Donnerstag, 8. Dezember 2022

Historisches am Colma (Herbstliches Tessin 2/2)

@wandernohneende
Der Colma ist ein Hügel in der Ecke, wo das Centovalli auf das Maggiatal trifft. Ich war mal eher zufällig über ihn gestolpert, doch seine Lage hatte mich damals so beeindruckt, dass ich ihm eine eigene Wanderung widmen wollte.

Mit dem Centovalli-Bähnchen ging es bis Tegna. Von dort aus galt es einmal mehr über zahlreiche Stufen den Hang hochzusteigen. Ein erstes Zwischenziel war Monte Forcola, eine kleine Alp, wo zahlreiche Steintische zum Verweilen einluden. Ich wollte aber nicht verweilen, sondern zunächst eine extra Schlaufe einlegen.

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Unter bewusster Inkaufnahme zusätzlicher Treppenstufen machte ich einen Abstecher zu den Ruinen von Castelliere di Tegna. Auf dem exponierten Hochplateau finden sich Besiedlungsspuren bis in die Bronzezeit zurück. Kein Wunder, von diesem strategisch ideal gelegenen Punkt hat man das Centovalli, das Maggiatal und das Maggiadelta bis hin zum Lago Maggiore fest im Blick. Am besten erhalten sind die Fundamente einer Wehranlage aus der Römerzeit. Tief im Berg vergraben soll sich zudem eine Festung aus dem zweiten Weltkrieg verbergen. Ich setzte mich auf eine der Mauern und blinzelte in die tiefstehende Sonne, wo vor gut sechzehnhundert Jahren schon römische Legionäre in die Sonne geblinzelt hatten. 

Der Abstieg zurück nach Forcola war nur kurz, dann begann bereits wieder der weitere Aufstieg Richtung Colma. Stein um Stein, Kurve um Kurve führte mich der gewundene Weg immer höher durch den kahlen Wald.

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Auf dem Colma (795 m) wird man von einer schön angelegten Aussichtsterrasse erwartet, die um ein kleines, diversen Heiligen gewidmetes Türmchen angelegt ist. Ein schöner Ort zum Verweilen und Sonne zu tanken, während man auf das Maggiadelta und die soeben besuchten Ruinen des Castelliere hinunter blickt. 

Nach einer ausgiebigen Pause wanderte ich über den Rücken des Colma hinunter nach Costa und dann direkt einen Grashang hinunter zu einem kleinen Bach. Diesem folgte ich durch bergabwärts über einen mit Steinplatten ausgelegten Wanderweg entlang von versteckten, teilweise sehr schön renovierten Rustici. Einen letzten Abstecher machte ich zur Kapelle Sant' Anna, die prominent in den Hang gebaut ist. Leider war die Kirchtüre fest verschlossen, die Aussicht von der Terrasse war aber auch einen kurzen Stopp wert.

Stufen aus Naturstein führten mich zurück nach Tegna und bald schloss sich der Kreis dieser kurzen, aber lohnenswerten Rundwanderung.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 19. November 2022
  • Route: Tegna - Monte Forcola - Castelliere di Tegna - Monte Forcola - Colma - Costa - Riei di Sopra - Zucchero - Oratorio Sant' Anna - Tegna
  • Meine Wanderzeit: 2 h 45 min
  • Distanz: 7,2 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 620 m
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Donnerstag, 1. Dezember 2022

Aussichtsreiches am Pizzo Leone (Herbstliches Tessin 1/2)

@wandernohneende
Ich verbrachte ein paar kurzfristig angefallene Ferientage im Tessin, was mir die Gelegenheit gab, endlich einmal den Pizzo Leone zu erklimmen. 

Von Locarno herkommend bot die Busfahrt nach Brissago entlang der schmalen Uferstrasse den ersten schönen Blick über den Lago Maggiore und die Brissagoinseln, angereichert mit einem pittoresken Wolkenband über dem See. Schöne Blicke auf den Lago Maggiore würde es an diesem Tag noch zuhauf geben. In Brissago startete die Wanderung - Tessin typisch - mit einem stufenreichen Aufstieg durch das Dörfchen, das sich bis weit oben am Hang hinzog. Treppenstufen würde es auf dieser Wanderung auch noch zuhauf geben - noch mehr als schöne Ausblicke auf den Lago Maggiore. 

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Als ich den Waldrand erreichte, folgte ich einem laubbedeckten Pfad - immer weiter aufwärts - durch den herbstlichen Kastanienwald. Ich passierte kleine Weiler und bei Comasca fand ich den perfekten Baumstrunk für eine Pause mit einer ungehinderten Aussicht über die glitzernde Fläche des italienischen Teils des Lago Maggiores. Soviel Licht waren meine Augen kaum mehr gewohnt.

Anschliessen zog die Steigung nochmals etwas an und der dichte Kastanienwald wurde von einem lichten Birkenwäldchen abgelöst, bis ich die Waldgrenze schliesslich ganz hinter mir liess. Ab Naccio führen zwei Wege auf den Pizzo Leone, so dass man eine kleine Rundwanderung zum Gipfel machen kann. Ich wählte für den Aufstieg den unteren Weg, der zunächst eher flach durch die Bergflanke führte und die restlichen Höhenmeter für den steinigen Schlussanstieg aufsparte.

Und dann hatte ich endlich den Pizzo Leone (1'659 m) erreicht. Was für ein Ausblick! Vor mir lag der Lago Maggiore, hinter mir das Centovalli und um mich herum unzählige Alpengipfel. Trotz eines frischen Windes machte ich eine ausgiebige Pause, denn es widerstrebte mir, diesen tollen Flecken allzu schnell wieder zu verlassen. 

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Für den Abstieg nahm ich den oberen Weg über den Grat und hier reihte sich ein Aussichtspunkt an den nächsten und man bekam einen Eindruck von der Länge des Lago Maggiores. Ich kam kaum vorwärts, weil ich immer wieder stehenbleiben musste, um die Landschaft zu geniessen und Fotos zu machen.

