Donnerstag, 26. Dezember 2019

Keine Haie im Rhein

@wandernohneende
Keine Haie im Rhein
Nachdem ich die Woche zuvor alleine in Steilhängen herumgeirrt war, erachtete ich es als sicherer, mich eine Weile auf Flachwanderungen in der Gruppe zu beschränken. Thomas organisierte den ganzen Winter über Wanderungen entlang der ViaRhenana, welche - wie der Name unschwer erkennen lässt - dem Rhein entlang führt. An der Reihe war die dritte Etappe von Stein am Rhein nach Schaffhausen.

MeteoSchweiz hatte für die ganze Schweiz Sturmwarnungen herausgegeben und der Wind bliess uns und den Schwänen auf dem Wasser auch ziemlich um die Ohren. Einen bequemen Rastplatz in einem kleinen Wäldchen verliessen wir fast fluchtartig, als wir sahen, wie sich die Bäume in den Windböen bogen. Abgesehen davon war das Wetter aber insgesamt besser als gedacht. Zu einem Bad im Rhein liess sich trotzdem niemand überreden, auch wenn die lokale Polizei ausdrücklich garantiert, dass es im Fluss keine Haie gibt.

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Schaffhausen
Die Wanderung selber war eher unspektakulär und führte - erwartungsgemäss - immer flach dem Rhein entlang. Aus geopolitischer Sicht erwähnenswert ist höchstens, dass wir auf der Strecke die deutsche Enklave Büsingen durchquerten. Die mangelnden geländebedingten Herausforderungen machte unser Grüppchen aber mit einem horrenden Tempo wieder wett. Insbesondere wenn man kurz anhielt, um ein Foto zu machen oder die Jacke auszuziehen, war man anschliessend gezwungen, fast in Laufschritt zu verfallen, um wieder aufzuschliessen.

Das Eilzugstempo führte dazu, dass wir anstatt der angekündigten fünfeinhalb Stunden keine vier für die Strecke bis nach Schaffhausen benötigten. Hätte ich etwas für die Wanderung bezahlt, ich hätte eine Minderung wegen blosser Teilerfüllung verlangt. So genossen wir zum Abschluss einfach das milde Wetter mit einem Kaffee auf einer Terrasse direkt am Rhein.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 14. Dezember 2019
  • Route: Stein am Rhein - Diessenhofen - Büsingen (D) - Schaffhausen (Etappe 3 der ViaRhenana/regionale Route Nr. 60)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 50 min
  • Distanz: 21,4 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 150 m



Donnerstag, 19. Dezember 2019

Vom Monte Boglia zu den Denti della Vecchia - Alleine und verloren im Schneehang (Tessiner-Dezember Wochenende 2/2)

@wandernohneende
Grat bei den
Denti della Vecchia
Der zweite Teil meines Tessiner Wochenendes begann mit einer Fahrt über die schmale, kurvenreiche Strasse nach Brè sopra Lugano. Ich war der einzige Fahrgast, der so früh am Morgen zum kleinen Dörfchen am Monte Brè unterwegs war und hatte Bus und Chauffeur für mich alleine. Ich war zeitig unterwegs, weil ich eine lange Wanderung geplant hatte. Meine SchweizMobil-App hatte die Wanderzeit mit knapp sechseinhalb Stunden berechnet, ich war aber guten Mutes, dass ich sie in unter fünf Stunden schaffen würde - dies war meine erste Fehleinschätzung des Tages.

Wie bereits am Vortag folgte ich dem Sentiero Lago di Lugano und beim Aufstieg kam ich immer wieder an Aussichtspunkten vorbei, die einen schönen Blick auf den See erlaubten, welcher als Namensgeber der Route gedient hatte. Über einen zerklüfteten, sonnenbeschienenen Grat gewann ich schnell an Höhe und in einer der zahlreichen Kehren des Zickzackwegs kam erstmals das grosse Kreuz des Monte Boglia in Sicht. Über einen baumlosen Kamm erreichte ich nach nicht einmal zwei Stunden den Gipfel des Monte Boglia (1'516 m). Damit lag ich (noch) gut in meinem Zeitplan.

