Wir starteten auf dem Oberalppass und stiegen Richtung Tomasee auf. Unsere Route an beiden Tagen verlief gleich wie Etappen 1 und 2 des Vier-Quellen-Wegs (Regionale Route Nr. 49). Der Tomasee stellte sich als ein zweifellos hübscher, wenn auch als ein eher unspektakulärer Bergsee heraus. Wenn man aber wusste, dass hier der Rhein entspringt, bekam der Besuch dieses kleinen blauen Tümpels eine ganz andere Bedeutung.
Ein heftiger Wind hielt uns davon ab, die Mittagspause direkt am See zu machen. Wir holten sie an einer windgeschützten Stelle beim Abstieg nach und nahmen für den anschliessenden Kaffee einen Extraaufstieg zur Maighelshütte in Kauf. So gestärkt wanderten wir das Val Maighels hoch, welches mich wegen der spärlichen Vegetation und den zahlreichen Wasserläufen an die Greina erinnerte.
Ein kurzer Anstieg brachte uns über den Pass Maighels. Direkt hinter der Passhöhe erreichten wir einen kleinen See, welcher gemäss Karte keinen Namen hat, aber eindeutig einen verdienen würde, denn sein Ufer lud zum Verweilen ein. Wir legten uns in die Sonne und beobachteten den Steinbock, der sich für sein Sonnenbad den höchsten Gipfel der Gegend ausgesucht hatte und auf uns herunter schaute.
Vom See zu Vermigelhütte, wo wir die Nacht verbrachten, war es nicht mehr weit. Spätestens beim Bier auf der Terrasse war klar, dass der Sommer vorbei war, denn es wurde schnell empfindlich kühl. Also liessen wir uns drinnen vom sehr freundlichen Hüttenteam bewirten.
Am Sonntag nahmen wir die letzte Etappe unseres Wanderprojekts unter die Füsse und diese begann mit einem stetigen, aber zunächst relativ sanften Aufstieg. Doch kaum hatte Nicole bemerkt, dass es sich um eine sehr angenehme Steigung handeln würde, wurde diese immer giftiger. Das Gras verschwand und machte einer grauen Steinwüste Platz, unterbrochen nur durch teilweise riesige quarzhaltige Felsen und Steine. Trotz - oder gerade wegen - der kargen Landschaft war es aber eine enorm schöne Wanderung. Über ein lockeres Geröllfeld erreichten wir schliesslich den Sellapass und konnten einen ersten Blick Richtung Süden werfen. Vom Pass waren es nur noch ein paar (Höhen-)Meter bis zum Piz Giübin, welcher mit 2'776 m der höchste Punkt unserer gesamten Wanderung markierte.
Vom Gipfel hatten wir bei einem tief blauen, wolkenlosen Himmel eine 360°-Sicht auf hunderte von Bergen - und ich erkannte keinen einzigen von ihnen. Claude hatte zwei Flaschen Gipfelwein besorgt und so konnten wir nicht nur auf die Besteigung des Piz Giübins, sondern auf die ganze Wanderung, welche im März bei trübem Wetter in Zürich begonnen hatte, anstossen.
Danach stiegen wir Richtung Sellasee ins Tal hinab. Am Ufer dieses Stausees machten wir die letzte Pause und genossen nochmals das schöne Wetter. Von dort war es dann nicht mehr weit bis zum Ziel: Nach 16 Etappen, 215 km, 67 h Wanderzeit, 13'618 m Aufstieg, nach Wanderungen durch Regen und Schnee, Sonnenschein und Nebel, nach Übernachtungen in Hotels, Hütten und Massenlagern, nach kurzen Nächten, langen Wandertagen und vielen schönen Begegnungen mit neuen und alten Mitwanderern, erreichten wir schliesslich den Gotthardpass!
Wanderinfos:
- Gewandert: Samstag/Sonntag, 24./25. September 2016
- Route: Oberalppass - Tomasee - Val Maighels - Pass Maighels - Vermigelhütte SAC (Samstag); Vermigelhütte SAC - Sellapass - Piz Giübin - Sellasee - Gotthardpass (Sonntag)
- Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 4 h 15 min (Sonntag)
- Distanz: 13 km (Samstag); 12,7 km (Sonntag)
- Höhenmeter (Aufstieg): 730 m (Samstag); 860 (Sonntag)
- Übernachten: Vermigelhütte SAC
- Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier
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