Sonntag, 16. September 2018

Sefinafurgge - Gamchigletscher - Hohtürli - Blüemlisalphütte - Oeschinensee: Berner Höhepunkte am Laufmeter (12. + 13. Etappe Via Alpina)

Blüemlisalpgletscher
Manchmal hat man mehr (Wetter-)Glück als Verstand: Als wir im Januar die Daten für die diesjährigen Via Alpina-Etappen festlegten und beschlossen, aus der 12. und 13. Etappe eine Dreitagestour zu machen, konnten wir nicht einmal hoffen, dass wir mit der eher zufälligen Terminwahl wettermässig voll ins Schwarze resp. ins Blaue treffen würden: Die Königsetappe brachte Kaiserwetter!

Das Bähnchen von Interlaken nach Lauterbrunnen war mehr als nur überfüllt und als ich mich bei der Sitznachbarin nach dem Grund für den Andrang erkundigte, outete ich mich als völliger Banause: Es war natürlich Jungfrau-Marathon! Vom Bähnchen aus hatten wir einen Logenplatz auf die beiden führenden Läufer, die wir zweimal einholten. In Lauterbrunnen reihten sich die Zuschauer am Strassenrand, doch wir liessen den Marathonrummel schnell hinter uns. Die Wanderung begann mit einem Aufstieg durch den Wald und wir überquerten zahlreiche Bäche, die weiter unten über die senkrechten Felswände stürzen und die Wasserfälle bilden, für welche Lauterbrunnen berühmt ist.

Sefibach
In Mürren machten wir - passend zur Strecke - auf der Terrasse des Hotel Alpina eine Rast, bevor es kurz nach Spilboden ganz unterwartet eine ziemlich heftige Steilstufe zu überwinden galt. Danach ging es fast flach immer weiter hinein ins Sefinental bis zur Rotstockhütte, wo wir die Nacht verbrachten.

Am nächsten Tag stand die anstrengendste Etappe der bisherigen Via Alpina-Strecke an. Entsprechend begann er mit einem Aufstieg: Zuerst eher sanft, dann immer steiler wurde der Weg zur Sefinafurgge hinauf. Unterwegs konnten wir ein paar Murmeltiere beobachten, die sich von uns nicht im geringsten gestört fühlten. Im abschüssigen, mit Seilen gesicherten letzten Stück kurz vor der Passhöhe behauptete Reto, dass wir damit die steilste Stelle des Tages hinter uns hätten - Fake News, wie wir schon da ahnten.

Gamchigletscher
Auf der Sefinafurgge (2'611 m) konnte man einerseits einen letzten Blick zurück auf Eiger, Mönch und Jungfrau werfen, andererseits sah man - fast auf Augenhöhe - bereits das Tagesziel: Die Blüemlisalphütte zeichnete sich deutlich gegen den blauen Himmel ab. Leider lag zwischen uns und der Hütte ein tiefer Taleinschnitt. Wir verliessen die Via Alpina, die einen Schlenker über die Griesalp macht; einen Umweg, den wir uns ersparen wollten. Stattdessen steuerten wir scheinbar direkt auf die Blüemlisalphütte zu und vernichteten beim Abstieg all die Höhenmeter, die wir soeben mühsam gewonnen hatten.

Der Weg führte quer durch schottrige Abhänge, doch jemand hatte sich sehr viel Mühe gemacht, einen sicheren Pfad durch das lose Gestein zu legen. Eine kurze Leiter, um einen Absatz zu überwinden, gab es auch noch. Nach einer scharfen Linkskurve hatten wir dann plötzlich freie Sicht auf den (sehr kläglichen) Rest des Gamchigletschers an der gegenüberliegenden Bergflanke. Über uns auf einem Felsvorsprung thronte die Gspaltenhornhütte. Wir verzichteten aber auf einen Abstecher - selbst die Aussicht auf Kaffee und Kuchen war uns die zusätzlichen Höhenmeter nicht wert. Stattdessen stiegen wir weiter zum Talgrund ab und kamen dem Gletscherabbruch immer näher.

Blüemlisalphütte im Morgenlicht
Der Wanderweg, welcher das Gletscherbett überquert, ist sorgfältig mit unzähligen Pfosten und Stangen markiert. Ob es irgendwo unter dem Schutt noch Eis hat - wie die Landkarte suggeriert -, bezweifelte ich aber. Die Klimaerwärmung war wohl schneller als Swisstopo. Das Schmelzwasser hat sich tief in den Fels gefressen und enge Schluchten hinterlassen, über welche schmale Brücken führen. Die Überquerung des "Gletschers" in dieser hochalpin anmutenden Umgebung aus Fels und Eis war eindeutig ein Höhepunkt der bisherigen Via Alpina.

Als wir auf der anderen Talseite ankamen, war vor allem eines klar - ab jetzt würde es nur noch aufwärts gehen. Richtig steil wurde es aber erst, als wir am Hohtürlihang wieder in die offizielle Via Alpina-Route einbogen. Mehrere Wegspuren führten in Schlangenlinien die abschüssige Matte hoch und zusammen mit zahlreichen anderen Wanderern quälte ich mich Meter um Meter hoch - ich hatte schon lange nicht mehr so gelitten bei einem Aufstieg!

Oeschinensee
Nachdem der Grashang endlich bewältigt war, kamen dann zum Abschluss die unzähligen Holztreppen, die der Felswand entlang führen. Unterschiedliche Stufenhöhen verstärkten die Qual. Doch dann war es geschafft und das Hohtürli (2'778 m), der höchste Passübergang der Via Alpina, erklommen! Von da waren es nur noch ein paar Minuten bis zur Blüemlisalphütte (2'840 m). Und auf der sonnenbeschienen Terrasse der Hütte, den Blüemlisalpgletscher in Griffnähe und mit Sicht bis auf den Thunersee, war die Anstrengung wie weggeblasen.

Am nächsten Tag stand nur noch der Abstieg nach Kandersteg an und wir hätten eigentlich zur Abwechslung spät starten können - doch in einer fast vollbesetzten SAC-Hütte mit einer Frühstückszeit, die um 8 Uhr endet, ist an Ausschlafen nicht zu denken. Also waren wir wieder beizeiten unterwegs. Schnell verloren wir an Höhe und die Aussicht wechselte vom weissen Abbruch des Blüemlisalpgletschers zum türkisfarbenen Oeschinensee. An dessen Ufer machten wir eine letzte Pause, bevor es über einen breiten Wanderweg hinunter nach Kandersteg ging.

Noch zwei weitere Etappen sind dieses Jahr auf der Via Alpina geplant, bevor wir dann in der Lenk "überwintern".



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag/Montag, 8./9./10. September 2018
  • Route: Lauterbrunnen - Mürren - Spilboden - Rotstockhütte (Samstag): Rotstockhütte - Sefinafurgge - Gamchigletscher - Oberloch - Hohtürli - Blüemlisalphütte (Sonntag); Blüemlisalphütte - Oberbärgli - Oeschinensee - Kandersteg (Montag) (12. und 13. Etappe der Via Alpina/nationale Route Nr. 1, mit Abweichung über den Gamchigletscher)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 50 min (Samstag); 5 h 45 min (Sonntag); 2 h 45 min (Montag)
  • Distanz: 12,3 km (Samstag); 13,5 km (Sonntag); 12,5 km (Montag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'460 m (Samstag); 1'700 m (Sonntag); 40 m (Montag)
  • Übernachten: Rotstockhütte (Samstag); Blüemlisalphütte SAC (Sonntag)
  • Weitere Etappen der Via Alpina gibt es hier


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