Donnerstag, 27. Juli 2023

3-tägige Gletschertour über das Plateau du Trient

@wandernohneende
Als ich den Startort meiner Gletschertour in der SBB-App eingab, spuckte diese eine Reise von über vier Stunden Dauer und mit fünfmal Umsteigen aus - ein deutliches Zeichen, dass ich in eine ziemlich abgelegene Ecke der Schweiz unterwegs war. Praz-de-Fort liegt im Val Ferret, südlich von Martigny und damit nahe am Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Italien. Werbung macht die Gegend am Fuss des Grossen Sankt Bernhards mit plüschigen Bernhardinern.

Der erste Tag bestand aus einem einzigen, sehr langen Aufstieg: Zuerst - noch etwas geschützt vor der Sommerhitze durch den Wald - entlang der wilden Reuse de Saleinaz. Als wir die Baumgrenze schliesslich hinter uns gelassen hatten, wurde der Weg klettersteigartig: Metallbügel und Ketten boten Hilfe beim Erklimmen von glattgewaschenen Felsen. Die Kraxelei machte den langen Hüttenzustieg interessant, zerrte aber auch an meiner Kondition. 

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Auf dem letzten Stück - die Hütte hoch über uns auf einem exponierten Felsen schon in Blickweite - galt es dann noch über ein ausgedehntes Blockfeld zu balancieren. Erst in diesem Mai hatte ein Bergsturz den Hüttenweg verschüttet und der neue Weg durch dieses Hindernis war nur marginal gekennzeichnet. Der Schlussanstieg war dann einfach nur noch steil und heiss - ich hatte schon lange nicht mehr so gelitten wie bei diesem Aufstieg!

Als Entschädigung wurden wir von der Hüttencrew der Cabane de Saleinaz (2'689 m) mit Tee begrüsst und den ganzen Abend äusserst gastfreundlich bewirtet. Da war der übermässig anstrengende Aufstieg schnell vergessen. Wir waren die einzige Gruppe, welche die Nacht in der Hütte verbrachte, und genossen die Ruhe und den Platz.

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Am nächsten Morgen scheuchte uns Hansruedi, unser Bergführer, früh aus den Betten. Im Lichte der aufgehenden Sonne stiegen wir über das lockere Geröll der abschüssige Moräne hinunter zum Glacier de Saleinaz. Wie schnell ein Unfall passieren kann, zeigte sich, als ein gelöster Felsbrocken eine Mitwanderin nur knapp verfehlte. Doch wir hatten Glück und kamen unbeschadet auf dem Gletscher an. Dieser war aper und problemlos zu überqueren. 

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Auf der anderen Seite ging es wieder aufwärts bis zum Bivouac de l'Envers des Dorées, bei welchem ich - neben der grandiosen Aussicht auf die weisse Bergpracht - vor allem die ausgesetzte Toilette eindrücklich fand. Kurz hinter dem Biwak trat ich in ein Schneeloch und mein linkes Bein versank bis zur Hüfte so fest im Schnee, dass ich nicht einmal mehr meinen Fuss bewegen konnte. Unser Bergführer musste mich schliesslich mit dem Pickel befreien. 

Danach folgte die Schlüsselstelle des Tages: Entlang eines abschüssigen Schneefelds, über welches wir seitlich aufstiegen, erreichten wir einen stotzigen Grat, der im unteren Teil mit lockerem Gestein bedeckt war, im oberen mit einer weichen Schneewächte. Ich war froh, als ich diese Kraxelei unbeschadet hinter mich gebracht hatte. 

Auf dem Col du Plines (3'250 m), am Ufer eines kleinen Gletschersees, der sich hinter einem Felszacken gebildet hatte, machten wir Pause, bevor wir das ausgedehnte Plateau du Trient betraten.

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Auf der anderen Seite des weiten Eisfeldes war bereits unser Ziel, die Cabane du Trient, sichtbar. Während wir den flachen Gletscher überquerten, konnten wir live eine Luftrettung der Air Zermatt miterleben: Zunächst setzte der Helikopter auf dem Schnee auf und lud einen Arzt aus, um dann zwei wohl in den Aiguilles Dorées verunfallte Bergsteiger mit der Longline auszufliegen. 