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Wieder bei der Alpe Naccio angekommen, beschleunigte ich meine Schritte, denn die Sonne stand schon merklich tiefer - trotz den warmen Temperaturen war es halt doch November - und ich hatte einen langen Abstieg vor mir. Und dieser Abstieg bestand - ich übertreibe nicht (viel) - ausschliesslich aus Stufen. Diese waren zudem mit einer dicken Laubschicht bedeckt, was so viel Konzentration erforderte, dass ich beim Abstieg kaum weniger schwitzte als beim Aufstieg. 

Dank einem zusätzlichen Schlussspurt erwischte ich in Ronco sopra Ascona minutengenau den Bus zurück nach Locarno.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Freitag, 18. November 2022
  • Route: Brissago, Municipio - Cartogna - Gadero - Corte - Comasca - Naccio - Canva - Pizzo Leone - Naccio - Porera - Non Campi di Pietro - Ronco sopra Ascona
  • Meine Wanderzeit: 5 h 50 min
  • Distanz: 16,6 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'450 m

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Donnerstag, 10. November 2022

Kleiner Mythen: Erste Gehversuche im T5-Gelände

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Schweizer Wanderwege sind in sechs Schwierigkeitsstufen von T1 (leichteste) bis T6 (schwierigste) eingeteilt. Meine Wohlfühlzone ging bisher bis T4, wobei ich schon lange nach einer sicheren Gelegenheit Ausschau gehalten hatte, mich versuchsweise ins T5-Terrain hineinzutasten. Die ideale Gelegenheit dazu ergab mit dem "Schnupperkurs Alpinwandern", welcher der SAC Uto ausgeschrieben hatte. In den Händen von zwei erfahrenen Tourenleitern fühlte ich mich sicher. 

Von Brunni aus steigerte sich der Schwierigkeitsgrad graduell. Zunächst ging es über eine breite Fahrstrasse, dann über einen Waldweg, bis - kurz nach dem Restaurant Zwischenmythen - der markierte Wanderweg aufhörte. Über eine kaum sichtbare Wegspur respektive teilweise ganz weglos ging es zunächst eine abschüssige Wiese hoch und dann durch ein lockeres Schotterfeld - alles noch tief in meiner T4-Wohlfühlzone.

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Während des ganzen Aufstiegs wurden wir von einer Herde Gämsen beäugt, die bei der Kletterei durch die steilen Hänge eindeutig mehr Eleganz und Tempo an den Tag legten als wir. Wir erreichten schliesslich die ersten felsigen Kraxelstellen, gefolgt von einer ausgesetzten Wiese, auf der sich etwas Schnee vom Schneefall der vorangehenden Nacht gehalten hatte. 

Kurz vor dem Gipfel gab es eine kurze knifflige Kletterstelle und dann stand ich bereits auf dem Hauptgipfel des Kleinen Mythen (1'811 m). Wir gratulierten uns zum Gipfelerfolg und unser Tourenleiter baute einen kleinen Schneemann.

Ich hatte beim Aufstieg die Aussengrenze meiner Komfortzone nur knapp gestreift. Das änderte sich beim Abstieg: Zwei Kletterstellen über glatte Felspartien hinunter zeigten mir meine Grenzen deutlich auf. Unser Tourenleiter hatte aber vorgesorgt und ein Seil mitgebracht. Mit dieser zusätzlichen Haltemöglichkeit kam ich - und unsere ganze Gruppe - schliesslich sicher die zwei Schlüsselstellen hinunter.

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Über einen schmalen, ausgesetzten Pfad dem Grat entlang ging es weiter in Richtung Vorgipfel. Als der Weg die Gratseite wechselte, brauchte es nochmals etwas Überwindung und das Vertrauen, dass der Weg wirklich weitergehen würde, nachdem man fast blind einen Schritt auf einen kleinen Vorsprung in der senkrechten Felswand gemacht hatte. Er ging weiter.

Vom Vorgipfel des Kleinen Mythen (1'763 m) hatte man einen guten Blick zurück auf den Hauptgipfel und wenn man die senkrechten, zerklüfteten Felsen ansah, fragte ich mich, wie ich dort heruntergekommen war. Dafür war der Rest des Abstieges dann zwar immer noch steil, doch technisch keine besondere Herausforderung.

In der Alpwirtschaft Zwüschet Mythen kehrten wir zu einem Bier ein, um auf die erfolgreiche Gipfelbesteigung anzustossen - für viele der Gruppe war es wie für mich die erste T5-Erfahrung gewesen. Die Strecke zurück nach Brunni kam einem danach wie ein Sonntagsspaziergang vor.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Sonntag, 18. September 2022
  • Route: Brunni - Zwüschetmythenwald - Rämensiten - Chli Mythen (T5) - Vorgipfel - Gletti - Zwüschetmythen - Brunni
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 15 min
  • Distanz: 6,2 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 740 m

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Donnerstag, 6. Oktober 2022

Lötschengletscher - Lötschenpass - Lötschenpasshütte - Lötschental

@wandernohneende
Die Lötschenpasshütte stand schon lange auf meiner Hüttenwunschliste und so war das Ziel für meinen Beitrag zum diesjährigen Wanderprojekt mit dem Motto "Hütten, die ich immer schon mal besuchen wollte" schnell gefunden. 

Mit dem Ortsbus ging es vom Bahnhof Kandersteg bis zur Talstation der Sunnbüelbahn - eine Bahn würde uns aber an diesem Tag nicht helfen, die sehr vielen Höhenmeter zu überwinden. Statt in die Gondel zu steigen, bogen wir nämlich zu Fuss ins Gasterntal ab. Wir folgten dem ausgeschilderten Lötschberg-Panoramaweg. 

