Sonntag, 27. Mai 2018

Wölfe, Bären, Kraxeleien

Wenn man eine Tour mit Bergstrolch Michael mitmacht, sind Kraxeleien durch wegloses Gebiet - inkl. kompetenter Führung - garantiert. Diesmal ging es in den Solothurner Jura. Von der Busstation waren es nur ein paar Schritte bis zum Eingang der Wolfsschlucht, des ersten Highlights des Tages. Ein schmaler Weg folgte dem kleinen Bach, der zwischen senkrechten Felswänden über moosbewachsene Steinen und Baumstämme plätscherte. "Wild-romantisch", ist wohl die treffende Beschreibung. Ich war sofort verliebt! Ausser uns war so früh niemand unterwegs, so dass wir die Schlucht ganz für uns hatten. Einzig ein Feuersalamander, den wir beim Frühstück gestört hatten, kroch langsam in Deckung.

Beim Lochboden verliessen wir die Wolfsschlucht wieder. Ein paar hundert Meter führte die Strecke über einen breiten Waldweg, bis wir in einen - unmarkierten - Pfad einbogen, der unter den steilen Felswänden entlang führte. Es dauerte nicht lange, bis wir das (grosse) Bärenloch erreichten, eine riesige Höhle in der Felswand. Hier machten wir die erste von zahlreichen Pausen - ein so grosszügiges Pausenmanagement war für mich ganz ungewohnt.

Bärenloch mit Felsbrücke von unten
Durch zwei grosse Löcher in der Höhlendecke hatte sich eine natürliche Felsbrücke gebildet - diese war unser nächstes Ziel. Wir gingen ein Stück zurück, bis wir in eine weitere ausgesetzte Wegspur einbogen und zum (kleinen) Bärenloch hochstiegen. Diese Höhle war etwas niedriger als ihr grosses Pendent, ging dafür tiefer in den Fels hinein.

Ab hier hörte der Weg schliesslich ganz auf: Wir kraxelten der äusseren Höhlenwand entlang über die Kalkfelsen, bis wir wieder das grosse Bärenloch erreichten; wir standen jetzt einfach auf statt in der Höhle. Die Felsbrücke hatte von unten eindeutig breiter ausgesehen als von oben, doch mit ein paar beherzten Schritten war sie überquert.

Felsbrücke von oben
Weiter ging die Kletterei durch das unwegsame Gebiet - ich bin nicht sicher, ob ich die Route alleine wieder finden würde. Doch Michael führte uns sicher zur dritten Höhle. Hier sah es zunächst nach eine Sackgasse aus, doch dann stellte sich heraus, dass die Höhle einen Hinterausgang hatte: Auf allen Vieren krochen wir durch den niedrigen Durchgang und gelangten so auf die andere Seite der Holi Flue.

Für den Fall, dass man nach all der Kraxelei einen Muntermacher brauchte, hatte jemand in einer Felsnische eine Flasche Rum deponiert. Mir schien es sicherer, nüchtern zu bleiben. Etwas oberhalb der Höhle auf einem ausgesetzten Felsvorsprung mit Blick ins Tal und auf die umliegenden Jurahügel machten wir die nächste Pause.

Damit hatten wir die schwierigsten Kletterstellen auch bereits hinter uns und über schmale Pfade erreichten wir den Grat, dem wir bis zum Hinteren Brandenberg folgten. Dort wollten wir eigentlich im Bergrestaurant einkehren, doch offensichtlich waren wir nicht die einzigen, welche diese Idee hatten, denn die Gaststube war brechend voll. Also begnügten wir uns mit einem schnellen Kaffee auf der zugigen Terrasse, bevor wir über den offiziellen Wanderweg nach Welschenrohr abstiegen.

Wir hatten zwar weder Wölfe in der Wolfsschlucht noch Bären im Bärloch angetroffen, doch auch ohne Raubtiere bot die Tour mehr als genug Nervenkitzel!



Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag, 20. Mai 2018
  • Route: Herbertswil (Wolfsschlucht) - Wolfsschlucht - Lochboden - grosses Bärenloch - kleines Bärenloch - Holi Flue - Hinterer Brandenberg - Ergeleralp - Welschenrohr (Strecke grösstenteils weglos und nicht gekennzeichnet, T4)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 15 min
  • Distanz: 7.5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 650 m








Sonntag, 20. Mai 2018

Orchideen im Bergsturz

Frühling ist Blütezeit, was lag da näher als sich der von Richard organisierten Orchideenwanderung oberhalb von Arth-Goldau anzuschliessen. Die Wanderung konnte man schon fast als botanisch-geologisch-historische Fortbildung verbuchen: Der Aufstieg führte in einer mehr oder weniger geraden Linie direkt durch das Gebiet des Goldauer Bergsturzes. Zeugen der damaligen Katastrophe waren die unzähligen mit Moos und Pflanzen überwucherten Felsbrocken aus Nagelfluh, die dem Wald einen märchenhaften Einschlag gaben.