Die Nordseite des Monte Boglia war mit mehr Schnee bedeckt, als ich erwartet hatte. Der Abstieg war aber zunächst gut gespurt. Doch als ich Wald erreichte, fingen die ersten Schwierigkeiten an: Die dicke Laubschicht war mit einer dünnen Eiskruste bedeckt, was sich als heimtückische Rutschfalle herausstellte. Ich war daher erleichtert, als ich die Plan di Scagn erreichte, von wo aus es zu den Denti della Vecchia wieder hochging. Ich erwartete, dass ich damit den Schnee hinter mir gelassen hatte und ich nur noch auf sonnenbeschienenen Pfaden unterwegs sein würde. So falsch bin ich noch selten gelegen!

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Blick vom Monte Boglia
Nur Minuten später kam ich auf unerklärliche Weise vom Wanderweg ab und endete in einem abschüssigen, schneebedeckten Hang, wobei ich eine blamable lange Zeit brauchte, bis ich überhaupt feststellte, dass ich falsch war. Um aus der misslichen Lage wieder herauszukommen, musste ich den Steilhang - ebenfalls mit überfrorenem Laub überzogen - auf allen Vieren hochklettern. Das war auch der Moment, als mir in den Sinn kam, dass niemand wusste, wo ich war.

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Denti della Vecchia
Ich schaffte es zurück auf den Wanderweg, der auf der Rückseite der auffälligen Felsformationen der Denti della Vecchia immer der schweizerisch-italienischen Grenze entlang verlief. Neben schweizerischen Wegweisern gab es an jeder Abzweigung auch italienische. Der Pfad war schmal und teilweise ausgesetzt. Bei trockenem Wetter wäre dies eine abwechslungsreiche, aber nicht besonders anspruchsvolle Wanderung gewesen. Die Schneereste auf dem Grat und den nackten Felsen machten die Sache indes zu einer wackeligen Rutschpartie. Nicht wirklich beruhigend war zudem der Umstand, dass ich den ganzen Tag nur einem anderer Wanderer begegnet war: Er hatte mich am Morgen überholt und kam mir am Nachmittag wieder entgegen - offenbar hatte er es für ratsamer gehalten umzudrehen.

Nachdem ich die Denti della Vecchia hinter mir hatte und der Weg zunächst wieder breiter wurde, dachte ich erneut, dass ich das Schlimmste hinter mir hatte - bis ich mich schon wieder verlief! Diesmal zeugten wenigstens Spuren im Schnee davon, dass ich nicht die Einzige gewesen war, die an der Kreuzung die Orientierung verloren hatte. Ich folgte prompt den falschen Spuren und endete wiederum in einem schneebedeckten Steilhang, aus dem ich mühsam herauskraxeln musste.

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Blick über den Grat zurück
kurz vor dem Monte Boglia
Während dem Rest der Wanderung kontrollierte ich zur Sicherheit alle fünf Minuten meine Position mit dem GPS. Dies verhinderte aber nicht meinen nächsten unfreiwilligen Abstecher in einen Steilhang: Diesmal nicht, weil ich falsch abgebogen wäre, sondern weil ein grosser Baum mit einer ausladenden Krone über den Weg gefallen war, dem ich ausweichen wusste. Durch die Bäume konnte ich dann endlich die Capanna Pairolo erspähen. Doch bis dahin musste ich mich noch eine ganze Weile durch knöchelhohen Schnee kämpfen.

Auf der Terrasse der geschlossenen Capanna machte schliesslich ich eine Pause. Der Weg von dort weiter war zwar auch schneebedeckt, doch breit und nicht zu übersehen. Da konnte eigentlich nichts mehr schief gehen, dachte ich - bis ich zu einem Wegweiser gelangte, der quer über eine schneebedeckte Wiese zeigte, auf der nicht einmal mehr Fussspuren zu sehen waren. Da ich aber keine Lust auf noch einen Umweg hatte, stapfte ich entschlossen durch den Schnee. Kurz darauf tauchte ich wieder in den Wald ein. Zwar musste ich da wieder auf eisbedeckte Blätter acht geben, dafür gab es an gefühlt jedem zweiten Baum eine weiss/rote Markierung. So lief ich wenigstens nicht Gefahr, mich nochmals zu verirren.