Der Zugang zum Gasterntal führt durch eine enge Klus, vorbei an einem rauschenden Wasserfall. Nach der ersten Steigung öffneten sich die senkrechten Felswände und boten einer ausgedehnten, von Bergen umschlossenen Ebene Platz, durch welche die Kander ruhig floss. 

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Die Strecke über den Talboden war fast flach, doch weil eine lange Strecke und 1'600 Höhenmeter vor uns lagen, hatte ich von Anfang an Restaurantbesuche gestrichen. Als wir aber die einladende Terrasse des Berghotels Waldhaus passierten, gab es unter meinen Mitwanderern kurze Anzeichen der Meuterei; doch es war ohnehin zu früh für eine Pause. Sicherheitshalber umging ich aber in Selden am Talende das Restaurant und wählte den direkten Weg zum Einstieg in den Aufstieg.

Unter dieser Aufstieg hatte es in sich: Entlang der hohen Wasserfälle des Leitibach ging es in engen Zickzackkurven den Wald hinauf. Höher und höher stiegen wir und der Blick über die Schultern in Richtung des Kanderfirns, welcher das Gasterntal abschliesst, wurde mit jedem Meter schöner und schöner. 

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Direkt oberhalb der Baumgrenze fanden wir auf der Terrasse eines Pfadiheims einen aussichtsreichen Platz für eine Verpflegungspause (aus dem Rucksack). Danach ging es eine Weile im gleichen Zickzackstil wie zuvor weiter - nur ohne Wald, dafür durch eine immer steiniger werdende Landschaft, bis wir eine geröllige Schwemmebene erreichten, die durch eine senkrechte, scheinbar unpassierbare Felswand abgeschlossen wurde. 

Es gab natürlich einen Weg hinauf - wenn auch ein ziemlich steiler. Inzwischen hatten sich die Wolken zusammengezogen - respektive wir hatten die Höhe der Wolken erreicht -, so dass wir immer wieder von dichten Nebelschwaden eingehüllt wurden.

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Oberhalb der Steilstufe erreichten wir die letzten Ausläufer des Lötschengletschers. Zu meiner Überraschung gab es unter der dicken Geröllschicht, welche das Gletscherende bedeckte, noch viel Eis. Es war eine eindrückliche Gletscherüberquerung aus einer Mischung von Geröll, Eis und Nebel.

Über die Gletschermoräne stiegen wir weiter hoch bis zur nächsten unüberwindbar erscheinenden Felswand, an welcher die Wegmarkierungen senkrecht hochführten. Beim Näherkommen offenbarte sich eine abwechslungsreiche Kraxelei, wobei ausgesetzte Stellen mit Stahlseilen gesichert waren. Diese Wanderung hatte wirklich alles zu bieten!

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Trotzdem war ich froh, als wir schliesslich den Lötschenpass (2'689 m) erreichten; ich spürte die 1'600 Höhenmeter Aufstieg deutlich in meinen Beinen. Die Lötschenpasshütte befindet sich direkt auf der Passhöhe. Die Hütte ist gross und modern, nur der Hüttenwart war etwas grummelig.

Am nächsten Morgen war der Pass von einer dünnen Schneeschicht überzogen, die fotogen in der Morgensonne glitzerte - von den Wolken war an diesem Tag nichts mehr zu sehen. Das Wallis zeigte sich stattdessen von seiner sonnigen Seite. Wir folgten weiter dem Lötschberg-Panoramaweg. Am Anfang war der Weg noch felsig und alpin. Kleine Seelein säumten den Weg, in denen sich die umliegenden Berge spiegelten. 

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Auf der Laucheralp gab es auf der Aussichtsterrasse des Berghaus Lauchern ein zweites Frühstück mit Kaffee und Kuchen - da es an diesem Tag vornehmlich abwärts ging, war das Einkehrverbot vom Vortag aufgehoben. Der Rest der Strecke führte dann über einen breiten, aussichtsreiche Wanderweg immer tiefer ins Lötschental hinein. Am Talende direkt vor uns konnte man zur Lötschenlücke hochsehen, linker Hand zum Petersgrat, beides Gletscherübergänge, die ich schon begangen hatte.

Als wir die Waldgrenze erreichten, änderte sich die Landschaft erneut, diesmal in einen lieblichen Lärchenwald. Wir passierten den Schwarzsee und erreichten schliesslich die Fafleralp, wo wir das Wochenende bei einem Bier ausklingen liessen.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 10./11. September 2022
  • Route: Kandersteg, Talst. Sunnbüel - Waldhaus - Gasterenholz - Gfelalp - Lötschengletscher - Lötschenpass - Lötschenpasshütte (Samstag); Lötschenpasshütte - Sattlegi - Lauchernalp - Biel - Weritzstafel - Fafleralp (Sonntag) (Etappen 2-4 des Lötschberg-Panoramawegs/regionale Route Nr. 56)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 15 min (Samstag); 4 h 10 min (Sonntag)
  • Distanz: 14,6 km (Samstag); 14 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'600 m (Samstag); 250 m (Sonntag)
  • Übernachten: Lötschenpasshütte
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Lötschberg-Panoramaweg Tag 1 (Samstag)

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Lötschberg-Panoramaweg Tag 2 (Sonntag)



Donnerstag, 22. September 2022

Hüttentour rund um die Göscheneralp

@wandernohneende
Ich hatte für diese Zweitagestour von Michel praktisch keinen Proviant eingepackt, denn gemäss Programm schien es, als würden wir mehr einkehren als wandern. Das Einkehren begann bereits mit einem Startkaffee im Berggasthaus Dammagletscher auf der Göscheneralp. Danach kam der erste Teil der Wanderung mit dem Aufstieg durch das schöne Hochmoorgebiet hoch über dem Ufer des Göscheneralpsees. Die Steigung zog schliesslich etwas an und ich war froh,  als wir die Bergseehütte (2'370 m) erreichten, wo es eine Suppe zur Stärkung gab.

