Sonntag, 25. September 2016

Endspurt auf den Gotthard (15. + 16. Etappe Zürich - Gotthard)

Wie die Zeit vergeht! Bereits standen die beiden letzten Etappen von unserem diesjährigen Wanderprojekt Zürich - Gotthard auf dem Programm. Und wer immer für das Wetter verantwortlich war, er unterstützte unser Finale nach besten Kräften und bescherte uns ein Wochenende mit viel Sonne und blauem Himmel.

Wir starteten auf dem Oberalppass und stiegen Richtung Tomasee auf. Unsere Route an beiden Tagen verlief gleich wie Etappen 1 und 2 des Vier-Quellen-Wegs (Regionale Route Nr. 49). Der Tomasee stellte sich als ein zweifellos hübscher, wenn auch als ein eher unspektakulärer Bergsee heraus. Wenn man aber wusste, dass hier der Rhein entspringt, bekam der Besuch dieses kleinen blauen Tümpels eine ganz andere Bedeutung.

Ein heftiger Wind hielt uns davon ab, die Mittagspause direkt am See zu machen. Wir holten sie an einer windgeschützten Stelle beim Abstieg nach und nahmen für den anschliessenden Kaffee einen Extraaufstieg zur Maighelshütte in Kauf. So gestärkt wanderten wir das Val Maighels hoch, welches mich wegen der spärlichen Vegetation und den zahlreichen Wasserläufen an die Greina erinnerte.

Ein kurzer Anstieg brachte uns über den Pass Maighels. Direkt hinter der Passhöhe erreichten wir einen kleinen See, welcher gemäss Karte keinen Namen hat, aber eindeutig einen verdienen würde, denn sein Ufer lud zum Verweilen ein. Wir legten uns in die Sonne und beobachteten den Steinbock, der sich für sein Sonnenbad den höchsten Gipfel der Gegend ausgesucht hatte und auf uns herunter schaute.

Vom See zu Vermigelhütte, wo wir die Nacht verbrachten, war es nicht mehr weit. Spätestens beim Bier auf der Terrasse war klar, dass der Sommer vorbei war, denn es wurde schnell empfindlich kühl. Also liessen wir uns drinnen vom sehr freundlichen Hüttenteam bewirten.

Am Sonntag nahmen wir die letzte Etappe unseres Wanderprojekts unter die Füsse und diese begann mit einem stetigen, aber zunächst relativ sanften Aufstieg. Doch kaum hatte Nicole bemerkt, dass es sich um eine sehr angenehme Steigung handeln würde, wurde diese immer giftiger. Das Gras verschwand und machte einer grauen Steinwüste Platz, unterbrochen nur durch teilweise riesige quarzhaltige Felsen und Steine. Trotz - oder gerade wegen - der kargen Landschaft war es aber eine enorm schöne Wanderung. Über ein lockeres Geröllfeld erreichten wir schliesslich den Sellapass und konnten einen ersten Blick Richtung Süden werfen. Vom Pass waren es nur noch ein paar (Höhen-)Meter bis zum Piz Giübin, welcher mit 2'776 m der höchste Punkt unserer gesamten Wanderung markierte.

Vom Gipfel hatten wir bei einem tief blauen, wolkenlosen Himmel eine 360°-Sicht auf hunderte von Bergen - und ich erkannte keinen einzigen von ihnen. Claude hatte zwei Flaschen Gipfelwein besorgt und so konnten wir nicht nur auf die Besteigung des Piz Giübins, sondern auf die ganze Wanderung, welche im März bei trübem Wetter in Zürich begonnen hatte, anstossen.

Danach stiegen wir Richtung Sellasee ins Tal hinab. Am Ufer dieses Stausees machten wir die letzte Pause und genossen nochmals das schöne Wetter. Von dort war es dann nicht mehr weit bis zum Ziel: Nach 16 Etappen, 215 km, 67 h Wanderzeit, 13'618 m Aufstieg, nach Wanderungen durch Regen und Schnee, Sonnenschein und Nebel, nach Übernachtungen in Hotels, Hütten und Massenlagern, nach kurzen Nächten, langen Wandertagen und vielen schönen Begegnungen mit neuen und alten Mitwanderern, erreichten wir schliesslich den Gotthardpass!



