Sonntag, 24. Juni 2018

Über den nicht so niedrigen Nideri

Der Nideri ist ein Pass, welcher - östlich der Churfirsten - von Walenstadt ins St. Galler Rheintal führt. Nach dem Höhenmeter-Exzess vom letzten Wochenende schien mir die vom SAC Uto angebotene Wanderung zu einem etwas niedereren Ziel der perfekte Ausgleich. Dass es ganz ohne Höhenmeter nicht gehen würde, wurde aber offensichtlich, als man in Walenstadt zu den senkrechten Felswänden hochschaute, die das nördliche Walenseeufer bilden.

Entsprechend führte der Weg von Anfang an aufwärts, die erste Hälfte angenehm im schattigen Wald. In Lüsis, einer kleinen Ansammlung von Ferienhäuschen, hatten wir die erste Steilstufe hinter uns gebracht und erreichten offenes Gelände. Nach einer kurzen Verschaufpause machten wir uns an die zweite Steilstufe: In schier endlosen Kurven wand sich der Weg den Hang hoch. Ablenkung von der Anstrengung boten die unzähligen Blumen und dank unserer sachkundigen Tourenleiterin gelang es dieses Mal sogar, die einzelnen Arten zu bestimmen. Der (botanische) Höhepunkt waren Feuerlilien, die uns orange-rot entgegen leuchteten.

Feuerlilie
Nach gut drei Stunden hatten wir den Nideri (1'825 m) erreicht. Von hier aus hätte man in einer halben Stunde auf den Höchst weiterwandern können; ein Abstecher, der sich sicher lohnen würde. Doch für heute blieben wir in den niedrigen Gefilden und stiegen durch mit Kühen und Alpenrosen bestockte Weiden sanft ab. In der Ferne sah man bereits das Rheintal. Auf der Terrasse des Berggasthauses Voralp - hoch über dem gleichnamigen See - warteten wir auf den Bus und suchten nach den Zwetschgen im Zwetschgenkuchen.

Eine interessante Tatsache über den Nideri fand ich zu Hause heraus, als ich für meinen Blog nach Hintergrundmaterial forschte: Die Wikipedia-Seite zum Nideri gibt es in genau zwei Sprachen: Schwedisch und Cebuano (letzteres - ebenfalls gemäss Wikipedia - eine auf den Philippinen gesprochene Sprache). Meines Erachtens ist dies der ultimative Beweis, dass es in vorchristlicher Zeit über den scheinbar unscheinbaren Nideri eine Handelsstrasse von den Philippinen nach Schweden gegeben haben muss. Die archäologische Expedition zum Nachweis meiner These ist bereits in Planung.




Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag, 23. Juni 2018
  • Route: Walenstadt - Sonnenberg - Gräpplig - Lüsis - Tscherler Chämm - Nideri - Schranggenbrunnen - Kurhaus/Berggasthaus Voralp
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min
  • Distanz: 12 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'430 m 




Sonntag, 17. Juni 2018

Falknis: Höhenmeter im Heidiland

Mein Höhenmeter-Rekord lag bisher irgendwo zwischen 1'700 und 1'800 m und ich wollte schon lange wissen, wie es sich anfühlt, die 2'000 m-Grenze zu knacken. Soviel vorweg: Es fühlt sich sehr anstrengend an!

Das Gipfelziel des Tages war der Falknis an der bündnerisch-liechtensteinischen Grenze. Wir starteten in Maienfeld, aber nicht mit dem direktesten Weg zum Aufstieg, sondern mit einem Schlenker durch das Heididorf, einer mir bisher unbekannten Sehenswürdigkeit, die auch gut hätte unbekannt bleiben können. Interessanter fand ich da schon die zahlreichen Weinberge, die wir durchquerten, schliesslich befanden wir uns im Herzen der Bündner Herrschaft.

Ausgesetzter Aufstieg zum Falknis
Ernsthaft wurde die Sache dann, als wir kurz nach Enderlinstein den Bach überquert hatten und damit der steile Teil der Wanderung begann (der bis zum Gipfel andauern sollte). Zu Beginn führte der Pfad durch den schattigen Wald und in den Wegkehren hatte man immer wieder einen schönen Ausblick ins Sarganserland hinunter. Nach gut zwei Stunden erreichten wir die Enderlinhütte. Damit hatten wir auch die ersten 1'000 Höhenmeter geschafft - an diesem Tag war das aber nicht einmal die Hälfte des Tagessolls.

Ab der Enderlinhütte war der Weg blau/weiss markiert und führte teilweise ausgesetzt über abschüssige Wiesen. Es gab auch ein paar felsige Passagen zum Kraxeln, diese waren aber mit Stahlseilen gesichert. Ich kämpfte an diesem Tag eindeutig nicht mit den technischen Schwierigkeiten der Wanderung, sondern mit der physischen Herausforderung. Insbesondere die letzten rund 350 Höhenmeter bis zum Fläscher Fürggli, die im Zickzack eine schier endlose, steile Wiese hochführten, stellten meine Kondition arg auf die Probe.

