Sonntag, 30. Juli 2017

Anreisechaos und erste Schritte (Lappland/Kungsleden 1/6)

Als Fjäll bezeichnet man das Gebirge und die Berge nördlich der Waldgrenze in Lappland. In dieser - sehr abgeschiedenen - Region jenseits von Polarkreis und Handyempfang kämpfte ich mich elf Tage lang durch Sumpf und Mücken und war jeden Tag aufs Neue beeindruckt von der weiten, ursprünglichen Landschaft und der vielfältigen Pflanzenwelt, die dieser kargen Umwelt trotzt.

Die Wanderung wurde organisiert von WeitWandern; Wanderleiterin Steffi navigierte unsere kleine, sehr bunte Gruppe kompetent und mit ausnehmender Gelassenheit durch das unwegsame Gelände. Dabei folgten wir - mehr oder weniger - dem schwedischen Fernwanderwege Kungsleden.

[Samstag/Sonntag, 15./16.7.2017; Stockholm - Abisko; 1'300 km] Schweden ist sehr weitläufig - zu dieser Erkenntnis kam ich nicht erst beim Wandern, sondern bereits auf der langen Anreise von Stockholm nach Abisko, dem Ausgangspunkt der Wanderung, welcher rund 200 km nördlich des Polarkreises liegt. In der Theorie gibt es zwischen Stockholm und Abisko einen direkten Nachtzug, in der Praxis hatten wir offenbar das einzige Wochenende des Jahres erwischt, an welchem der Zug nicht bis Abisko durchfuhr. Die Gründe dafür blieben bis zum Schluss unklar: Der Zugsbegleiter sprach von einem entgleisten Zug, am Bahnhof war etwas von Unterhaltsarbeiten angeschrieben, während Steffi uns versicherte, dass der Ausfall schon vor Monaten im Fahrplan angemerkt gewesen war. Entsprechend verfügten wir über keine Reservation für den angeblich vorhandenen Bahnersatzbus, sondern mussten uns ab Luleå in den normalen Linienbus zwängen. Damit ging es uns aber immer noch besser als einer 20-köpfigen Gruppe junger Franzosen, für die es im Bus überhaupt keinen Platz mehr gab.

Über sechs Stunden dauerte die Busfahrt durch die endlos scheinenden schwedischen Wälder insgesamt. In Kiruna mussten wir umsteigen und hier brach das Buschaos schliesslich endgültig aus: Es gab einen schwedischen Bus nach Abisko und einen norwegischen nach Narvik. Nachdem im schwedischen alle Sitzplätze vergeben waren, wollte dessen Chauffeur keine weiteren Passagier mehr mitnehmen. Der norwegische Buschauffeur - sein Bus war auch bereits überfüllt - wollte unsere Tickets nicht akzeptieren. Beide machten widersprüchliche Angaben, wo sie denn eigentlich hinfahren würden.

Am Schluss kapitulierten beide Chauffeure vor der drängelnden, ungeduldigen Menschenmenge und warfen sämtliche Vorgaben betreffend stehende Passagiere, Tickets und Reiseziele über den Haufen. So kamen wir am späteren Nachmittag doch noch in Abisko an. Tief hängende Wolken verdeckten den Blick auf die umliegenden Berggipfel - nicht aber auf die Schneereste, die noch weit ins Tal hinunter reichten.

Abiskojåkka
[Montag, 17.7.2017; Abisko - Abiskojaure; 16 km] Der Regen der letzten Tage hatte Bäche und Flüsse anschwellen lassen, so dass wir kurzfristig unsere geplante Route anpassen mussten. Anstatt mit einem Abstecher in ein Seitental zu beginnen, starteten wir unser Wanderabenteuer mit der ersten Etappe des Kungsleden, welche den Abisko-Nationalpark durchquert. Der Weg führte durch einen ausgedehnten Birkenwald, immer dem Fluss entlang. Der Waldboden war überwuchert von Moosen und Sumpfpflanzen - ein deutliches Zeichen, dass es hier nicht nur bei Regen so nass war. Oft führten schmale Holzbretter über Bäche und über die sumpfigsten Stellen, doch das Wasser stand teilweise so hoch, dass es selbst diese Planken überflutet hatte, was deren Überquerung zu einem rutschigen Balanceakt machte.

Den ganzen Tag über nieselte es zudem leicht, doch wir erreichten die schützende, geheizte Hütte bevor der Regen noch stärker wurde. Die Hütten des Schwedischen Tourismusvereins (STF), in denen wir jeweils übernachteten, haben weder Strom noch fliessend Wasser - dafür in der Regel eine Sauna. Dort konnten wir uns wieder aufwärmen. Ein Luxus, den ich an diesem und an den kommenden Tagen zu schätzen lernte.

Ich war froh, den ersten Wandertag erfolgreich hinter mir zu haben, doch ich konnte jetzt auch besser erahnen, welche Herausforderungen uns in den kommenden Tagen noch erwarten würden.



Hier geht's weiter auf dem Kungsleden  => Teil 2: Regen, Sumpf und nasse Füsse










2 Kommentare:

  1. Hey Kathrin
    Dein erster Bericht unserer Lappland-Tour könnte nicht treffender beschrieben werden.
    Ich vermisse das tägliche Wandern und die dazugehörenden täglichen Rituale bereits.
    Ich freu mich auf deine weiteren Bericht.
    Liebe Grüsse Christoph

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    1. Merci für dein Feedback. Ich werde die Fortsetzungen vermutlich halbwöchentlich hochladen. Lg, Kathrin

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