Sonntag, 10. Juni 2018

Via delle Vose: Schlangen auf dem Maultierpfad

Valle Onsernone - Loco - Intragna
Für einmal funktionierten die Zugsverbindungen ins Tessin einwandfrei und in Bellinzona stand das Postauto ins Onsernone-Tal auch schon bereit. Doch während die Passagiere vor dem verschlossenen Bus an der Sonne standen, hatte es sich der Chauffeur auf der hintersten Sitzreihe gemütlich gemacht und liess sich bei seiner Handy-Pause nicht stören. Als kurz vor der fahrplanmässigen Abfahrtszeit einer der Wartenden ungeduldig an die Scheibe klopfte, kam Bewegung in den Mann und er erhob sich, um uns mit einer wütenden Tirade auf Italienisch einzudecken. Und die verpasste Pausenzeit hängte er dann einfach an die Abfahrtszeit dran. Die restlichen Aggressionen baute er schliesslich auf der engen, kurvenreiche Strecke ab, in dem er selbst entgegenkommende Autos, die im korrekt Platz machten, gnadenlos niederhupte.

Valle Onsernone - Loco - Intragna
Ponte di Niva
Für mich endete die Fahrt in Loco, einem sehr ruhigen und friedlichen Tessiner Dörfchen. Da ich mehr als genug Zeit hatte, machte ich noch ein kurzer Abstecher, um mir die Kirche anzusehen, was sich als lohnenswert herausstellte. Die Wanderung folgte schliesslich der Via delle Vose, einem historischen Maultierpfad, auf welchem die Bauern aus dem Onsernone-Tal während Jahrhunderten ihre Erzeugnisse nach Ascona und Locarno gebracht hatten.

Zunächst ging es entlang von Weinbergen hinunter bis zur Ponte di Niva. Die holzige Bogenbrücke wurde im Jahr 2016 neu erbaut und gemäss Infotafel soll ihre Überquerung sogar ein "Gefühl der spirituellen Erhöhung" auslösen können. Davon spürte ich zugegebenermassen nichts, was aber der Attraktivität der Wanderung keinen Abbruch tat. Nach der Flussüberquerung ging es tendenziell aufwärts, aber nie wirklich steil, sondern oft fast flach dem bewaldeten Hang entlang. Konzentration brauchte es, weil der grösste Teil der Strecke mit Natursteinen gepflastert war und man aufpassen musste, keinen Fehltritt zu machen. Zahllose Eidechsen wärmten sich auf den Steinen und kurz nach Vosa huschte sogar eine Schlange über den Weg.

Valle Onsernone - Loco -Intragna
In Pila hatte ich den höchsten Punkt der Wanderung erreicht und es öffnete sich der Blick Richtung Maggiadelta und Lago Maggiore. Zudem sah man bereits auf Intragna hinunter, welches mit dem höchsten Kirchturm des Kantons Tessin aufwarten kann (Von innen ist aber die Kirche von Loco schöner). Beim Abstieg riss mich plötzlich ein heftiges Zischen aus den Gedanken und eine ziemlich fette Schlange verkroch sich missmutig von ihrem Sonnenplätzchen auf einer der Steinplatten des Wanderweges unter die nächste Mauer. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich vorher je eine lebende Schlange auf einer Wanderung angetroffen hatte, doch an diesem Tag waren es gerade zwei aufs Mal! (Fürs Beweisfoto war ich beide Male zu langsam).

Nach nur zwei Stunden hatte ich bereits Intragna erreicht, von wo es mit dem Centovalli-Bähnchen zurück nach Locarno ging. Es war keine besonders lange oder anstregende Wanderung gewesen, gelohnt hatte sich der Abstecher aber trotzdem.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Freitag, 31. Mai 2018
  • Route: Loco - Ponte di Niva - Vosa - Pila - Intragna (entlang der ausgeschilderten Via delle Vose)
  • Meine Wanderzeit: 2 h
  • Distanz: 5,8 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 260 m





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