Die Cabane du Trient (3'169 m) liegt hoch über dem Gletscherplateau und die sonnige Terrasse inklusive atemberaubender Aussicht und extra bereit gestellten Sonnenliegen hätten für ein ausgiebiges Sonnenbad eingeladen - wenn nicht ein kühler Wind einen Strich durch diese Rechnung gemacht hätte. Daher verbrachten wir den Rest des Tages lieber im warmen Speisesaal. Im Gegensatz zur Cabane de Saleinaz war die Trient voll besetzt und damit wurde der Abend nicht ganz so gemütlich am Tag zuvor.

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Auch am letzten Tag unserer Tour gab es eine frühe Tagwacht. Schnell waren wir von der Hütte wieder zum Gletscher hinabgestiegen. Wir wanderten quer über die weisse Fläche des Trientgletschers, die rundherum von zerklüfteten, spitzen Zacken umgeben ist. Ein eindrücklicher Ort. 

Immer leicht aufwärts gehend, erreichten wir schliesslich den Col Supérieur du Tour (3'288 m). Auf dem zugigen Übergang hatte eine Gruppe Bergsteiger offenbar die Nacht verbracht - ich hätte mir für ein Biwak eine geschütztere Stelle ausgesucht. Hier überschritten wir auch die Grenze nach Frankreich.

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Auf der anderen Seite des Passes ging es steil hinunter, zuerst ungeschickt kletternd über Felsen, dann vorsichtig ein abschüssiges Schneefeld hinunter, bis wir den Glacier du Tour erreichten. Diesem folgten wir eine Weile, immer leicht abwärts, bis wir schliesslich kurz vor dem Refuge Albert 1er das Eis hinter uns liessen und die Steigeisen im Rucksack verstauten. 

Direkt beim Refuge bricht der Glacier du Tour spektakulär über eine Steilstufe und bildet riesige, zerklüftete Spalten. Ebenfalls spektakulär, gleichzeitig aber auch beängstigend, waren die gigantischen Wassermassen, die aus dem Sockel des Gletscher heraus- und die Felsen hinabströmten. Hier konnte man der Gletscherschmelze in Echtzeit zuschauen.

Während wir den Hüttenweg hinabstiegen, kamen uns zahlreiche Wanderer und vor allem Trailrunner entgegen - ein deutliches Zeichen, dass wir uns wieder der Zivilisation näherten. Am Horizont - etwas hinter Wolken verborgen - erhob sich der Mont Blanc und im Tal zu seinem Fusse erkannte man Chamonix. 

Für den letzten Teil des Abstiegs gönnten wir uns schliesslich die Gondel. Mit dem Zug - durch einen sehr malerischen Teil von Frankreich und der Schweiz, welcher mir bisher gänzlich unbekannt war, ging es dann wieder zurück nach Norden.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Freitag/Samstag/Sonntag, 14./15./16. Juli 2023
  • Route: Praz-de-Fort, Le Revers - Prise d'eau de Saleina - Plan Monay - La Gare - Cabane de Saleinaz (Freitag); Cabane de Saleinaz - Glacier de Saleinaz - Bivouac de l'Envers des Dorées - Plateau du Trient - Cabane du Trient (Samstag); Cabane du Trient -  Plateau du Trient - Col Supérieur du Tour - Refuge Albert 1er CAF - Charamillon/La Tour (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h (Freitag); 4 h (Samstag); 5 h (Sonntag)
  • Distanz: 6,7 km (Freitag); 5,5 km (Samstag); 10,6 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'530 m (Freitag); 850 m (Samstag); 250 m (Sonntag)
  • Übernachten: Cabane de Saleinaz CAS (Freitag); Cabane du Trient CAS (Samstag)
Freitag: Praz-de-Fort bis zur Cabane Saleinaz

Samstag: Cabane Saleinaz zur Cabane du Trient

Sonntag: Cabane du Trient nach Tour (F)


Donnerstag, 6. Juli 2023

HHH: Heinzenberger Höhenweg mit Hotpot

@wandernohneende
Das Motto unseres diesjährigen Wanderprojekts lautet "Gratwanderung". Luzias Beitrag dazu führte uns in eine mir bisher unbekannte Ecke des Graubündens, den Heinzenberg.  

