Donnerstag, 25. Juli 2024

Auf den Spuren von Schellen-Ursli: Herausforderungen im Val Tuoi

@wandernohneende
Der Schnee will in dieser Saison einfach nicht verschwinden. Nachdem wir schon zwei Wochen zuvor am Hoghant mit Restschnee zu kämpfen hatten, war absehbar, dass der Schnee auch an diesem Wochenende eine Herausforderung bleiben würde. 

Zuerst fing alles aber sehr entspannt an: Ein beim Bahnhof Guarda bereit stehender Bus brachte uns in den höher gelegenen Ort und ersparte uns damit die ersten zweihundert Höhenmeter. Das pitoreske Dörfchen ist auch als "Schellenursli-Dorf" bekannt und die typischen Engadinerhäuser scheinen tatsächlich einem Bilderbuch zu entspringen.

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Die Wanderung begann direkt hinter dem Dorf und über blühende Wiesen und durch grüne Wälder aus hohen Lärchen mit leuchtend roten Stämmen stiegen wir immer höher hinauf. Kurz vor der Alp Sura hatten wir den steilsten Teil bereits hinter uns und begossen dies mit einem Glas Wein.

Anschliessend ging es eher flach tiefer ins Val Tuoi hinein. Bald kamen wir zur Kreuzung, wo wir uns entscheiden mussten: Wagten wir - trotz den gut sichtbaren Schneefeldern über uns - den Abstecher zum Lai Blau, angeblich der schönste See des Unterengadins, oder folgten wir dem offiziellen und garantiert schneefreien Hüttenzustieg entlang dem Talboden?

Die Gruppe teilte sich schliesslich auf und ich machte mich mit zwei unerschrockenen Mitwanderern an den nochmals ziemlich steilen Aufstieg zum See. Wir schreckten ein paar Murmeltiere und sogar zwei Schneehühner im Sommerkleid auf. Ansonsten waren wir ganz alleine. 

Der Lai Blau (2'613 m) war dann nicht so blau, wie ich mir das vorgestellt hatte (beim Bild habe ich nachgeholfen), was vielleicht daran lag, dass er noch halb mit Schnee bedeckt war. Hübsch war er allemal.

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Beim Abstieg zur Hütte kam es zu den unvermeidlichen Schneefeldquerungen, die diesen Sommer so herausfordernd machen. Ein weiteres Mal in diesem Jahr war ich froh, meine Spikes eingepackt zu haben, den zumindest eines der Schneefelder war mehr als nur ein bisschen abschüssig. Schliesslich hatten wir fast das Ende des Tals erreicht, doch von der Tuoi-Hütte war nichts zu sehen. Erst ganz am Schluss tauchte sie - gut versteckt hinter einem Felsen - schliesslich auf.

Wir verbrachten einen gemütlichen Abend in der sehr gastfreundlichen Chamonna Tuoi, die unterhalb des (rutschgefährdeten) Piz Buin liegt. 

Für den nächsten Tag war eigentlich geplant gewesen, über die Fuorcletta ins östlich gelegene Nachbartal Val Tasna hinüber zu steigen. Dafür hatte es mir aber eindeutig zu viel Schnee. Als Alternative hatte ich mir einen Abstecher ins westlich gelegene Val Lavinuoz zu recht gelegt.

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Wir folgten zunächst auf dem breiten Hüttenweg dem sehr viel Wasser führenden Flüsschen Cluozza talauswärts. Bei der Alp Suoz wechselten wir die Flusseite und bogen in die Via Engadina ein. Auf schmalen Pfaden wanderten wir immer noch leicht abwärts über Kuhweiden und durch Wälder hoch über der rauschenden Cluozza. 

Mehr Wasser aus üblich führte auch ein Wildbach, der den Hang hinunterstürzte und dessen Überquerung die nächste Herausforderung darstellte. Am Schluss kamen aber (fast) alle mit trockenen Füssen auf der anderen Seite an.

Schliesslich ging es nochmals aufwärts. Die Via Engadina ist eine offizielle Wanderroute, doch uns schien, als wären wie die ersten, die sich in dieser Saison den Hang hinauf kämpften: Mehrmals lagen umgestürzte Bäume über dem Weg, deren Um- und Überklettern am abschüssigen Steilhang sich ebenfalls als ziemlich herausfordernd herausstellte. Für nur fünfhundert Höhenmeter Aufstieg fühlte sich diese Wanderung ziemlich anstrengend an.