Die Wetterprognosen hatten heftige Regenschauer vorausgesagt und als wir die Bergseehütte wieder verliessen, hatten sich die Wolken bedrohlich zusammengezogen, so dass wir vorsorglich in unsere Regenausrüstung stiegen. 

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Ab der Bergseehütte - die übrigens tatsächlich an einem Bergsee liegt - ist der Weg blau/weiss markiert. Dies vermutlich weil ein grosser Teil der Strecke aus ausgedehnten Blocksteinfelder besteht, über die man selber den besten Weg suchen muss - möglichst ohne die Balance zu verlieren. 

Da der vorausgesagte Regen vorerst ausblieb, blieben auch die flechtenüberwachsenen Steine trocken; bei Nässe ist der Weg sicher heikler. Ausgesetzte Stellen gab es kaum - oder sie waren wegen des immer dichter werdenden Nebels einfach nicht zu erkennen. Die Welt um mich herum war bald in eintönige Grautöne eingehüllt.

Kurz bevor wir die Chelenalphütte erreichten, setzte schliesslich doch noch Regen ein, was vor allem den letzten Teil des Abstiegs zu einer matschigen Angelegenheit machte. Kurz vor der Hütte galt es zudem, zwei steile Kraxelstellen hinunterzuklettern; beide aber mit Ketten gut gesichert. In der Chelenalphütte (2'335 m) trockneten wir uns wieder ab, bevor es zum gemütlichen Teil des Hüttenlebens ging.

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Am nächsten Morgen waren die Wolken verschwunden und von der Hütte aus hatte man einen tollen Ausblick auf die Gletscherfelder, die an den Bergflanken klebten. Die Welt um mich herum war bunt gefärbt durch das Blau des Himmels, das Grün der kargen Vegetation und das Rot der Felsen. 

Ein kurzer Abstieg brachte uns hinunter ins Chelenalptal und zum Ufer des Göscheneralpsees. Von hier aus hätte man gemütlich dem See entlang zurück zu unserem Startpunkt wandern können. Michel hatte es sich aber in den Kopf gesetzt, in der Dammahütte zu Mittag zu essen. Also traversierten wir zunächst das Kopfende des Göscheneralpsees entlang eines abwechslungsreichen Weges über teilweile glattgeschliffenen Felsen. 

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Der richtige Aufstieg zur Dammahütte begann erst, nachdem wir die Dammareuss erreichten hatten. Über den kurvenreichen, steinigen Hüttenweg ging es 500 Höhenmeter hoch - einzig um eine Käseschnitte zu essen. 

Die Dammahütte (2'437 m) ist die kleinste SAC-Hütte mit nur 20 Schlafplätzen - und der Hüttenwart Andri macht tatsächlich sehr gute Käseschnitten, für die sich der zusätzliche Aufstieg gelohnt hatte.

Mit vollen Bäuche stiegen wir - diesmal über den Panoramaweg mit Panorama auf die Reste des Dammagletschers - wieder hinab zur Dammareuss. Ab da wanderten wir entlang des rechten Ufers des Göscheneralpsees zurück zum Staudamm - eine Strecke, die unerwartet oft anstieg und sich ziemlich lange hinzog. Am Schluss wurden wir zudem noch von paar Ziegen aufgehalten, sie gemütlich auf dem Wanderweg vor uns hinwaggelten. 

Beim Hotel Dammagletscher gab es schliesslich die letzte Einkehr, bevor es zurück ins Unterland ging. 


Wanderinfos:

  • Gewandert: 3./4. September 2022
  • Route: Göscheneralp - Bergseehütte - Vorder/Hinter Mur (T4) - Chelenalphütte (Samstag); Chelenalphütte - Chelenstafel - Röti - Dammareusss - Dammahütte - Dammreuss - Plangge - Göscheneralp (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 5 h 10 min (Sonntag)
  • Distanz: 8,6 km (Samstag); 13,9 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 990 m (Samstag); 850 m (Sonntag)
  • Übernachten: Chelenalphütte SAC

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Donnerstag, 15. September 2022

Sesvennahütte - Südtiroler Gastfreundschaft und ein spektakuläres Schluchtenerlebnis

@wandernohneende
Nicoles Beitrag zu unserem Wanderprojekt "Hütten, die ich immer schon mal besuchen wollte" führte uns ins Unterengadin nach Scuol. Aufgrund der langen Anreise drudelte ein Teil der Gruppe bereits im Laufe des Freitags in der kubischen Jugi von Scuol ein und läutete das gesellige Wochenende bei einer grossen Pizza ein.

Am nächsten Morgen - die Gruppe war unterdessen vollständig - ging es zunächst mit dem Bus bis zum kleinen Weiler S-charl, der aus traditionellen, dickwandigen Bündner Häusern besteht. Die Wanderung begann gemütlich mit einem äusserst sanften Aufstieg durch ein breites Tal, durch welches die Aua Sesvenna fliesst. Bei der Alp Sesvenna befürchtete ich kurz, dass wir einen der steilen Berghänge um uns herum hinaufsteigen müssen, doch die Strecke führte weiter nur sanft steigend ins Val Sesvenna hinein (Die Flurnamen an diesem Tag konnte man sich einfach merken, alle beinhalteten den Namensteil "Sesvenna").

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Der Bergbach verästelte sich immer mehr je höher wir kamen, bis er sich schliesslich kurvenreich durch eine Schwemmebene mäanderte. Hier hörte der Talkessel plötzlich auf und damit war es auch zu Ende mit dem sanften Anstieg. Stattdessen standen wir am Fuss eines abschüssigen Abhangs, durch welchen die kaum sichtbare Wegspur in mehr der weniger direkter Linie hoch führte. Wenigstens brachten wir so die Höhenmeter effizient hinter uns. 

Irgendein Mitwanderer hatte behauptet, wir würden auf dieser Wanderung an keinem See vorbeikommen. Doch nachdem wir den ersten Steilhang hinter uns gebracht hatten, lag der kleine, milchig-blaue Lai da Sesvenna vor uns.

