Donnerstag, 25. April 2019

Blinnenhorn und Hohsandhorn - Zwei Dreitausender zu Ostern

@wandernohneende
Passo del Corno
Den Höhepunkt der diesjährigen Schneeschuhsaison hatte ich mir für den Schluss aufgehoben: Eine 4-tägige Hüttentour entlang der schweizerisch-italienischen Grenze inklusive der Besteigung von zwei Dreitausender.

Der Einstieg ins verlängerte Wochenende gestaltete sich eher gemütlich: Nach der langen Anfahrt ins Bedrettotal stieg unser kleines Schneeschuh-Grüppchen mit Bergführer Kaspar die verschneite Strasse in Richtung Nufenenpass hinauf. Kurz vor der Passhöhe bogen wir ins Valle Corno ein. Hoch über uns auf einem Hügel thronte wie eine ausserirdische Raumstation die Capanna Corno-Gries. Nach einem kurzen, schweisstreibenden Schlussanstieg konnten wir schliesslich die ungewöhnliche Architektur der Hütte - und die bestorganisierteste Hüttenfinkenablage des ganzen Alpenraums - von Nahem bewundern.

@wandernohneende
Capanna Corno-Gries
Am nächsten Tag machten wir uns bereits bei Tagesanbruch auf den Weg: Hinter uns die aufgehende Sonne, vor uns der untergehende Mond - so starteten wir die längste Etappe des Wochenendes. Vom Passo del Corno aus hatte man einen schönen Blick auf die schräge Fläche des tief verschneiten Griesgletschers, den wir hochsteigen mussten. Die Staumauer des Griessees sowie drei träge rotierende Windräder waren die letzten Anzeichen von moderner Zivilisation, die wir für eine Weile sehen würden.

Immer höher stiegen wir über die ausgedehnte Schneefläche, um uns herum Berggipfel soweit das Auge reichte, darunter auch unser Ziel, das Blinnenhorn (3'373 m). Den ganzen Tag hatten sich Sonne und Wolken abgewechselt, doch ausgerechnet als wir endlich auf dem Gipfel standen, blieb eine Wolke hartnäckig daran hängen. Damit wurde nichts mit der versprochenen fantastischen Gipfelaussicht! Aus dem Blinnenhorn wurde das Blindenhorn. Nur beim Abstieg zurück auf den Gletscher lichtete sich der Nebel kurz und gab ein Fenster Richtung Norden frei.

@wandernohneende
Rifugio Claudio e Bruno
Ein kurzer, steiler Abstieg brachte uns über die Grenze nach Italien zum Rifugio Claudio e Bruno, auf dessen Terrasse die Sonne wieder schien. Bei Bier und Kuchen in die Sonne blinzelnd, kam ich zur Erkenntnis, dass das Leben schlechter sein könnte.

Der Morgen des Ostersonntags begann mit einem weiteren spektakulären Sonnenaufgang - und einem weiteren Aufstieg über einen schneebedeckten Gletscher. Doch der Weg auf den Gipfel war kürzer als am Vortag, so dass wir bereits nach etwas mehr als anderthalb Stunden auf dem Hohsandhorn (3'182 m) standen. Und dieses Mal verdeckten keine Wolken die Sicht! In scheinbar endlose Weiten erstreckte sich die Bergwelt um uns herum.

Der kalte Wind vertrieb uns schliesslich vom Gipfel und es folgte ein langer, nicht ganz einfacher Abstieg. Der Schnee war ziemlich hart und wir mussten einige abschüssige Hänge queren, was viel Konzentration und Vertrauen in die Harscheisen der Schneeschuhe erforderte. Hinter einer Kuppe tauchte schliesslich das Dach der Mittlenberghütte auf, in der wir unsere letzte Nacht verbrachten.

Damit blieb für den letzten Tag nur noch der Abstieg ins Wallis übrig. Zuerst ging es nochmals steil den Hang hinunter, bis wir den Talboden erreichten und der Binna das Tal hinaus folgten. Kurz vor Fäld wurde der Schnee spärlicher und die Frühlingsblumen zahlreicher, bis wir endgültig die Schneeschuhe auf den Rucksack schnallen mussten.