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Bei der Chamanna dal Bescher hatte ich mir einen Kaffee erhofft, doch die kleine Schutzhütte ist kein Restaurant, bot aber einen schönen Picknickplatz. Danach öffnete sich der Wald und wir hatten Blick ins breite Inntal unter uns. Dunkle Wolken wechselten sich mit kurzen Sonnenscheinmomenten ab; doch wir hatten Glück und es fing nicht an zu regnen - wohl die einzige Ecke der Schweiz, die an diesem Wochenende von Unwettern verschont blieb.

Wir bogen schliesslich ins Val Lavinuoz ein und die einzigen Lebenwesen, die uns dort begegneten, war eine Herde Schafe. Oberhalb der Alp d'Immez stiegen wir zum Talboden ab - durch einen Hang bedeckt mit pink leuchtenden Alpenrosen so weit das Auge reichte! 

Der Weg aus dem Tal heraus nach Lavin war dann nur noch ein lockeres Auslaufen ohne jegliche weitere Herausforderung.


Wanderinfos:

  • Gewandert: 29./30. Juni 2024
  • Route: Guarda - Alp Sura - Marangun - Lai Blau - Chamonna Tuoi (Samstag); Chamonna Tuoi - Alp Suot - Plan Champatsch - Chamanna dal Bescher - Funtanivas - Alp d'Immez - Alp Dadoura - Lavin  (Etappe 7 der Via Engiadina/regionale Route Nr. 87) (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h (Samstag); 4 h 45 min (Sonntag)
  • Distanz: 10,4 km (Samstag); 15,4 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'010 m (Samstag); 500 m (Sonntag)
  • Übernachten: Chamonna Tuoi CAS

 

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Route Samstag

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Route Sonntag


Donnerstag, 4. Juli 2024

Über verwunschene Treppen auf den Cardada

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Ich war vor dem Regenwetter ins Tessin geflohen, doch dann drohte das schlechte Wetter, mich auch im Süden einzuholen. Gemäss Prognose sollte der Regen erst nach dem Mittag einsetzen, so dass es zumindest für eine kurze Wanderung reichen sollte. Mit dem Cardada, dem Hausberg von Locarno, entschied ich mich für einen Klassiker.

Ich wollte eigentlich von Avegno im Maggiatal zum Cardada aufsteigen, doch als ich in Solduno, wo ich übernachtet hatte, an der Busstation stand, entdeckte ich einen Wegweiser, auf dem der Cardada bereits als Ziel angegeben war. Also beschloss ich spontan, auf den Umweg ins Maggiatal zu verzichten.

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Direkt hinter Solduno begannen die Treppenstufen, die für die nächsten knapp 1000 Höhenmeter nicht mehr aufhören sollten. Sie führten durch den dichten Wald und wurden offenbar nicht so oft begangen oder zumindest nicht regelmässig unterhalten. Die üppig grüne Vegetation und die schiefen Stufen aus Natursteinen erweckten den Eindruck einer verwunschenen Märchenlandschaft. 

Zugegebenermassen kam recht schnell der Moment, wo ich begann, die verwunschenen Stufen zu verwünschen. Richtig frustriert war ich, als mich ein Trailrunner überholte, der nicht einmal ansatzweise so stark schwitzte wie ich.

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Schliesslich erreichte ich das kleine Dörfchen Brè sopra Locarno, das sich über eine grosse Lichtung erstreckt und - wenig überraschend - durch ein Netz von Treppen verbunden ist. Als ich endlich den oberen Dorfrand erreicht hatte, hatte ich nicht nur den grössten Teil der Höhenmeter hinter mir, sondern auch die Treppenstufen.

Nur noch leicht ansteigend führte von hier ein wurzelüberwachsener Weg aufwärts. Damit war natürlich der Anstieg nicht mehr so effizient wie zuvor und bald ich langweilte mich schon fast. 

Auf dem Cardada (1'332 m) angekommen, stattete ich kurz der Aussichtsplattform einen Besuch ab - leider an diesem Tag mit einer durch die aufziehende Wetteränderung eingeschränkter Fernsicht -, bevor es mit der Gondel nach Locarno zurück ging.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Sonntag, 2. Juni 2024
  • Route: Solduno - Alla cappella - Brè sopra Locarno - Follia - Pian da Rözz - Cardada
  • Meine Wanderzeit: 2 h 30 min
  • Distanz: 5,3 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'110 m
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