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Kurze Zeit und ein paar zusätzliche Höhenmeter später erreichten wir bereits die Fuorcla Sesvenna (2'818 m) und überquerten die Grenze ins Südtirol. Nur ein paar Meter unterhalb der Passhöhe kamen wir am nächsten See vorbei, wo es einen ausgedehnten Fotostopp gab, weil sich Felsen und Wolken so fotogen in der klaren Wasseroberfläche spiegelten. 

Reto überredete ein paar von uns schliesslich zu einem Umweg, um auch noch einen dritten See zu besuchen. Dieser Abstecher endete aber nicht bei einem See, sondern weglos in einem rutschigen Schotterhang. Nachahmung nicht empfohlen, besser man bleibt auf dem gekennzeichneten Wanderweg. Auf dem weiteren Abstieg zur Hütte konnten wir dafür noch eine ganze Murmeltierkolonie beobachten, die sich zwischen grossen Felsblöcken eingenistet hatte. 

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In der Sesvennahütte wurden wir mit einem Schnaps begrüsst. Auch sonst waren die Südtiroler sehr gastfreundlich und wir verbrachten einen angenehmen Abend und eine erholsame Nacht in der grossen Hütte.

Am nächsten Morgen wanderten zunächst wir zum Schlinigpass hoch, wobei es übertrieben wäre, dies als Aufstieg zu bezeichnen - es gab nicht mehr als 60 Höhenmeter zu überwinden. Wir passierten die Grenze zurück in die Schweiz, die nicht mehr als ein Viehzaun war, und überquerten dann die ausgedehnte Alp Sursass, die mit zutraulichen Kühen und hübschen Pferden bestockt war.

Anschliessend begann der Höhepunkt des Wanderwochenendes: Wir stiegen in die Uina Schlucht ein, durch welche ein spektakulärer Felsenweg führt. Der Weg ist anfangs des letzten Jahrhunderts direkt in die senkrechten Felswände gehauen worden und diente bereits damals der touristischen Erschliessung der Gegend - und wurde wohl auch rege zum Schmuggeln gebraucht. Der Felsenweg war zwar schmal, aber gut gesichert und bot schwindelerregende Tiefblicke in die enge Schlucht. Ein tolles Erlebnis!

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Kurz nach dem Ende der Schlucht erreichten wir die Alp Uina Dadaint, wo es Kaffee und Kuchen zur Stärkung gab. Der Rest der Wanderung führte schliesslich auf einem breiten Weg, immer leicht abwärts, entlang eines Wildbaches und durch einen schattenspendenden Wald, bis nach Sur-En. Die lange Reise ins Graubünden hatte sich eindeutig gelohnt!





Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 20./21. August 2022
  • Route: S-charl - Alp Sesvenna - Val Sesvenna - Fuorcla Sesvenna - Sesvennahütte (Samstag); Sesvennahütte - Schlinigpass - Alp Sursass - Uina-Schlucht - Uina Dadaint - Uina Dadora - Sur En (Sonntag) (mehrheitlich entlang des Nationalpark-Panoramawegs/regionale Route Nr. 45)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h (Samstag); 3 h 15 min (Sonntag)
  • Distanz: 11,2 km (Samstag); 14 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'070 m (Samstag); 80 m (Sonntag)
  • Übernachten: Schutzhütte Sesvenna AVS
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Donnerstag, 8. September 2022

Yaks am Mittaghorn

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Nach zwei Wochenenden ohne Wandern wurde es mir so langweilig, dass ich anfing, meinen Parkettboden zu polieren. Es war also höchste Zeit, dass ich wieder in meine Wanderschuhe schlüpfte, bevor ich auch noch anfing, meine Fenster zu putzen. Da traf es sich gut, dass bei einer von Ivans Wanderungen - normalerweise hoffnungslos ausgebucht - kurzfristig ein Platz frei wurde. 

Der Treffpunkt war in Elm, ganz hinten im Glarnerland. Es war nicht das erste Mal, dass mich eine Wanderung nach Elm führte, aber es war das erste Mal, dass ich dabei das berühmte Martinsloch zu Gesicht bekam - bei früheren Besuchen hatte es sich immer hinter Wolken versteckt.

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Unser Gipfelziel, das Mittaghorn, konnte man von Elm aus bereits sehen. Etwas länger dauerte es, bis wir den Einstieg in den Aufstieg fanden, denn der Abzweiger zur fast unsichtbaren Wegspur in einer Wiese war nicht markiert. Beim dritten Anlauf klappte es schliesslich und ab da war die Routenfindung einfach: Es ging immer nur aufwärts. In schier endlos scheinenden engen Kurven wand sich der Weg ein steiles Waldstück hoch, teilweise überraschend ausgesetzt. Damit hatten wir eigentlich erst im zweiten Teil der Wanderung gerechnet, doch alle etwas heikleren Stellen waren gut mit Ketten gesichert.

Nassgeschwitzt kamen wir auf dem Firstboden an. Dort befand sich ein einladender Rastplatz mit einer tollen Aussicht über das Sernftal, den wir zu einer ausgiebigen Pause nutzten. Hier verliess uns unser Organisator, der - gesundheitlich angeschlagen - den direkten Zustieg zur Martinsmadhütte nehmen wollte.

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Ganz führungslos machten wir uns also an den weiss/blau-markierten Teil der Wanderung. Steil und ausgesetzt blieb es weiterhin. Zunächst über eine Grasnarbe, dann über einige felsige Stufen ging es immer höher. Ohne den mässigenden Einfluss von Ivan steigerte sich das Wandertempo ins Unvernünftige und meine Pulsuhr meldete Herzfrequenzen im roten Bereich.

