Donnerstag, 18. Juli 2019

Windegghütte: Brücke ins Nirgendwo

@wandernohneende
Triftbrücke
Die wohl prominenteste Brücke, die mir bei meiner "Hängebrücken-Sammlung" noch fehlte, war die Triftbrücke im Berner Oberland. Daher zögerte ich nicht lange, als sich die Gelegenheit bot, diese Lücke zu schliessen.

Der Weg von Guttannen zum Furtwangsattel war "so angelegt, dass man schnell Höhe gewinnt", sprich: Er war sehr steil. Dazu kam das sehr ambitionierte Tempo meiner Mitwanderer und - wenigstens am Anfang - eine drückende Hitze. Bei Holzhüs hatten wir bereits eine knappe Stunde Vorsprung auf die angegebene Marschzeit und ich die ersten Minderwertigkeitskomplexe, weil ich als Jüngste der Gruppe offenbar die schlechteste Fitness hatte.

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Danach wurde der Weg gerölliger und noch etwas steiler. Ein paar Schafe beobachteten neugierig unseren Schlussanstieg zum Furtwangsattel (2`562 m), der in den Wolken lag. In Guttannen war die Wanderzeit bis hierhin mit fünf Stunden angegebenen gewesen, wir hatten es in drei geschafft. Geschafft war ich in dem Moment auch selber.

Hinter dem Übergang eröffnete sich der Blick in einen noch mit dicken Schneefeldern bedeckten Talkessel. Wir liessen uns beim Abstieg über den rutschigen Schnee viel Zeit und legten zahlreiche Pausen ein, um die Aussicht auf das noch halb von Lawinenschnee bedeckte Tälliseewli und den Triftgletscher zu geniessen. Kurz vor der Windegghütte kam dann auch ein erstes Mal die Triftbrücke in Sicht.

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Tälliseewli
Wir erreichten die Windegghütte in dem Moment, als es zu regnen anfing. In der kleinen Hütte mit einer sehr gastfreundlichen Hüttenwartin verbrachten wir einen gemütlichen Abend. Am nächsten Tag beim Frühstück regnete es immer noch. Also begruben wir unseren Plan, auch noch der Trifthütte einen Besuch abzustatten und beschränkten uns auf einen Abstecher zur Triftbrücke.

Diese hatten wir für uns alleine. Leider verdeckten die Wolken die Sicht auf Gletscher und See fast komplett. Nach einem Testlauf über die Brücke und zurück machten wir uns an den Abstieg ins Tal. Trotz des schlechten Wetters kamen uns zahlreiche Wanderer entgegen, die auch auf dem Weg zur Brücke waren.

Da die Wanderung an diesem Tag kürzer ausgefallen war als geplant, gingen wir an der Bergstation der Triftbahn vorbei und machten den ganzen Abstieg zu Fuss. Dieser führte durch einen üppig grünen Wald und beinhaltete erstaunlich viel Aufstieg. Als wir dann in Fu(h)ren auf den Bus warteten, schien wieder die Sonne.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag/Montag, 14./15. Juli 2019
  • Route: Guttannen - Holzhüs - Furtwangsattel - Bin der Chlempen - Windegghütte (Sonntag); Windegghütte - Triftbrücke - Schattige Trift - Triftbahn Bergstation - Im üssren Hori - Weid - Fuhren (Montag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 50 min (Sonntag); 3 h (Montag)
  • Distanz: 10,4 km (Sonntag); 9 km (Montag
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1`520 m (Sonntag); 280 m (Montag)
  • Übernachten: Windegghütte SAC




Donnerstag, 11. Juli 2019

Sardonahütte: Im Hagelsturm auf dem Schneefeld

@wandernohneende
Am Wochenende organisierte Rico eine Tour durch die Tektonikarena Sardona. Wir rechneten von Anfang an mit einem anstrengenden Tag, doch nicht damit, dass das Ganze in einen  Kampf gegen die Elemente ausarten würde. Doch der Reihe nach:

Die Wanderung startete gemütlich mit einer Postautofahrt durch das Weisstannental und dabei kamen Erinnerungen hoch an die Via Alpina-Etappe, auf welcher wir das Tal zu Fuss durchquert hatten und - wenn uns unser Gedächtnis nicht trog -, offenbar in jedem Restaurant eingekehrt waren. Dafür hatten wir dieses Mal keine Zeit, denn der Wegweiser gab die Wanderzeit bis zu unseren Tagesziel, der Sardonahütte, mit sieben Stunden an.

