Mittwoch, 2. August 2017

Regen, Sumpf und nasse Füsse (Lappland/Kungsleden 2/6)

[Dienstag, 18.7.2017; Abiskojaure - Unna Allakas; 24 km] Am zweiten Wandertag bewies Lappland, dass es noch nasser und noch sumpfiger sein konnte: Wir verliessen den Kungsleden und bogen in ein weniger begangenes Tal ab. Von Anfang an hatte sich der Weg - wo er nicht komplett unter Wasser stand - in einen tiefen Morast verwandelt. Es gab weniger Holzplanken als auf dem Kungsleden und diese waren oft schmaler und morscher - sofern sie nicht bereits komplett vom Sumpf verschluckt worden waren. Wir versuchten den ärgsten Matsch zu umgehen, indem wir uns durch das dichte Buschwerk kämpften - nicht immer erfolgreich. Zur Mittagszeit hatte sich der Sumpf auch in meinem rechten Schuh ausgebreitet.

Während des Tages veränderte sich allmählich die Landschaft: Der Birkenwald wurde lichter, die einzelnen Bäume kleiner und knorrig, bis sie schliesslich ganz aufhörten und einer baumlosen Tundra-Landschaft Platz machten, welche mit einzelnen Schneeflecken verziert war. Den ganzen Tag hatte der Regen nie richtig aufgehört und sobald wir den schützenden Wald hinter uns gelassen hatten, blies ein kühler Wind. Richtig kalt bekam ich aber erst, als wir in Sandalen mehrere Flüsse mit eiskaltem Wasser durchqueren mussten. Und die nassen Füsse zurück in die nassen Socken und Wanderschuhe zwängen, wärmte auch nicht wirklich.

Nach zehn Stunden erreichten wir endlich die Hütte Unna Allakas, welche idyllisch über einem kleinen See liegt, die schneebedeckten Berge im Hintergrund. An diesem Abend wurden aber selbst in der Sauna meine Füsse nicht mehr richtig warm.

[Mittwoch, 19.7.2017; Unna Allakas - Alesjaure; 17 km] Nach einer eher kühlen Nacht begann auch der Morgen kalt und windig. Handschuhe wären an diesem Tag gut gewesen, doch meine waren noch nass vom Vortag. Dafür waren meine Schuhe, die ich über den Holzofen gehängt hatte, über Nacht wieder einigermassen trocken geworden. Da die Etappe ohnehin mit den ersten nennenswerten Höhenmetern der Wanderung begann, bekam ich aber schnell warm. Es war auch weniger sumpfig als am Vortag, bzw. der Sumpf konzentrierte sich auf den Anfang und das Ende der Wanderung. Dazwischen überquerten wir eine ausgedehnte Hochebene, auf welcher noch Schnee lag. Es stellte sich heraus, dass es viel angenehmer war, auf Schnee zu gehen als durch Sumpf zu waten. Schnee lag auch am Ufer des Flusses, für dessen Überquerung wir wieder die Wanderschuhe ausziehen mussten - die Wassertemperatur war entsprechend. Neben den Schneefeldern behaupteten sich kleine Blumen und beim Aufstieg sahen wir Rentiere, die mit ihren Jungen über die karge Landschaft zogen.

Es regnete weniger an diesem Tag und zwischendurch konnten wir zum ersten Mal die schwedische Sonne sehen, die sich - obwohl sie eigentlich nie unterging - bisher immer hinter Wolken versteckt hatte. Beim Abstieg öffnete sich der Blick über eine langgezogene Seenlandschaft, an deren Ende die nächste Hütte lag, die uns mit einem Regenbogen begrüsste - ein gutes Vorzeichen für die nächsten Tage.

Alesjaure
Die Hütten des STF sind - im Gegensatz zu schweizerischen SAC-Hütten - Selbstversorger-Hütten. Eine Hütte (Stugan bzw. Stugorna) besteht in der Regel aus mehreren Gebäuden: Ein Hauptgebäude, mehrere Gästehäuser, eine Plumpsklo und ein Saunahäuschen. Ein Hüttenwart (Stugvärd) begrüsst die Gäste, weist die Betten zu und führt oft einen kleinen Laden mit einem beschränkten Angebot aus Haferflocken, Bier und Schokolade. Die Gästehütten erinnerten mich an Jugendherbergen, mit Etagenbetten und gut ausgestatteten Gemeinschaftsküchen, in denen man am Gasherd das mitgebrachte Essen zubereiten kann. Die Ausstattung - von den Duvetbezügen über die Tische und Stühle bis zum Geschirr - ist immer gleich und erregte bei mir den Verdacht, dass der STF ein Grosskunde bei IKEA ist.

Wasser holt man aus dem nahen Fluss oder See, abkochen ist nicht notwendig. Das Dreckwasser muss man zurück zu speziellen Senklöchern schleppen. Um sich an kühlen Tagen aufzuwärmen und die nassen Sachen zu trocknen, kann man in kleinen Öfen mit Birkenholz (das man zuerst spalten muss) Feuer machen. Das immer etwas abseits stehende Plumpsklo ist so anmächelig wie Plumpsklos eben sind. Die meisten Hütten haben zudem - und das war auf jeden Fall ein Highlight der Wanderung - eine Sauna. Darin kann man sich nicht nur aufwärmen, sondern die Saunaöfen produzieren auch heisses Wasser, mit welchem man sich nach den schweisstreibenden Wanderungen und vor dem Saunagang ausgiebig waschen kann.


Hier geht's weiter auf dem Kungsleden => Teil 3: Rentiere, Elche und viel Sonne




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