Der wurzeldurchsetzte Weg schlängelte sich zwischen den Felsen durch und bald schon entdeckten wir die ersten Orchideen. Die Auffälligste war der Gelbe Frauenschuh, doch Richard konnte uns auch auf ein paar andere seltene Exemplare aufmerksam machen (leider konnte ich mir deren Namen keine zehn Minuten merken - geschweige denn bis zum Schreiben dieses Blogs). Das aufmerksame Ausschau halten nach Orchideen lenkte zudem vom doch ziemlich steilen Aufstieg und der schwül-feuchten Hitze ab. Mitten im Hang schien dann die Klimazone plötzlich zu ändern: Vom feuchten, üppigen Wald kam man abrupt in eine alpine, karge Landschaft.

Unterhalb der senkrechten Abrisskanten des Bergsturzes machten wir Mittagspause, bevor wir uns wieder an den Abstieg machten. Ein weiterer Aufstieg bis hoch zum Gnipen hätte sich eh nicht gelohnt - der Gipfel war die meisten Zeit in den Wolken verborgen. Stattdessen machten wir noch einen Abstecher zum Goldseeli. Der Tümpel schimmerte zwar nicht wirklich goldig, doch er war mitten im Wald sehr hübsch gelegen - und klein genug, um ihn ohne viel Zeitaufwand zu umrunden.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 19. Mai 2018
  • Route: Arth-Goldau - Goldauer Bergsturz - Brechenwald (markierter Rundweg "Sonderwaldreservat") - Gribsch - Vrenenberg - Steinerberg - Schlössli - Goldseeli - Arth-Goldau
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 15 min
  • Distanz: 14 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 700 m
    @wandernohneende



Samstag, 12. Mai 2018

Emmentaler Bilderbuchlandschaften und ein süsser Kaufrausch

Ich hatte mich über Auffahrt mit einer Kollegin zu einer Wanderung auf den Napf verabredet. Um dem Regen vom Donnerstag zu entgehen, verschoben wir die Wanderung kurzfristig auf Freitag und mussten schnell feststellen, dass damit auch unsere ganze Routenplanung ins Wasser fiel - gewisse Buslinien im Emmental verkehren werktags nicht. Resultat der Planänderung war, dass die Wanderung länger wurde als ursprünglich angedacht.

Als wir in Trubschachen vom Zug auf den Bus umstiegen, fiel unser Blick auf den Wegweiser zum Kambly Fabrikladen und einen Moment lang gerieten wir in Versuchung, ganz auf die Wanderung zu verzichten. Noch konnten wir unser Verlangen nach Süssem aber unterdrücken und fuhren stattdessen mit dem Bus bis nach Trub. Dort zeigte der Wegweiser bis zum Napf eine Wanderzeit von über 5 Stunden an, was uns fast ein wenig erschreckte. Steil ging es den Hügel hinauf, über federnde Waldpfade und nasse Wiesen. Ein Bauer, der dabei war, einen Zaun auszubessern, wollte uns als Helferinnen verpflichteten. Wir lehnten dankend ab.

Bei einer Pause genossen wir den Blick über die bewaldeten Hügel und verstreuten Bauernhöfe und kamen uns vor wie bei Gotthelf. Doch während die Hügellandschaft für ein pittoreskes Landschaftsbild sorgte, machte sie unsere Wanderung umso anstrengender: Der Weg führte in einem ständigen Auf und Ab über die Hügelkette, so dass wir jeden Höhenmeter gefühlt doppelt machen mussten.

Nach vier Stunden Wanderzeit erreichten wir endlich den Napf (1'406 m) und gönnten uns als Belohnung für die Anstrengung als erstes ein Eis. Leider versteckten sich die Berner Alpen hinter den Wolken. Für den Abstieg wählten wir die direkte Strecke nach Fankhaus. Auf einem schmalen, teilweise ziemlich steilen Weg ging es auf einem Grat ins Tal hinab. Angetrieben wurden wir von der Aussicht, dass wir es doch noch vor Ladenschluss in den Kambly Fabrikladen schaffen würden.

Als Kind waren wir manchmal auf die Marbachegg zum Skifahren gefahren. Das Highlight dieser Ausflüge war jeweils der Abstecher ins Kambly "Bruchlädeli" gewesen: In einem kleinen, fensterlosen Raum konnte man schadhafte Guetzli kaufen und - das war das Beste daran - auf der Verkaufstheke stand ein grosser Korb mit Guetzli, aus dem man sich hemmungslos bedienen durfte. In den letzten (dreissig?) Jahren hatte sich aber einiges verändert, wie ich feststellte: Das "Bruchlädeli" von einst ist heute ein heller Raum mit angeschlossenem Café und einem modernen Verkaufsladen. Was nicht geändert hat, sind die Gestelle voller Guetzli im Kilosack - und dass man alle auch versuchen kann. So endete die Wanderung in einer ausgiebigen Shoppingtour und einer fast 4 Kilo schweren Einkaufstasche. Da muss ich diesen Sommer noch viele Wanderungen unternehmen, um all die Kalorien wieder zu verbrennen...