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Wir folgten einem breiten Weg mit einer massvollen Steigung ins Lavtina-Seitental hinein. Dieses endete im Talkessel Batöni, wo drei Wasserfälle die Felswände hinabstürzen und fünf Bäche zusammenfliessen. Die Stelle soll ein Kraftort sein, wovon ich - trotz der unbestreitbaren Schönheit - nicht viel spürte. Wir überquerten die neue Hängebrücke und danach fing der Aufstieg erst so richtig an. Bald waren wir höher als die Wasserfälle. Auf der Alp Valtüsch machten wir eine erste Verschnaufpause - da hatten wir aber noch nicht einmal die Hälfte der Höhenmeter hinter uns. Weiter ging es durch Felder von Alpenrosen, die bereits am Verblühen waren, und über Schneefelder, die noch nicht geschmolzen waren.

Nach dem Heidelpass (2'387 m) flachte der Weg etwas ab und wir konnten einen ersten Blick in das Calfeisental hinunter werfen. Mir gefiel die einsame, rauhe Landschaft sehr. Wir passierten das hübsche Plattenseeli, verzichteten aber auf eine Badepause - die immer dunkler werden Wolken begannen, uns Sorgen zu machen. Wir hatten gerade den Heubützlipass (2'413 m) erreicht, als es anfing zu tröpfeln. Die Sardonahütte war in der Ferne auf einem Felsvorsprung knapp erkennbar; nicht zu übersehen waren dagegen die ausgedehnten Schneefelder, die noch vor uns lagen. Das Tröpfeln verwandelte sich innert wenigen Minuten in strömenden Regen und nur kurz darauf in einen ausgewachsenen Hagelsturm mit heftigen Windböen, begleitet von Blitz und Donner.

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Plattenseeli
Weit und breit gab es keine Möglichkeit, Schutz zu suchen, so dass uns nichts anders übrig blieb, als weiterzumarschieren. Die Hagelkörner schmerzten auf der Haut und es gab Momente, wo ich befürchtete, der Wind würde mich umhauen. Ich konzentrierte mich darauf, auf den rutschigen Schneefeldern das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Wo genau der Wanderweg lag, liess sich teilweise nur erahnen. Der Regen hatte die Bäche anschwellen lassen, so dass auch deren Überquerung zum heiklen Balanceakt wurde. Mittlerweile waren aber meine Füsse so nass, dass es keine Rolle mehr spielte, wenn ich dabei direkt ins Wasser trat.

Als das Unwetter nach einer scheinbaren Ewigkeit endlich nachliess, war die Hütte immer noch fast eine Stunde entfernt. Kalt, dreckig und nass bis auf die Unterwäsche kamen wir dort schliesslich an. Der Hüttenwart begrüsste uns freundlich und zeigte uns direkt die Steinböcke, die etwas oberhalb weideten. Auf unserer Prioritätenliste war die einheimische Fauna in diesem Zeitpunkt aber ziemlich weit unten. Viel wichtiger war uns, wieder trocken und warm zu werden.

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Gigerwaldstausee
Nach dem ersten Bier und einem Teller Suppe ging es aber allen schnell wieder besser und wir konnten uns der Frage widmen, warum unsere Wandererlebnisse mit zunehmendem Alter immer grenzwertiger zu werden scheinen - nach unserer Pfingstwanderung war dies innert weniger Wochen bereits die zweite Wanderung unter heiklen Bedingungen gewesen.

Zum Ausgleich war dann der zweite Tag des Wochenendes geradezu harmlos: Ein steiler Abstieg brachte uns hinunter ins Calfeisental und wir folgten der Tamina das Tal hinaus. Eindrücklich waren die Spuren des Lawinenwinters: Neben niedergedrückten Bäumen waren sogar noch meterhohe Schneereste direkt vor der kleinen Walsersiedlung St. Martin übrig geblieben. Entlang des Gigerwaldstausees ging es schliesslich zur Postautostation, welche sich direkt auf der Staumauer befand. Und bei der Rückfahrt waren wir uns einig: Es war eine dieser Wanderungen gewesen, an welche wir uns noch lange zurück erinnern würden.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 6./7. Juli 2019
  • Route: Weisstannen - Batöni - Alp Valtüsch - Heidelpass - Plattensee - Heubützlipass - Schafälpli - Sardonahütte (Etappe 4 des Sardona-Welterbe-Wegs/ regionale Route Nr. 73) (Samstag); Sardonahütte - Sardonaalp - St. Martin - Gigerwald Staumauer (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 6 h 30 (Samstag); 3 h (Sonntag)
  • Distanz: 16,2 km (Samstag); 12,5 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'800 m (Sonntag); 90 m (Sonntag)
  • Übernachten: Sardonahütte SAC



Donnerstag, 4. Juli 2019

Gocht: Prekäre Kraxeleien bei brütender Hitze hoch über dem Walensee

@wandernohneende
Ostschweizer Cousine
von Gian & Giachen
An einem der bisher heissesten Tagen des Jahres eine ausgesetzte Kraxeltour an der sonnenausgesetzten Südseite der Kurfirsten unternehmen? Schon der Gedanke daran brachte mich ins Schwitzen. Doch die Beschreibung der Wanderung, welche Nicole geschickt hatte, klang zu gut, um die Einladung abzulehnen. Also packte ich Sonnencreme (Lichtschutzfaktor 50), meinen grössten Sonnenhut, drei Liter Flüssigkeit und meinen Kletterhelm ein und fuhr nach Walenstadtberg. Ziel war der Gocht, ein Übergang vom Walensee ins Toggenburg.