Fläscher Tal
Beim Fläscher Fürggli hatte man den Gipfel zwar noch nicht erreicht, doch dieser schien in Reichweite. Über lockeres Geröll erreichten wir schliesslich nach fünf Stunden und 2'000 Höhenmeter den Falknis (2'562 m). Wolken zogen über den Gipfel und verdeckten die Aussicht teilweise. Wir hielten die Pause ohnehin kurz, denn es lag noch ein langer Abstieg vor uns und wir mussten unsere reservierte Abfahrtszeit bei der Älplibahn einhalten.

Vom Fläscher Fürggli führte die Route durch das wunderschöne Fläscher Tal, einer mit drei türkisblauen Seen versetzten Hochebene. Neben ein paar übrig gebliebenen Schneefeldern blühten bereits die ersten Alpenrosen. Für mich war die Entdeckung dieses Tals eindeutig das Highlight der Wanderung! Kurz nach der Fläscher Alp galt es dann noch einen letzten Gegenanstieg zu meistern, bevor wir über weitere mit Blumen übersäte Wiesen pünktlich die Älplibahn erreichten, die uns weitere 1'000 m Abstieg ersparte.

Es war eine geniale und von Silvia perfekt organisierte Wanderung gewesen und ich hatte die 2'000 Höhenmeter-Marke deutlich überschritten - was ich jetzt aber nicht wirklich dringend wiederholen muss.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 16. Juni 2018
  • Route: Maienfeld - Unter-/Oberrofels (Heididorf) - Enderlinstein - Enderlinhütte SAC (Abschnitt T4) - Fläscher Fürggli - Falknis - Fläscher Fürggli - Fläscher Tal/Radaufis - Fläscher Alp Sarina - Ober Tritt - Chrüzböden - Älplibahn
  • Unsere Wanderzeit: 7 h 30 min
  • Distanz: 20 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 2'495 m








Sonntag, 10. Juni 2018

Via delle Vose: Schlangen auf dem Maultierpfad

Valle Onsernone - Loco - Intragna
Für einmal funktionierten die Zugsverbindungen ins Tessin einwandfrei und in Bellinzona stand das Postauto ins Onsernone-Tal auch schon bereit. Doch während die Passagiere vor dem verschlossenen Bus an der Sonne standen, hatte es sich der Chauffeur auf der hintersten Sitzreihe gemütlich gemacht und liess sich bei seiner Handy-Pause nicht stören. Als kurz vor der fahrplanmässigen Abfahrtszeit einer der Wartenden ungeduldig an die Scheibe klopfte, kam Bewegung in den Mann und er erhob sich, um uns mit einer wütenden Tirade auf Italienisch einzudecken. Und die verpasste Pausenzeit hängte er dann einfach an die Abfahrtszeit dran. Die restlichen Aggressionen baute er schliesslich auf der engen, kurvenreiche Strecke ab, in dem er selbst entgegenkommende Autos, die im korrekt Platz machten, gnadenlos niederhupte.

Valle Onsernone - Loco - Intragna
Ponte di Niva
Für mich endete die Fahrt in Loco, einem sehr ruhigen und friedlichen Tessiner Dörfchen. Da ich mehr als genug Zeit hatte, machte ich noch ein kurzer Abstecher, um mir die Kirche anzusehen, was sich als lohnenswert herausstellte. Die Wanderung folgte schliesslich der Via delle Vose, einem historischen Maultierpfad, auf welchem die Bauern aus dem Onsernone-Tal während Jahrhunderten ihre Erzeugnisse nach Ascona und Locarno gebracht hatten.

Zunächst ging es entlang von Weinbergen hinunter bis zur Ponte di Niva. Die holzige Bogenbrücke wurde im Jahr 2016 neu erbaut und gemäss Infotafel soll ihre Überquerung sogar ein "Gefühl der spirituellen Erhöhung" auslösen können. Davon spürte ich zugegebenermassen nichts, was aber der Attraktivität der Wanderung keinen Abbruch tat. Nach der Flussüberquerung ging es tendenziell aufwärts, aber nie wirklich steil, sondern oft fast flach dem bewaldeten Hang entlang. Konzentration brauchte es, weil der grösste Teil der Strecke mit Natursteinen gepflastert war und man aufpassen musste, keinen Fehltritt zu machen. Zahllose Eidechsen wärmten sich auf den Steinen und kurz nach Vosa huschte sogar eine Schlange über den Weg.

Valle Onsernone - Loco -Intragna
In Pila hatte ich den höchsten Punkt der Wanderung erreicht und es öffnete sich der Blick Richtung Maggiadelta und Lago Maggiore. Zudem sah man bereits auf Intragna hinunter, welches mit dem höchsten Kirchturm des Kantons Tessin aufwarten kann (Von innen ist aber die Kirche von Loco schöner). Beim Abstieg riss mich plötzlich ein heftiges Zischen aus den Gedanken und eine ziemlich fette Schlange verkroch sich missmutig von ihrem Sonnenplätzchen auf einer der Steinplatten des Wanderweges unter die nächste Mauer. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich vorher je eine lebende Schlange auf einer Wanderung angetroffen hatte, doch an diesem Tag waren es gerade zwei aufs Mal! (Fürs Beweisfoto war ich beide Male zu langsam).