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 24./25. September 2016
  • Route: Oberalppass - Tomasee - Val Maighels - Pass Maighels - Vermigelhütte SAC (Samstag); Vermigelhütte SAC - Sellapass - Piz Giübin - Sellasee - Gotthardpass (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 4 h 15 min (Sonntag)
  • Distanz: 13 km (Samstag); 12,7 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 730 m (Samstag); 860 (Sonntag)
  • Übernachten: Vermigelhütte SAC
  • Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier




Samstag, 17. September 2016

Kein Kreuz auf dem Stöcklichrüz

Die Wetterprognosen für das Wochenende sahen durchzogen aus und ich überlegte mir schon, eine Wanderpause einzulegen, doch nachdem ich am Freitagabend ein grosses Cordon Bleu verdrückt hatte, mussten diese Kalorien auch wieder verbrannt werden. Ich hatte über das ganze Jahr verteilt einzelne Etappen des Alpenpanoramawegs gemacht und es bot sich an, dort einige Lücken zu schliessen. Im Januar waren wir im Schnee von Weesen nach Siebnen gelaufen und ich entschloss mich, dort anzuknüpfen, zumal damit zur Abwechslung die Anfahrt zum Startpunkt nur kurz war.

Am Anfang führte der Weg in einem etwas seltsamen Zickzack durch Einfamilienhausquartiere und vorbei an sehr gepflegten Vorgärten. Dabei stellte ich fest, dass es in der Innerschweiz offenbar grosse Mode ist, seinen Garten mit Zwergen oder anderen - mehr oder weniger modernen - Figuren und Kunstwerken zu schmücken. Etwas mühsam war, dass die Strecke vornehmlich über asphaltierte Wege führte. Erst als schliesslich der Weg begann, steil anzusteigen, waren die Teerstrassen zu Ende. Mit jedem Höhenmeter wurde auch die Aussicht besser. Zwar verdeckten die tiefliegenden Wolken die Sicht auf die Alpen, doch der Blick auf den Zürichsee, insbesondere auf den Untersee und den Seedamm, entschädigte dafür.

Das erste und das letzte Drittel dieser Etappe des Alpenpanoramawegs verlaufen gleich wie der Jakobsweg (nationale Route Nr. 4). Letzterer macht aber noch eine zusätzliche Kurve, vermutlich um ja keine Kapelle oder Kirche auszulassen. Doch auch auf meiner Strecke war durch die zahlreichen Weg- und Gipfelkreuze nicht zu übersehen, dass ich mich im katholischen Kanton Schwyz und im Einzugsbereich eines der grössten Klöster der Schweiz befand.

Kein Kreuz, sondern eine Triangulationspyramide, stand hingegen - trotz des Namens - auf dem höchsten Punkt der Wanderung, dem Stöcklichrüz (zur Kompensation befand sich aber kurz davor und kurz danach je ein grosses Kreuz). Von dort sah man auch zum ersten Mal auf die andere Seite der Hügelkette in Richtung Sihlsee hinab. Ziemlich genau entlang der Krete führte der Weg dann abwärts bis zur Tüfelsbrugg. Leider verlief auch auf dieser Seite der Wanderweg meistens auf geteerten Strassen.

Das letzte Stück bis Einsiedeln zog sich dann hin. Unterhaltung bot ein heftiger Luftkampf zwischen einem Schwarm Krähen, einem halben Dutzend Rotmilanen und mindestens zwei Mäusebussharden (das Vogelbestimmungsbuch, das ich vor einer Weile gekauft hatte, zahlte sich endlich aus).

Mittlerweile wurden die Wolken immer dichter und dunkler, doch ich hatte Glück: Der Regen wartete das Ende meiner Wanderung ab. Eigentlich hätte ich den Regenschirm zu Hause lassen können und stattdessen die Sonnenbrille einpacken sollen, denn es gab mehr Sonne als gedacht.

In Einsiedeln angekommen, schaute ich mir - zum wiederholten Male - das Kloster an. Die Klosterkirche ist eine barocke Orgie in rosarot. Doch ich musste selber zugeben, zum Anschauen sind die katholischen Kirchen interessanter als die schlichten reformierten. Mit einem letzten Blick auf das Prunkstück des Klosters, der prächtig in Gold geschmückten schwarzen Madonna, beendete ich die Tagestour.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 17. September 2016
  • Route: Siebnen - Galgenen - Diebishütten - Stöcklichrüz - Chörnlisegg - St. Meinrad - Tüfelsbrugg - Galgenchappeli - Einsiedeln (Etappe 8 des Alpenpanoramawegs/nationale Route Nr. 3)
  • Meine Wanderzeit: 5 h 30 min
  • Distanz: 23,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'100 m
  • Weitere Etappen des Alpenpanoramawegs finden sich hier






Sonntag, 11. September 2016

Tanz mit dem Teufel (14. Etappe Zürich - Gotthard)

Wir starteten die Etappe so, wie wir die letzte beendet hatten - mit einer langen Zugfahrt durch die Surselva. Nachdem wir es auch noch geschafft hatten, dass der Zug am Mini-Bahnhof Rueras - an welchem es nicht einmal einen Getränkeautomaten gibt - tatsächlich anhielt, konnte die Wanderung losgehen.