Am frühen Morgen stiegen wir in Thusis in ein Minipostauto, das wir ganz für uns alleine hatten, und liessen uns in das kleine Örtchen Präz chauffieren. Dort starteten wir unsere Wanderung, welche dem ausgeschilderten "Heinzenberger-Gratweg" folgte. Doch um überhaupt auf den Grat zu gelangen, galt es zunächst 800 Höhenmeter die Flanke des Heinzenbergs hochzusteigen. Ein nicht ganz unanstrengendes Unterfangen. Beim Pkt. 1981 erreichten wir schliesslich den Grat und machten Pause umringt von verblühenden Alpenrosen. 

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Anschliessend folgten wir dem Gratweg, welcher in einem abwechslungsreichen Auf und Ab von einem Gipfel zum nächsten führte. Der höchste war der Tguma (2'162 m), welcher mit einem modernen Gipfelkreuz aufwartete. Unter uns - auf der rechten Seite - sah man ins Safiental hinunter, in welches sich ein Fluss tief eingegraben hatte. Auf der linken Seite prägte der markante Piz Beverin die Aussicht.

Nach dem Abstieg zum Bischolapass ging es eine Weile flach über breite Feldwege, was mir gut passte, denn eigentlich hatte ich für den Tag bereits genügend Höhenmeter gemacht. Doch zum Abschluss folgte noch ein erneuter Aufstieg zum Glaser Grat (2'124 m). Ein weiteres, nicht ganz unanstrengendes Unterfangen. Danach ging es aber wirklich nur noch abwärts.

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Weiter unten beim Glaspass erlagen wir fast der Versuchung, für den Rest des Abstiegs ins Postauto zu steigen. Doch wir widerstanden und stiegen zu Fuss durch den üppig grünen Wald hinab nach Tschappina. 

Dort übernachteten wir im Gasthaus Alpina und liessen den Abend mit einem kühlen Drink im warmen Hotpot mit Blick auf den Piz Beverin ausklingen. Manchmal ist das Leben gar nicht so schlecht. Und ganz unanstrengend.

Am nächsten Tag ging es nochmals hoch zum Glasspass - diesmal gönnten wir uns das Postauto. Wir stiegen auch nicht mehr bis zum Grat hoch, sondern wanderten mehr oder weniger flach entlang der Hügelflanke bis zum Bischolapass. Im kleinen Pascumineree hatten wir am Vortag Leute baden sehen und dies wollten wir auch tun. Es brauchte etwas Überwindung in den kühlen Bergsee zu tauchen, doch auf jeden Fall fühlte ich mich danach nachhaltig erfrischt.

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Eine Fliegenplage verscheuchte uns schliesslich vom See- und Sonnenbad und wir stiegen über Weiden und Wälder hinunter nach Flerden, wo dieses schöne Wanderwochenende ein Ende fand.




Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 24./25. Juni 2023
  • Route: Präz - Pranzolas - Alp Gronda - Pkt. 1981 - Präzer Höhi - Tguma - Bischolapass - Lüsch - Glaser Grat - Glaspass - Tschappina (Heinzerberger-Gratweg, regionale Route Nr. 763) (Samstag); Glaspass - Seeboda - Lüschersee - Lüsch - Bischolapass - Pascuminersee - Rascheins - Sanestris - Badugns - Flerden (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 50 min (Samstag); 2 h 30 min (Sonntag)
  • Distanz: 19 km (Samstag); 9,9 km (Sonntag)
  • Höhenmeter: 1'325 m (Samstag); 240 m (Sonntag)
  • Übernachten: Gasthaus Alpina, Tschappina
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Heinzenberger Gratweg (Samstag)