Von einem Absatz hoch über uns schaute plötzlich eine haarige Gestalt auf uns herunter. Beim Näherkommen stellte sich heraus, dass der strubbelige Kopf einem Yak gehörte, das sich zusammen mit ein paar Kollegen auf dem schmalen Gratweg bequem gemacht hatte und keine Anstalte machte, den Weg für uns freizugeben. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als in die abschüssige Bergflanke auszuweichen, um den Yaks und ihren imposanten Hörnern auszuweichen.

Weiter ging es in leichter Kraxelei über die Felsen. Ein Aufstieg, der Spass machte und dank der griffigen Felsen auch an den ausgesetzten Stellen immer guten Halt bot. Ich hatte im Internet ein Foto mit vier Metallbolzen gesehen, die scheinbar horizontal aus einer senkrechten Felswand hervorstanden, und ich hatte mich schon unsicher darüber balancieren sehen. In natura war die Wand nicht senkrecht und die Bolzen oberhalb einer schmalen, aber gut begehbaren Trampelspur angeordnet, um sich daran festzuhalten. Im Rückblick waren die Yaks das grössere Hindernis gewesen.

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Ein letzter Aufschwung brachte uns schliesslich aufs Mittaghorn (2'415 m), das sich eher als Grat denn als Horn entpuppte. Wir setzen aufgereiht auf einer Linie auf den Grat und bestaunten die Glarner Bergwelt um uns herum.

Für den Abstieg folgten wir zunächst noch ein kurzes Stück dem Grat, bevor wir nach links in den stotzigen Hang hinein abbogen. Lockerer Schotter bedeckte den Weg und erforderte meine ganze Aufmerksamkeit. Im Talkessel unter uns musste irgendwo die Martinsmadhütte, unser Tagesziel, liegen, doch sie versteckte sich hartnäckig hinter einem grossen Felsen. Als wir sie schliesslich erreichte, wartete dort nicht nur Ivan sondern auch ein kühler Most und leckerer Kuchen auf uns. 

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Am nächsten Tag schloss ich mich dem kleinen Grüppchen an, das sich für den direkten Abstieg nach Elm entschieden hatte. Der Hüttenweg - weiss/rot markiert - entpuppte sich dabei als kaum weniger steil und ausgesetzt als die Strecke über das Mittaghorn. Sehr schön war dann der Weg durch die eindrückliche Schlucht, in welcher sich der Tschinglenbach tief in den Fels gegraben hatte.

Kurz vor Mittag waren wir bereits zurück in Elm. Wenn man die Wanderung mit der Tschinglenbahn abkürzt, lässt sich die Tour über das Mittaghorn auch an einem Tag machen.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 13./14. August 2022
  • Route: Elm - Gschwänd - Firstboden - Gandstock - Mittagshoren (T4) - Martinsmadhütte (Samstag); Martinsmadhütte - Tschinglen - Töniberg - Elm (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 10 min (Samstag); 2 h 40 min (Sonntag)
  • Distanz: 8,4 km (Samstag); 8 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'500 m (Samstag); 80 m (Sonntag)
  • Übernachten: Martinsmadhütte SAC
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Wanderung Mittagshorn Samstag


Donnerstag, 1. September 2022

Auf Schmugglerpfaden rund um die Schijenflue (Prättigauer Wandertage 3/3)

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Der letzte Tag unserer Prättigauer Wandertage begrüsste uns mit einem tiefblauen Himmel. Ein letztes Mal bewegten wir uns durch das schweizerisch-österreichische Grenzgebiet. 

Begleitet von munteren Murmeltieren verliessen wir früh am Morgen die Carschinahütte und wanderten unter weissen, senkrechten Felswänden hoch über dem Partnunsee in den Taleinschnitt zwischen Sulzfluh und Schijenflue hinein. Wir kreuzten eine Schlange von Menschen, die auf dem Weg zum Klettersteig der Sulzfluh waren. Wir hingegen blieben auf dem schmalen Wanderweg, welcher der Höhenlinie entlang führte. Am Ende des Talkessels bogen wir schliesslich in die offizielle Wanderroute "Schjienfluh Umrundung" ein. 

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Eine erste Steilstufe brachte uns auf eine hügelige Karstterrasse und zweite auf das Tilisunafürggeli. Eine Metallplatte signalisierte, dass wir die Landesgrenze überschritten. Nur wenige Meter vom Übergang entfernt erreichten wir die Tilisunahütte, wo wir eine ausgedehnte Pause einlegten und bei Apfelstrudel und Kaiserschmarren die österreichische Gastfreundschaft genossen.

Entlang von kleinen Tümpeln, die von Wollgrasfeldern umwachsen waren, umrundeten wir danach mit vollem Magen in einem grossen Bogen die Rückseite der zerklüftete Schijenflue. Dabei passierten wir kleine Zollhäuschen, welche davon zeugten, dass zwischen dem schweizerischen Prättigau und dem österreichischen Montafon bis offenbar in die sechziger Jahre hinein ein reger Schmuggel von Waren aller Art stattfand. Die natürlichen Höhlen in den Karstfelsen dienten dabei als Verstecke für das Schmuggelgut (und wohl auch für die Schmuggler).

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Wir kreuzten den Groubenpass (2'229 m) und stiegen hoch zum Plasseggenpass (2'351 m), wo wir wieder die Grenze zurück in die Schweiz überquerten. Kurz aber lohnenswert war der Abstecher nach Österreich gewesen! Auf der Schweizer Seite ging es dann nur noch hinunter: Zunächst führte der Abstieg sanft über eine ausgedehnte Hochebene, dann eher unsanft einen schottrigen Steilhang hinab bis nach Partnunstafel. 

Damit schloss sich der Kreis um die Schijenfluh und wir beschlossen diese wunderschöne Wanderung auf der Terrasse des Berghaus Alpenrösli. Als krönenden Abschluss rauschten wir schliesslich mit dem Trottinett nach St. Antönien hinunter, wo wir minutengenau unser Postauto zurück ins Unterland erwischten.