Bei der Reha-Klinik starteten wir die Wanderung, welche zunächst über breite Wege unterhalb der Kurfirsten durchführte. Warm war es von Anfang an und Pause machten wir nur, wenn wir ein Schattenplätzchen fanden. Kurz nach der Alp Säls kam dann die weiss/blau markierte Abzweigung zum Gocht und damit fing der interessante Teil der Wanderung an: Zuerst stiegen wir weglos eine Wiese hoch, bevor uns die Markierungen durch ein zerklüftetes Waldstück führten. Beim Säls Chamm ging es entlang der Falllinie eine mit Felsen und lockerem Gestein durchsetzte, abschüssige Wiese hoch. Oben angekommen musste ich mich erstmal hinsetzen - die Hitze und die Anstrengung setzten mir ziemlich zu. Und von der Karte wusste ich, dass es noch steiler werden würde.

@wandernohneende
Zunächst wurde der Pfad indes etwas flacher. Er traversierte ausgesetzt lockere Schotterfelder direkt unter den senkrechten Felswänden und forderte volle Konzentration beim Aufsetzen der Füsse. Ausrutschen war verboten, denn ein Sturz hätte wohl erst im Walensee geendet, der tief unter uns in der Sonne blitzte.

Schliesslich erreichten wir das Schlusscouloir, welches zwischen zwei Felswänden fast senkrecht den Abhang hochführte. Kurz vor dem Einstieg flog uns ein Stein entgegen - die tierischen Steinewerfer würden wir später noch entlarven. Der lockere Schutt, der in der Aufstiegsrinne lag, gab wenig Halt und wir kraxelten auf allen Vieren den abschüssigen Steilhang hoch, vorsichtig darauf bedacht, nicht selber einen (zu grossen) Steinschlag auszulösen. Eine kurze Rast gab die Möglichkeit, den Tiefblick zum Walensee zu geniessen und wieder Atem zu holen - so hart an meiner Leistungsgrenze war ich schon lange nicht mehr gewesen. Nach einer letzten Anstrengung schafften wir auch noch das restliche Stück und erreichten nassgeschwitzt aber stolz über unsere Leistung den Gocht (1'949 m).

@wandernohneende
Blick zurück ins
Aufstiegscouloir zum Gocht
Im Schatten von ein paar grossen Steinbrocken machten wir Mittagspause. An einem Felsen gegenüber entdeckten wir eine Herde Steinböcke. Sie lagen ebenfalls im Schatten und sprangen nur ab und zu auf, um ein paar Steine das Couloir hinunter zu fliegen zu lassen.

Eindeutig weniger elegant als die Steinböcke machten wir uns schliesslich an den Abstieg. Auf der Nordseite des Übergangs lag noch Schnee und man fühlte sich wie in einer anderen Welt. Am Horizont konnte man den Säntis erkennen - auch er noch mit zahlreichen Schneefeldern bedeckt. Mit jedem Meter, den wir abstiegen, nahm die tropenhafte Hitze zu. Als geradezu bösartig stellte sich bei diesen Temperaturen der kurze Gegenanstieg zum Tritt heraus. Die Aussicht auf ein kühles Getränk bei der Alp Looch trieb mich hoch. Doch zu unserer Enttäuschung wurde daraus nichts, die Alp Looch hatte geschlossen. Also konnten wir erst in Arvenbüel auf unseren Erfolg anstossen und uns mit Glacé abkühlen.

Die Tour war eine der herausforderndsten Wanderungen gewesen, die ich bisher gemacht habe. Nicht nur wegen der Hitze und den Höhenmetern, sondern auch weil der technisch schwierige Teil (T4+) lang ist und sich nicht nur auf ein paar wenige Schlüsselstellen beschränkt.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag, 30. Juni 2019
  • Route: Walenstadtberg, Reha-Klinik - Schönegg - Hochrugg - Schwaldis - Säls - Säls Chamm - Gocht - Tritt - Alp Looch - Egg - Arvenbüel (zwischen Säls und Gocht weiss/blau markiert/T4+)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 10 min
  • Distanz: 14,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'200 m