(Anmerkung: Dieser Blog wurde nicht von Kambly gesponsert!)


Wanderinfos:
  • Gewandert: Freitag, 11. Mai 2018
  • Route: Trub - Risiseggchnubel - Altengratschwendi - Chrüzbode - Champechnubel - Stächelegg - Napf - Höstulle - Fankhaus
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 30 min
  • Distanz: 21,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'200 m


Sonntag, 6. Mai 2018

Lötschberger Südrampe: Eisenbahnen, Suonen und Verdurstungsängste

An diesem Wochenende unternahm ich eine Wanderung, die schon länger auf meiner "Wander-to-Do-Liste" stand: Die Lötschberger Südrampe. Der Startpunkt lag in Hohtenn, kurz nach dem (alten) Lötschbergtunnel. Der Zug hält an dieser Station nur "auf Verlangen", ich war aber bei weitem nicht der einzige Wanderer, der Halt verlangte - ein Zeichen, wie beliebt diese Wanderung ist.

Die Wanderung war naturgemäss stark von der Eisenbahnlinie geprägt und immer wieder hatte man einen guten Blick auf die zahlreichen Viadukte und Tunnel der alten - aber noch erstaunlich viel befahrenen - Lötschbergstrecke. Eines der ersten Highlights war die Überquerung einer eisernen Eisenbahnbrücke direkt neben den Schienen. Wie nah der Wanderweg an den Schienen verläuft, zeigte sich eindrücklich als ein Güterzug vorbeirauschte, die Brücke zum Beben brachte und der Fahrtwind meinen Sonnenhut in den Abgrund zu wehen drohte.

Während ich das Eisenbahnlastige an der Wanderung erwartet hatte, überraschte mir der Rest: Die Strecke führte auf schmalen Pfaden entlang von Suonen, durch Tunnel, über Brücken, neben Wasserfällen, durch Wälder und Wiesen - kurzum: Enorm vielfältig und abwechslungsreich. Die zahlreichen Frühlingsblumen verströmten zudem einen süsslichen Duft und unzählige Schmetterlinge und Eidechsen kreuzten meinen Weg.

In Ausserberg endete der erste Streckenabschnitt und ich wollte eigentlich ohne Unterbruch weiterwandern, als mich die Wegweiser direkt in den Vorgarten eines Einfamilienhäuschens führen wollten. Das kann nicht richtig sein, dachte ich und drehte wieder um. Ich irrte kreuz und quer durch Ausserberg - welches grösser ist als man denkt - bis ich schliesslich am Dorfausgang wieder auf den richtigen Weg fand.

Kurz vor Eggerberg biegt das Baltschiedertal ins Walliser Haupttal ein und ich stellte fest, dass ich da schon mal vorbeigekommen war: Vor einem Jahr bei meiner ersten Suonenwanderung. Ich verzichtete dieses Mal auf einen Abstecher ins Seitental, denn ich hatte noch genug Wegstrecke vor mir. Dazu stieg auch die Temperatur und die Sonne brannte direkt in den Südhang: Diese Wanderung muss man unbedingt im Frühling oder Herbst machen, im Hochsommer verbrennt man im Hang!

Nach Eggerberg führte die Strecke eher langweilig und der Sonne ausgesetzt den Geleisen entlang und vom Rhonetal, dem man immer näher kam, drang immer deutlicher Verkehrslärm nach oben. Ich befürchtete schon, dass dies bis Brig so weiter gehen würde und bereute einen Moment, dass ich nicht in Lalden in den Zug gestiegen war. Zudem drohten meine Trinkvorräte zur Neige zu gehen, ich hatte die Länge der Strecke und die Hitze eindeutig unterschätzt (Merke: Nach Lalden gibt es keine Brunnen mehr)!

Sobald der Wanderweg den BLS Schutzwald - vor hundert Jahren aufgeforstet, um die Bahnlinie zu schützen - erreichte, war aber klar, dass es sich gelohnt hatte, durchzuhalten. Das letzte Stück durch den mit blühendem Bärlauch durchsetzten Wald war nicht nur sehr schön, sondern bot auch Schatten und etwas Abkühlung, was ich dringend nötig hatte, insbesondere als meine Trinkflasche trotz Rationierung leer war und der Wegweiser noch über eine Stunde Wanderzeit bis Brig anzeigte.

Der Dorfbrunnen von Naters rettete mich schliesslich vor dem Verdursten und am Bahnhof Brig gab es ein Eis zur Abkühlung. Für den Rückweg nahm ich dann den Zug durch den neuen Lötschbergtunnel - zweifelsfrei zeitsparend, aber eindeutig weniger vielfältig.




Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag, 5. Mai 2018
  • Route: Hohtenn - Ausserberg - Eggerberg - Lalden - Naters - Brig (ausgeschilderte Wanderroute: Lötschberger Südrampe)
  • Meine Wanderzeit: 6 h 45 min
  • Distanz: 27,8 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 900 m