Teil 1 der Prättigauer Wandertage (Älpli - Schesaplanahütte) gibt es => hier.
Teil 2 (auf dem Prättigauerhöhenweg von der Schesaplana- zur Carschinahütte) gibt es => hier.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Montag, 11. Juli 2022
  • Route: Carschinahütte - Brunnenegg - Tritt - Tilisunafürggli - Tilisunahütte - Gruobenpass - Plasseggenpass - Engi - Partnunstafel (Schijenfluh Umrundung/lokale Route Nr. 702)
  • Unserer Wanderzeit: 4 h 30 min
  • Distanz: 13,8 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 600 m
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Donnerstag, 18. August 2022

Auf dem Prättigauer Höhenweg von der Schesaplana- zur Carschinahütte (Prättigauer Wandertage 2/3)

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Am zweiten Tag unserer Prättigauer Wandertage folgten wir strikt dem Prättigauer Höhenweg. Der Himmel war bedeckt, als wir die Schesaplanahütte hinter uns liessen und in ein breites Hochtal hinein stiegen. Es war eine karge Landschaft, die wir passierten und die uns bis zur österreichischen Grenze auf dem Cavelljoch begleitete. Unter uns zwischen den Wolken konnte man den Lünersee erkennen und für einen kurzen Augenblick kam die Douglasshütte in Sicht, die sich an seinem Ufer befindet. 

Ein kühler Wind vertrieb uns schnell wieder vom ausgesetzten Übergang. Wir blieben auf der Schweizer Seite der Grenze und folgten weiter dem Höhenweg, der unterhalb der hohen, zerklüfteten Felswänden hindurch führte. Als wir beim Partuzbödeli eine Pause machten, entdeckten wir mehrere Kletterer in der senkrechten Wand, was mir angesichts des brüchigen Gesteins nicht ungefährlich erschien, doch offenbar gilt die Gegend als Klettermekka. 

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In der Ferne konnte man bereits die Carschinahütte erkennen, doch der Weg machte immer wieder einer Bogen, um der gewölbten Bergflanke zu folgen. Für Unterhaltung sorgte eine Gruppe von jungen Murmeltieren, die sich zwischen grossen Felsen zankten. Wir passierten diverse Abzweigungen, die zu Übergängen nach Österreich führen, wie das Schweizertor oder das Drusator.

Die Carschinahütte liegt direkt unterhalb der schroffen Felsen der Sulzfluh auf einem ausgesetzten Vorsprung. Der Wind, der um die Ecken bliess, hielt uns nicht davon aus, das Steinbockkafi und ein Stück Bündner Nusstorte auf der Aussichtsterrasse der Hütte zu geniessen. Damit nahm ich eine Tradition wieder auf, die ich bei meinem letzten Besuch der Hütte im Winter mit Schneeschuhen begonnen hatte.

Teil 1 meiner Prättigauer Wandertag (Älpli - Schesaplanahütte) gibt es => hier.
Teil 3 (rund um die Schijenflue) gibt es => hier.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Sonntag, 10. Juli 2022
  • Route: Schesaplanahütte - Wurmchöpf - Cavelljoch/Gafalljoch - Chilchli - Pardutzbödeli - Mittelganda - Carschinafurgga (Etappe 2 des Prättigauer Höhenweg/Regionale Route Nr. 72)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h
  • Distanz: 16 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 800 m
  • Übernachten: Carschinahütte SAC
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Donnerstag, 11. August 2022

Zermatt - Auf der Suche nach dem Verlorenen Tal

Zur Akklimatisation für meine "Spaghetti Tour" im Monte Rosa-Massiv verbrachte ich vorab ein paar Tage in Zermatt. Bei meinen Recherchen für mögliche Wanderungen stiess ich auf Berichte über das "Verlorene Tal", in welches kein markierter Wanderweg führen soll und welches man angeblich nur findet, wenn man gut Karten lesen kann. Alles Kartenlesen nützt aber nichts, wenn man nicht weiss, wo auf der Karte man suchen muss. Bei Hikr fand ich schliesslich eine brauchbare Wegbeschreibung, die mich ins richtige Kartenquadrat führte.

Mit der Untergrundschnellbahn ging es zunächst von Zermatt hoch zur Sunnegga. Der erste Teil der Wanderung führte vom Leisee zum Mossjesee hinab und folgte damit mehr oder weniger der "5-Seen-Wanderung", die ich bei meinem letzten Besuch in Zermatt gemacht hatte. Nach der Überquerung des Findelbachs stieg ich auf der anderen Talseite im Zickzack ein grünes Lärchenwäldchen hinauf. 

Nachdem ich das Berggasthaus Grünsee passiert hatte, hielt ich Ausschau nach dem Abzweiger ins geheimnisvolle Tal. Dieser war schliesslich einfacher zu finden als gedacht, weil er mit einem einsam in der Wiese stehenden Wegweiser (nach "Triftji") markiert war. Denn entgegen den Beschreibungen im Internet hatten mir bereits meine Kartenlesekünste verraten, dass durchaus ein weiss/roter Wanderweg ins Tal führt. Zugegebenermassen waren die Wegmarkierungen nach dem ersten Wegweiser etwas spärlich und es half tatsächlich, zwischendurch die Karte zu konsultieren.

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Ich folge dem Feldweg, der sich leicht ansteigend die Bergflanke hochschlängelte. Ich wunderte mich darüber, wie breit und gut ausgebaut der Weg war, bis es mir dämmerte, dass es sich um die Skipiste handelt, die vom Hohtälli herunterführt. Beim Punkt 2563 bog schliesslich ein schmaler Pfad von der Skipiste ab und ein paar Schritte später kam unter mir ein kleines Tal in Sicht, welches zwischen Gletschermoräne und Berghang eingeklemmt war und durch welches ein Bach rauschte. War das schon das Verlorene Tal?

Ich stieg den Hang hinunter und nachdem ich den Bach überquert hatte, folgte ich ihm talaufwärts. Das Wasser war unglaublich klar! Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, meinen müden Füssen ein Bad zu gönnen. Dieses war aber nur von kurzer Dauer: Das Wasser war nämlich auch unglaublich kalt!

