittag essen wollten. Die Fantasie verpuffte schnell, als sich herausstellte, dass es weder beim Furkablick noch auf dem Furkapass ein Restaurant gibt. 

Hingegen gibt es auf dem Furkapass (2'429 m) zwei knapp fünfzig Meter auseinander liegende Wegweiser, welche bezüglich der Wanderzeit zur Rotondohütte um eine halbe Stunde voneinander abweichen. Aber eigentlich war die wahre Wanderzeit egal - wir waren auch an diesem Tag langsamer als alle angeschriebenen und berechneten Marschzeiten unterwegs.

Wir mussten uns also mit einem Mittagessen aus dem Rucksack an einem etwas windgeschützten Hang begnügen. Dabei hatten wir freie Sicht auf die Dampfeisenbahn, die die Bahnstrecke über den Furka hinaufschnaufte und schwarze Wolken in den Himmel bliess.

Albert-Heimhütte, Nepali Highway, Furkapass, Rotondohütte
Der Rest des Tages erschöpfte sich - und mich - in einem repetitiven Aufstieg auf einen Bergkamm, anschliessendem Abstieg in ein Tal und Wiederaufstieg auf den nächsten Bergkamm. Das Motto der Wanderung war ja schliesslich über "Pässe und Höhen" und Höhen gab es auf diesem Wegabschnitt mehr als genug. Als ganz überflüssig empfand ich den Tälligrat: Während es von weitem ausgesehen hatte, als würde man diesen umgehen, war spätestens als wir ganz oben auf dem Grat den Wegweiser entdeckten klar, dass diese Hoffung vergebens war. Im Zickzack ging es auch diese letzte Höhe hinauf. 

Auf dem Tälligrat (2'440 m) angekommen, zeigte der Wegweiser immer noch eine halbe Stunde zur Rotondohütte an. Wenigstens ging diese vorwiegend abwärts. Nach über acht Stunden Wanderzeit kamen wir dann endlich bei der Hütte an. Auch an diesem Abend gehörten wir zu den späten Gästen, doch zumindest hatte man noch keine Späher nach uns losgeschickt. 

Den ersten Teil unserer Wanderung über die Lochberglücke kann man hier nachlesen; die Fortsetzung über den Cavannapass ins Bedrettotal hier.

 

Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag, 2. August 2025
  • Route: Albert-Heim-Hütte - Nepali Highway - Sidelenhütte - Furkapass - Stotzigen Firsten - Ampelenplängge - Im hinteren Wissbach - Tälligrat - Rotondohütte
  • Unsere Wanderzeit: 8 h 15 min
  • Distanz:  18,7 km
  • Höhenmeter1'240 m; 1'180 m  
  • Übernachten: Rotondohütte SAC

 


 

 

Dienstag, 12. August 2025

Blocksteinfelder an der Lochberglücke (Über Höhen und Pässe 1/3)

@wandernohneende
Unsere Projektwanderungen werden immer seltener, doch Nicole hatte über ein verlängertes 1. August-Wochenende eine viertägige Tour zusammengestellt, die zeigte, dass Qualität vor Quantität geht. 

Der Ausgangspunkt war die Göscheneralp, wo wir - von mir verschuldet - mit einer Stunde Verspätung starteten. Ich hatte schon zahlreiche Wanderungen rund um den wunderschönen, türkisblauen Göscheneralpsee gemacht. Was mir noch fehlte, war der Übergang über die Lochberglücke. Diese Lücke wollte ich heute schliessen.

Wir wanderten zunächste eher flach dem Seeufer entlang, bis der blau-weisse Wegweiser bergwärts zeigte. Von da an kannte der Weg nur noch eine Richtung: Aufwärts. Steil aufwärts. Während wir uns langsam nach oben bewegten, bewegten sich die Wolken eilig nach unten, so dass wir bald vom Nebel umhüllt waren. Am Schluss regnete es aber nur für ein paar Minuten und das Wetter entwickelte sich von da an besser als befürchtet.

@wandernohneende
Schlechter als befürchtet entwickelte sich hingegen meine Fitness. Eine zusätzliche Anstrengung stellte im oberen Teil des Aufstiegs ein ausgedehntes Feld von grossen Blockfelsen dar, durch welches wir mehr oder weniger planlos kraxelten, im Versuch, den scheinbar ebenso planlos angebrachten weiss-blauen Markierungen zu folgen. Die Lochberglücke ist vor allem eines: Ein riesiger Haufen Felsschutt.

Der Ausgang aus dem Blocksteinfeld durch ein Couloir war dann wieder deutlicher markiert, und nach einem letzten Aufschwung und der Querung eines übrig gebliebenen Schneefelds, erreichten wir schliesslich die Lochberglücke (2'814 m). Die Wolken hatten sich unterdessen genügend gelichtet, so dass sich der Blick gegen Süden öffnete. Unter uns sahen wir auch bereits das heutige Tagesziel, die Albert-Heim-Hütte, auf einem grossen Felsen thronen. 

@wandernohneende
Unsere Verspätung hatte unterdessen noch mehr zugenommen und wir stellten mit einer gewissen Frustration fest, dass wir langsamer waren als die angeschriebenen Wanderzeiten. Man wird eben nicht jünger.

Das letzte Stück zur Albert-Heim-Hütte führte zunächst einen abschüssigen Hang hinunter, nur um auf der anderen Seite wieder anzusteigen. Wir kamen zum Schluss, dass man in den Alpen noch viel mehr Hängebrücken bauen könnte, um ineffiziente Auf- und Abstiege zu reduzieren.

Als wir endlich die Hütte erreichten, kam uns gerade die Hüttenhilfe mit einem Feldstecher in der Hand entgegen, um nach uns Ausschau zu halten. Wir hatten kaum Zeit zum Händewaschen, bevor es Abendessen gab. So spät bin ich noch nie in einer Hütte angekommen.

Meine Lochberglücke-Lücke hatte ich gefüllt, doch meiner Meinung nach ist eine einmalige Füllung völlig ausreichend und eine Wiederholung nicht notwendig.

 

Teil 2 der Wanderung über den Nepali Highway kann man hier nachlesen; Teil 3 über den Cavannapass ins Bedrettotal hier (Spoiler: Es wurde (noch) anstrengender und das Wetter nicht besser).


Wanderinfos:

  • Gewandert: Freitag, 1. August 2025
  • Route: Göscheneralp - Älprigenplatten - Älprigen - Lochberglücke - Albert-Heim-Hütte
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 20 min
  • Distanz: 7,2 km
  • Höhenmeter1'150 m; 435 m  
  • Übernachten: Albert-Heim-Hütte SAC