In Binn setzten wir uns direkt neben der historischen Steinbrücke auf eine Terrasse und stiessen auf die gelungene Tour an. Das verlängerte Wochenende hätte gerne noch etwas länger dauern können -  doch nach drei Nächten in Berghütten mit wenig Komfort und noch weniger fliessendem Wasser, freute ich mich auch auf eine ausgedehnte warme Dusche mit extra viel Seife!






Wanderinfos;
  • Gewandert: Freitag bis Montag, 19. bis 22. April 2019 (Osterwochenende)
  • Route: All'Acqua - Paltano - Corno - Capanna Corno-Gries (Freitag); Capanna Corno-Gries - Cornopass - Griessee - Griesgletscher - Blinnenhorn - Rifugio Claudio e Bruno (Samstag); Rifugio Claudio e Bruno - Hohsandgletscher - Hohsandhorn - Mittlebärgpass - Mittlenberghütte (Sonntag); Mittlenberghütte - Chiestafel - Fäld - Binn (Montag)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h (Freitag); 6 h (Samstag); 3 h 20 min (Sonntag); 3 h (Montag)
  • Distanz: 6,6 km (Freitag); 14 km (Samstag); 8 km (Sonntag); 11,3 km (Montag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 720 m (Freitag); 1'200 m (Samstag); 600 m (Sonntag); 20 m (Montag)
  • Übernachten: Capanna Corno-Gries CAS (Freitag); Rifugio Claudio e Bruno (Samstag); Mittlenberghütte (Sonntag)



Donnerstag, 11. April 2019

Nächtlicher Wandermarathon durch das Seeland

Archbrücke
Von Einstein stammt angeblich der Ausspruch "Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten." Zeichens des Wahnsinns zeigen sich bei mir dadurch, dass ich mir ungefähr einmal pro Jahr einrede, Distanzwanderungen wären etwas genussvolles und würden nicht in tagelangen Muskelschmerzen und Blasen an den Füssen enden.

Diesmal hatte ich mich auf eine von Thomas organisierte Marathonwanderung von Twann nach Solothurn eingelassen. Als besondere Zugabe fand die Wanderung nachts statt. Entsprechend fuhr ich am Samstagabend der untergehenden Sonne entgegen und traf mich in Twann mit acht anderen (vermutlich auch leicht wahnsinnigen) Mitwanderern. Die Strecke führte immer flach und über breite Wege dem Wasser entlang: Zuerst folgten wir dem Bielersee, auf dessen schwarzer Oberfläche sich die Lichter des gegenüberliegenden Ufers spiegelten. Kurz nach Biel bogen wir zum Hagneck-Büren Kanal ab (entstanden 1868 anlässlich der ersten Juragewässerkorrektion - der Moment, wo sich Schulwissen plötzlich wieder auszahlt).

Wir hatten zwar alle unsere Stirnlampen dabei, die brauchten wir aber nur, um in der Dunkelheit ab und zu ein Auto auf uns aufmerksam zu machen, ansonsten gaben die Dörfer um uns herum mehr als genug Licht ab. Und kurz nach Büren strahlte uns die Archbrücke entgegen. Danach orientierten wir uns vorwiegend an der hell erleuchteten Bergstation der Weissensteinbahn, unter welcher irgendwo Solothurn liegen musste. Jedes Mal wenn der Weg einen Schlenker machte und wir uns scheinbar von unserem Ziel entfernten, gab es kurze Ansätze von Meuterei, doch Thomas hielt uns in Bewegung, auch wenn die Beine und Füssen langsam aber sicher anfingen zu schmerzen. Es gab ohnehin keine Alternative zum Weitermarschieren - der letzte (Nacht-)Bus war längst abgefahren.

Also wanderten wir - Müdigkeit und Schmerzen zum Trotz - weiter der Aare entlang durch die Nacht. Noch vor dem Tagesanbruch erreichten wir schliesslich den Bahnhof Solothurn. Im Zug zurück konnten wir uns dann endlich ausruhen und aufwärmen - bevor ich den Rest des Sonntags damit verbrachte, wie eine alte Frau durch die Gegend zu schlurfen.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 6./7. April 2019
  • Route: Twann - Strandbad Biel - Nidau - Port - Büren - Arch - Altreu - Solothurn
  • Unsere Wanderzeit: 7 h 50 min
  • Distanz: 42,6 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 55 m