Bei Murio hatte ich genug an Höhe verloren, dass ich Schnee und Eis hinter mir lassen konnte und es endlich wieder die sonnige Wanderung durch raschelndes Herbstlaub wurde, die ich mir eigentlich ausgemalt hatte. Zudem traf ich auch wieder auf andere Menschen, was beruhigend war. Die letzte Herausforderung war dann, im kleinen Dörfchen Villa Luganese die Bushaltestelle zu finden, wofür ich geschlagene zehn Minuten brauchte. Auf mein Orientierungsvermögen war an diesem Tag wirklich kein Verlass! Wenigstens fand ich in Lugano problemlos den richtigen Zug zurück in den Norden.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag, 8. Dezember 2019
  • Route: Brè sopra Lugano, Paese - Crus - Sasso Rosso - Monte Boglia - Plan di Scagn - Bocchetta di Brumea - Denti della Vecchia - Capanna Pairolo - Murio - Creda - Villa Luganese (bis Capanna Pairolo Etappe 6 des Sentiero Lago di Lugano)
  • Meine Wanderzeit: 5 h 50 min
  • Distanz: 17 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'100 m
  • Weitere Etappen des Sentiero Lago di Lugano gibt es hier
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Donnerstag, 12. Dezember 2019

Monte San Giorgio - Aussichtsgipfel im Sottoceneri (Tessiner Dezember-Wochenende 1/2)

@wandernohneende
Blick vom Monte San Giorgio
Richtung Lugano
Nach einem Blick auf die Wettervorhersage fasste ich spontan den Entschluss, über das Wochenende dem ungemütlichen Winterwetter in Zürich zu entfliehen und ein sonniges Wochenende im Tessin zu verbringen.

Ein Hotel war schnell gebucht und so stieg ich am Samstagmorgen in den Zug und fuhr durch den Gotthard, an dessen südlichem Ausgang mich die erhoffte Sonne bereits erwartete. Von Lugano aus ging es mit S-Bahn und Bus bis nach Brusino am Fusse des Monte San Giorgio, den ich mir als erstes Gipfelziel des Wochenendes ausgesucht hatte. Die Strecke ist Teil des Sentiero Lago di Lugano, von welchem ich bereits früher einige Etappen gewandert war.

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Ruine unterhalb des San Giorgio
Der bewaldete Hang lag noch im Schatten, als ich mit dem Aufstieg begann. Die blattlosen Bäume machten zwar einen etwas trostlosen Eindruck, doch dafür liessen sie den Blick auf das gegenüberliegend Seeufer frei und damit auf die gesamte Hügelkette vom San Salvatore bis zur auffälligen Kirche von Morcote (übrigens ebenfalls eine sehr aussichtsreiche Wanderung). Das Grotto auf der Alpe di Brusino wäre ein guter Platz für eine Kaffeepause gewesen, doch es war leider geschlossen. Es war eindeutig keine Wandersaison im Tessin!

Beim ganzen Aufstieg war mir keine andere Menschenseele begegnet, umso überraschter war ich, als ich auf dem Gipfel zahlreiche Wanderer antraf. Wenn man aber die spektakuläre Aussicht über den Lago di Lugano und die schneebedeckten Tessiner Berggipfel betrachtete, war es kaum erstaunlich, dass der Monte San Giorgio (1'096 m) ein beliebtes Ausflugsziel ist.

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Damm von Melide und San Salvatore
Auf der Sonnseite ging es schliesslich wieder in Richtung See hinunter. Während der Aufstieg von Brusino her über schmale, aber angenehme Pfade geführt hatte, waren die breiten Wege auf der Südseite mit Natursteinen gepflastert. Sicher eine aufwändige Wegbaumethode, doch bei mir lösen solche Wege immer die Angst aus, dass ich mir einen Knöchel breche.

Unbeschadet kam ich im kleinen, von Reben umgebenen Dörfchen Meride an. Der Wanderweg führte direkt durch seine engen Gässchen, bevor das letzte Stück bis zum See bei Riva San Vitale wieder durch den Wald verlief und vom lauten Rauschen der Autobahn begleitet wurde.

Bereits vom Monte San Giorgio aus hatte ich den Gipfel für den nächsten Tag, den Monte Boglia, in Augenschein genommen und festgestellt, dass er fast schneefrei erschien. Wie falsch ich mit dieser Einschätzung lag und wie es dazu kam, dass ich mich (mehrmals) in schneebedeckten Steilhängen verirrte, kann man in meinem zweiten Blog zu meinem Tessiner Dezember-Wochenende nachlesen.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 7. Dezember 2019
  • Route: Brusino Arsizio, Rondello - Alpe di Brusino - Monte San Giorgio - Cassina - Meride - Ronco dei Bòch - Riva San Vitale - Capolago (Etappe 8 des Sentiero Lago di Lugano/regionale Route Nr. 52)
  • Meine Wanderzeit: 3 h 40 min
  • Distanz: 12,3 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 810 m
  • Weitere Etappen des Sentiero Lago di Lugano gibt es hier
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