Nach nur zwei Stunden hatte ich bereits Intragna erreicht, von wo es mit dem Centovalli-Bähnchen zurück nach Locarno ging. Es war keine besonders lange oder anstregende Wanderung gewesen, gelohnt hatte sich der Abstecher aber trotzdem.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Freitag, 31. Mai 2018
  • Route: Loco - Ponte di Niva - Vosa - Pila - Intragna (entlang der ausgeschilderten Via delle Vose)
  • Meine Wanderzeit: 2 h
  • Distanz: 5,8 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 260 m





Sonntag, 3. Juni 2018

(Unbekannte) Entlebucher Gratwanderung

@wandernohneende
Beichlen mit (bekreuztem) Vorgipfel
Vor knapp drei Wochen war ich über eine Hügelkette von Trub auf den Napf gewandert, diesmal war ich bloss eine Hügelkette südlicher unterwegs, damit aber bereits nicht mehr im bernischen Emmental, sondern im luzernischen Entlebuch. Und mit dem Beichlen war das Ziel ein Gipfel, der zwar höher ist als der Napf, aber um einiges weniger bekannt ist als sein bernisches Pendant.

Der Startpunkt lag beim Chlusbode, ein paar Busstationen von Schüpfheim entfernt. Die Wanderung liess uns keine Zeit für ein sanftes Einlaufen, denn von Anfang an ging es alles andere als sanft aufwärts. Dies und die schwüle Wärme des Tages führte dazu, dass uns der Schweiss bald in Bächen herunterlief. Ich lobte mich für meine Entscheidung am Morgen, meine kurzen Hosen anzuziehen. Beim Ober Lammberg, wo wir eine kurze Verschnaufpause einlegten, überholte uns ein Bauer in seinem Jeep und wies darauf hin, dass er beim Hochfahren nicht so ins Schwitzen gekommen sei.

@wandernohneende
Gsteigwald
Unbeeindruckt stiegen wir weiter hoch. Im Gsteigwald hatten Holzfäller wohl vor Kurzem angefangen, Sturmschäden aufzuräumen, auf jeden Fall lagen die gefällten Bäume kreuz und quer im Hang und über dem Wanderweg, so dass wir über Harz triefende Baumstämme und stachlige Tannäste klettern mussten - ich verfluchte mich für meine Entscheidung am Morgen, meine kurzen Hosen anzuziehen.

Bei der Gsteigegg hatten wir die ersten 700 Höhenmeter und die steilsten Stücke hinter uns gebracht. Der Weg führte entlang des Grates weiter aufwärts, doch nicht mehr so steil, so dass uns Energie blieb, um die beidseitige Aussicht zu geniessen und ein paar Versuche zu unternehmen, die zahlreichen Blumen am Wegrand zu bestimmen. Letzteres mit mässigem Erfolg, teilweise mussten wir uns damit begnügen, zu wissen, welche Blume es sicher nicht ist.

@wandernohneende
Kein Schlüsselblümchen
In der Ferne tauchte ein Gipfelkreuz auf, aber Pius dämpfte schnell unsere Hoffnung; das Gipfelkreuz stand nicht auf dem Beichlen, sondern aus unerfindlichen Gründen auf einem etwas niedrigeren, namenlosen Gipfel davor. Doch nach knapp drei Stunden standen wir schliesslich auf dem Beichlen (1'770 m). Der Dunst verhinderte einen klaren Blick auf die Alpen, bis zur Schrattenfluh reichte er aber allemal (Die Schrattenfluh steht übrigens schon lange auf meiner Wander-to-Do-Liste).

Nach einer ausgiebigen Pause stiegen wir ab, zunächst weiter dem Grat folgend. Schliesslich führte der Wanderweg direkt durch kniehohe Blumenwiesen und die fehlenden Wegspuren deuteten darauf hin, dass diese Strecke wohl nicht so oft begangen wird. Zu Unrecht, wie ich fand, denn es war eine schöne und abwechslungsreiche Gratwanderung mit mehr und steileren Höhenmetern als vermutet. Das Einzige, was fehlte, war eine (offene) Bergbeiz unterwegs.

Die Wanderung endete beim Camping Neugaden etwas ausserhalb von Marbach, wo wir keine fünf Minuten auf den nur stündlich fahrenden Bus warten mussten.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 26. Mai 2018
  • Route: Schüpfheim (Klusstalden) - Under/Ober Lammberg - Gsteigegg - Beichle - Beichlegrat - Rotefluespitz - Ober/Unter Krümpelhütten - Hilfernhüttli - Marbach (Neugaden)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 15 min
  • Distanz: 15,2 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'200 m