Sonntag, 4. Juli 2021

Lukmanier-Rundtour: Vier Pässe und viel Tessiner Gastfreundschaft

@wandernohneende
Auch dieses Jahr gibt es wieder ein Wanderprojekt, diesmal unter dem sehr breit auslegbaren Motto "Special Effect". Nicoles Beitrag dazu führte uns auf den Lukmanierpass an der Grenze zwischen Graubünden und Tessin. 

Der Pass selber war zwar bereits schneefrei, doch weil wir uns unsicher waren in Bezug auf die Begehbarkeit des Passo di Gana Negro, beschlossen wir, am ersten Tag auf Nummer sicher zu gehen und die tiefer gelegene, aber weitere Route zur Capanna Bovarina zu nehmen.

Wir wanderten also zunächst eine Weile abwärts in Richtung Tessin. Wir waren noch keine Viertelstunde unterwegs, als sich die Sohle von Retos Wanderschuh löste. Während dieser umkehrte, um Ersatzschuhe aus dem Auto zu holen, folgten wir weiter dem Wanderweg, der zwischen Passstrasse und jungem Brenno eingeklemmt ist. Ein ständiges Rauschen, sowohl von der Strasse wie auch vom Wildbach, war damit unser Begleiter. 

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Bei Acquacalda liessen wir die Strasse hinter uns, dafür begann die Steigung durch den Hang. Der Wald spendete angenehmen Schatten, denn die Sonne sorgte für sommerliche Temperaturen und unsere Organisatorin legte ein flottes Tempo vor. 

Über eine letzte Felsstufe erreichten wir schliesslich den Croce Portera (1'917 m) und plötzlich öffnete sich die Landschaft: Eine weite Hochebene lag vor uns und dahinter erhoben sich die weissen Berge. Wir waren begeistert von der heideartigen Landschaft und Vegetation. Unter einem schattigen Baum gönnten wir uns eine ausgedehnte Pause.

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Auf einem breiten Weg ging es bis zum malerischen Dörfchen Dötra, das mit zahlreichen pitoresken, sichtlich mit viel Liebe restaurierten Häuschen aufwarten konnte. Ein flaches, leider asphaltiertes Strassenstück brachte uns nach Anvéuda, ebenfalls ein schönes, von Blumenwiesen umgebenes Örtchen. 

Kurz vor dem Aufstieg zum dritten Pass des Tages gab auch Daniels Sohle ihre Bereitschaft auf, am Wanderschuh kleben zu bleiben. Diese wurde mit Kabelbinder schon fast fachmännisch geflickt, so dass alle den Aufstieg zum Passo Cantonill unter die (mehr oder weniger stabil besohlten) Füsse nehmen konnten.

Insgesamt waren an diesem Tag nur um die achthundert Höhenmeter zu absolvieren, dies auch noch verteilt auf sechzehn Kilometer. Nur fühlte es sich für mich nach viel mehr Aufstieg an; die Verschnaufpause auf dem Passo Cantonill (1'936 m) brauchte ich dringend und keiner von uns liess sich zu einem Abstecher auf den Pizzo Rossetto motivieren.

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Durch einen leuchtend grünen Wald ging es wieder abwärts. In der Ferne entdeckten wir eine Staumauer, die wir als diejenige des Lago di Luzzone identifizierten. Irgendwo hinter den Bergen musste die Greina liegen. Ein letzter Anstieg brachte uns schliesslich zu Capanna Bovarina, wo Reto, der die Abkürzung über den Passo di Gana Negra genommen hatte, in neuen Schuhen schon auf uns wartete.

Die Capanna Bovarina ist von Aussen nicht gerade eine Augenweide. Die äusserlichen ästhetischen Defizite wurden aber von den inneren Werten, nämlich einem grosszügiges Massenlager mit Bergsicht und der charmanten Tessiner Gastfreundschaft des Hüttenwartes, mehr als aufgewogen.

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Am nächsten Morgen wurden wir von der Sonne geweckt, die direkt in unsere Betten schien. Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns wieder auf zum Lukmanierpass, diesmal aber auf dem direkten Weg über den Passo di Gana Negro. Dank Retos Sohlenunglück wussten wir, dass die Strecke trotz Schnee begehbar war. 

Wir folgten einem Wildbach durch die weitläufige Alpe Bovarina. In einem kleinen, namenlosen See spiegelten sich die Berge und der blaue Himmel. Bald erreichten wir die ersten Schneefelder, zwischen denen sich Krokusse und andere unerschrockene Frühlingsblumen hervorkämpften. Aus den Schneefeldern wurde schliesslich eine geschlossene Schneedecke, aus der nur die riesigen, schwarzen Felsbrocken herausragten, welchen der Pass seinen Namen verdankt. Ein Murmeltier brachte sich über den Schnee vor uns in Sicherheit. 

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Wir genossen die Wanderung durch diese eindrucksvolle Landschaft in vollen Zügen. Kurz vor der Passhöhe passierten wir ein weiteres, ebenfalls namenloses Seelein, das man unter dem Schnee noch kaum erkennen konnte. Der Wind verhindert ein lange Pause auf dem Passo di Gana Negra (2'433 m) und kurz danach forderten einige abschüssige Schneefelder unsere Aufmerksamkeit.

Unter uns war der Lukmanierpass mit dem Stausee Lai da Sontga Maria bereits erkennbar. Kurz vor dem Mittag waren wir schliesslich zurück am Ausgangsort und damit sogar rechtzeitig, um einen Blick auf die Tour de Suisse zu erhaschen, die an diesem Tag über den Lukmanier fuhr. Wahrlich, an "Special Effects" hatte es dieser Wanderung nicht gefehlt!



Wanderinfos

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 12./13. Juni 2021
  • Route: Lukmanierpass - Acquacalda - Croce Portera - Fopp da Pönt - Dötra - Anvéuda - Passo Cantonill - Predasca - Capanna Bovarina (Samstag); Capanna Bovarina - Alpe di Bovarina - Passo di Gana Negra - Lukmanierpass (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 3 h (Sonntag)
  • Distanz: 16 km (Samstag); 8 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 780 m (Samstag); 610 m (Sonntag)
  • Übernachten: Capanna Bovarina UTOE 
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