Wieder in Socken und Schuhen ging es weiter. Das Gelände stieg leicht an und plötzlich erreichte ich eine von Felsen umgebene Hochebene, durch welche ein kleiner Fluss mäanderte. Da war es, das Verlorene Tal! 

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Der Wanderweg endete an einem grossen Stein mit einem Kreuz darauf, doch ich ging weiter entlang eines Trampelpfads durch das struppige Gras. Am Ende des Talkessels rauschte ein kleiner Wasserfall über glattgeschliffene Steine. Ich kletterte neben ihm hoch, um zum perfekten Fotospot zu gelangen: Unter mir das Tal mit den glitzernden Flussschlaufen, rechts und links die grauen Felsen und direkt geradeaus das Matterhorn. Ein Bild, eindeutig Instagram tauglich.

Nachdem ich diesen schönen Flecken Erde eine Weile genossen hatte, ging ich zurück bis zum Stein mit dem Kreuz. Stellt man auf den offiziellen Wanderweg ab, ist das Tal eine Sackgasse. Dank meinem ausgiebigen Kartenstudium wusste ich aber, dass es eine Wegspur über die Moräne hinweg geben musste. Diese war im Gelände auch problemlos zu finden und mit Steinmännchen markiert. Von der Moräne aus hatte man einen guten Blick auf die riesige Schwemmebene, die der weichende Findelgletscher zurückgelassen hatte. 

Sobald ich den Talboden erreicht hatte, folgte ich dem Findelbach via Gant wieder zurück zum Mossjesee und ein kurzer Aufstieg brachte mich zur Sunnegga. Am Schluss dieser Wanderung wusste ich eines: Ich hatte das Verlorene Tal gefunden und die Suche hatte sich eindeutig gelohnt!


Wanderinfos:

  • Gewandert: Sonntag, 17. Juli 2022
  • Route: Sunnegga - Leisee - Mossjesee - Berghaus Grünsee/Ze Seewjinen - Pkt. 2425 - Pkt. 2563 - Triftji - Pkt. 2469 - Gant - Mossjesee - Leisee - Sunnegga
  • Meine Wanderzeit: 4 h
  • Distanz: 13,3 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 700 m

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Donnerstag, 4. August 2022

Grenzwandern im Prättigau (Prättigauer Wandertage 1/3)

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Ich startete meine Sommerferien mit einer dreitägigen Wandertour durch das Prättigau, die Daniela organisiert hatte. Für den Einstieg zwängten wir uns in die kleinen Kabinen der Älplibahn und ersparten uns den initialen Aufstieg von 1'200 Höhenmeter. Die Bergfahrt kostete 12 Franken und damit einen Franken pro 100 Höhenmeter - was eindeutig ein Schnäppchen war, wenn man von der Gondel zu den steilen Hängen hinunterblickte.

Die eigentliche Wanderung startete ebenfalls eher gemütlich. Auf breiten Wegen durchquerten wir ausgedehnte, saftig grüne Alpen. Über uns thronte der Vilan, der erste Gipfel, den ich vor über sechs Jahren im Prättigau bestiegen hatte.

Ohne grosse Anstrengung stiegen wir hoch zum Kamm, von wo wir einen ersten Blick auf die Schesaplana werfen konnten und sogar glaubten, die gleichnamige Hütte - unser heutiges Ziel - zu erspähen. Am Fuss des markanten Glegghorns entlang wanderten wir weiter bis zum Vorderscht See, wo wir die Mittagspause geplant hatten. Vor ein paar Jahren hatte ich den See vom Falknis her kommend schon mal passiert, leider erwartete uns dieses Mal statt einer türkisfarbenen Idylle nur brauner Morast - der See war vollständig ausgetrocknet.

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Doch unmittelbar nach dem See begann das schönste Stück der Wanderung: Neben einem kleinen Bach und zwischen grossen Felsbrocken hindurch wanderten wir über Wiesen mit einer Vielfalt an Blumen, wie ich sie noch selten gesehen hatten. Immer wieder blieben wir stehen, um Fotos zu machen oder eine neu entdeckte Blüte zu bewundern. 

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Durch zwei Tunnel hindurch gelangten wir schliesslich zur Alp Ijes. Von dort hätte man leicht in den Prättigauer Höhenweg einbiegen können, der dem Talboden entlang führte. Doch wir wollten höher hinaus. Also bogen wir nach Norden ab und stiegen steil hoch zum Barthümeljoch (2'319 m). Eine Metallplatte markierte die Grenze zwischen der Schweiz und Österreich - solche Metallplatten würden wir in den nächsten Tagen noch öfters begegnen.

Diesmal war der Abstecher nach Österreich aber nur von kurzer Dauer. Wir querten unter dem Tschingel durch, stiegen auf der anderen Seite hoch zur Gross Furgga (2'359 m) und hatten schon wieder Schweizer Boden unter den Füssen. Ein langgezogener Abstieg über schotterige Wege brachte uns schliesslich zur Schesaplanahütte. 

Auf der sonnigen Terrasse der traditionellen Hütte stiessen wir auf die Wanderung an, bevor wir im vollbesetzten Massenlager eine überraschend erholsame Nacht verbrachten, um uns für den nächsten Tag zu wappnen.

Teil 2 meiner Prättigauer Wandertag (auf dem Prättigauerhöhenweg von der Schesaplana- zur Carschinahütte) gibt es => hier.
Teil 3 (rund um die Schijenflue) gibt es => hier.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 9. Juli 2022
  • Route: Älpli - Mittelsäss - Kamm - Talegg - Vorderscht See - Guggernel - Alp Ijes - Bartümeljoch - Gross Furgga/Hochjoch - Compor - Schesaplanahütte
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 10 min
  • Distanz: 16,3 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 970 m
  • Übernachten: Schesaplanahütte SAC
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