Nach etwa einer halben Stunde standen wir vor der Wahl, ob wir die ohnehin kurze Wanderung noch um eine Stunde verkürzen wollten. In einer Abstimmung, die sicher mit einer Stimmrechtsbeschwerde erfolgreich anfechtbar gewesen wäre, entschieden wir uns für die längere Variante, was einen steilen Anstieg durch den Wald zur Folge hatte. Belohnt wurden wir für diese Anstrengung mit wilden Heidelbeeren. Die Zusatzschlaufe endete mit einem Abstieg, bevor dann wieder die Aufstiege Richtung Milez und Pass Tiarms anstanden.

Nach knapp vier Stunden in einem äusserst angenehmen Wandertempo (Organisator und Tempomacher Thomas legte Wert auf die Feststellung, dass er nicht schnell gewandert war, und ich kann es mir mit ihm nicht (auch) verderben) kam schliesslich der Oberalppass in Sicht. Auf der Passhöhe steht ein - funktionierender - Leuchtturm, welcher die nahe Rheinquelle symbolisiert. Sein Gegenstück steht an der Rheinmündung an der Nordsee. Die Rheinquelle hoben wir uns aber für die finalen beiden Etappen in zwei Wochen auf.

Stattdessen steuerten wir direkt auf das Gasthaus Piz Calmot zu. Dort liessen wir uns nicht nur mit dem besten Essen der ganzen Tour verwöhnen, sondern schliefen in bequemen Betten in Mehrbettzimmern und zumindest ich hatte das Glück von zwei sehr ruhigen Zimmergenossinnen. Eine angenehme Abwechslung zu den schlafverhindernden Schnarchlauten im Massenlager.

Am Sonntag stand dann ein weiterer Klettersteig auf dem Programm. Nach meinen durchzogenen Erfahrungen bei meinem ersten Klettersteig in Braunwald vor knapp zwei Wochen, machte ich mir mit der Tatsache Mut, dass der Diavolo-Klettersteig in Andermatt eine halbe Schwierigkeitsstufe einfacher bewertet ist.

Der Einstieg zum Klettersteig liegt direkt bei der Teufelsbrücke. Neben dem Teufelsbild auf der gegenüberliegenden Felswand erweckte auch der Umstand, dass beim Einstieg bereits die Ambulanz stand, wenig Vertrauen. Die ersten paar Meter hatten es denn auch in sich, und mir war zunächst unklar, wo dieser halbe Schwierigkeitsgrad weniger geblieben war. Es wurde dann aber tatsächlich besser, insbesondere waren die Metallbügel teilweise sehr eng gesetzt. Dazu war die Felswand - im Gegensatz zu Braunwald - nicht ganz senkrecht. Die langen Passagen über glatten Fels, gespickt mit selbst für meine Füsse etwas zu kleinen Metallbügeln, brauchten aber viel Konzentration und setzten mit der Zeit etwas zu. Abwechslungsreicher waren die Abschnitte, in denen der Fels zerklüftet war und mehr natürlichen Halt bot. Weit unter uns floss die Reuss tosend durch die Schöllenenschlucht, ein genialer Ausblick! Oberhalb von uns kam dann schliesslich die Fahne in Sicht, die das Ende des Klettersteigs markierte.

Der Abstieg zurück nach Andermatt zog sich etwas hin, doch der Zickzackweg durch die Lawinenverbauungen war sehr reizvoll und erholsam. Als Fazit nach zwei Klettersteigen kann ich festhalten, dass dies zwar eindeutig nicht mein neues Hobby wird, solange der Schwierigkeitsgrad aber nicht steigt, hat es aber durchaus seinen Reiz.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 10./11. September 2016
  • Route: Rueras - Liets - Ils Bruis - Milez - Pass Tiarms - Oberalppass (Samstag); Klettersteig Diavolo (K2-3), Andermatt (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h (Samstag); ab/bis Andermatt, inkl. Pausen, ca. 4,5 h (Sonntag)
  • Distanz: 12,4 km (Samstag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'045 m (Samstag)
  • Übernachten: Gasthaus Piz Calmot
  • Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier