Sonntag, 7. Februar 2021

Schneeschuhtouren im Avers

@wandernohneende
Ich hatte - um wieder einmal etwas zu haben, worauf ich mich freuen konnte - bereits im Dezember ein verlängertes Schneeschuhwochenende im Lötschental gebucht. Doch Rekordniederschläge, Lawinengefahr und einfach furchtbar schlechte Wetteraussichten verpassten meiner Vorfreude einen deutlichen Dämpfer. Als dann der Veranstalter anrief und mitteilte, dass die Tour vom Wallis ins Graubünden verlegt wurde, war ich einen Moment lang in Versuchung, dies als Gelegenheit zur Absage zu nutzen; ich hatte wenig Lust, drei Tage in der Kälte durch Schneegestöber zu stapfen. Doch mein freier Tag war bereits genehmigt und andere Pläne hatte ich schlichtweg nicht.

Also stieg ich am Freitag sehr früh am Morgen in den Zug und fuhr Richtung Graubünden. Irgendwo zwischen Thusis und Andeer verwandelte sich der strömende Regen in Schneefall und ich bewunderte die Fahrkünste des Busfahrers, der uns sicher und pünktlich über die schneebedeckte Strasse durchs abgelegene Avers nach Juf brachte.

@wandernohneende
In Juf, seines Zeichens das höchstgelegene dauerhafte bewohnte Dorf der Schweiz, bezogen wir zunächst unser Hotel, bevor wir direkt davor in die Schneeschuhe schlüpften. Aufgrund der schlechten Sicht und der angespannten Lawinensituation begannen wir mit einer einfachen Schneeschuhwanderung entlang des Talbodens. Doch kaum waren wir etwas talauswärts gelaufen, drückte plötzlich die Sonne durch die Wolken. Zur Mittagspause machten wir es uns auf einer sonnigen Bank vor einem kleinen Stall gemütlich, und unsere einzige Sorge war, keinen Sonnenbrand zu bekommen. Am späteren Nachmittag stiegen wir in Cresta wieder ins Postauto und liessen uns zurück zu unserem Hotel fahren.

Am nächsten Tag begrüsste uns der Vollmond, der am fast wolkenlosen Himmel stand. Nach der lockeren Aufwärmtour vom Vortag sollte es diesmal höher hinaus gehen. Mit dem Postauto - der Busfahrer kannte uns bereits - ging es ein kurzes Stück das Tal hinab bis zur Station Rufana. Von hier bogen wir ins Bergalgatal ein, das zunächst noch im Schatten lag. Das erste Stück führte über präparierte Winterwanderwege, bis wir schliesslich in den unberührten Hang hinein zogen. 

Damit begann - zumindest für Adi, unseren Bergführer - die Schwerstarbeit uns einen Weg durch den kniehohen Neuschnee zu bahnen. Der Rest der Gruppe hatte trotz der Steigung genug Zeit und Musse, ausgiebig Fotos von den schneebedeckten Hängen zu machen. Nach gut fünfhundert Höhenmeter wurde der Anstieg sanfter und es begann eine lange Traverse. Eine Spur, die zwei Tourenfahrer hinterlassen hatten, erleichterte unserem Bergführer die Arbeit. Dafür zog gegen Mittag ein böiger Wind auf und die Wolken begannen, die Berggipfel um uns herum zu verhüllen. 

@wandernohneende
Als es schliesslich Zeit wurde, an eine Umkehr zu denken, waren wir so kurz unter dem Bödagrat, dass wir nicht anders konnten, als auch noch die letzten Höhenmeter dranzuhängen. Belohnt wurden wir für unsere Anstrengung, den höchsten Punkt des Bödagrat (2'951 m) auch noch erklommen zu haben, mit einer kurzen Windstille und einem freien Blick unter der Wolkendecke hindurch auf die italienischen Alpen. Danach begann der lange Abstieg entlang der Aufstiegspur und die anstrengende Tour begann sich langsam in meinen Beinen bemerkbar zu machen. Trotzdem mussten die Kräfte noch für einen Schlussspurt reichen, um den Bus nicht zu verpassen, denn das hätte eine unfreiwillige Verlängerung der Tour um eine weitere Stunde bedeutet.

Wir schafften es schliesslich rechtzeitig und als wir zurück fuhren, passierten wir einen Rega-Helikopter, der am Strassenrand gelandet war. Es war eine Ermahnung an die kritische Lawinensituation in den Alpen: Nur etwas weiter hinten im Avers war eine Lawine auf einen Wanderweg niedergegangen und hatte zwei Wanderer verschüttet. Glücklicherweise war das Ganze nochmals glimpflich abgelaufen.

@wandernohneende
Beim Abendessen füllten wir unseren Kalorienspeicher mit Fondue auf. Meine Sportuhr, welche meinen Trainingszustand in den letzten Wochen, die ich vornehmlich im Home Office verbracht hatte, als "unproduktiv" eingestuft hatte, riet mir nach dieser Anstrengung zu einer dreitägigen Erholungspause. Doch daraus wurde nichts, insbesondere da auch am nächsten Tag das Wetter viel besser war als prognostiziert. 

Von Pürt aus überquerten wir den Averser Rhein - nicht mehr als ein kleiner Bach - und danach ging es gleichmässig aber stetig aufwärts durch den glitzernden Schnee. Während wir an den letzten beiden Tagen fast alleine unterwegs gewesen waren, teilten wir heute den Berg mit zahlreichen anderen Touren- und Schneeschuhgängern, so dass es auf jeden Fall genug Aufstiegsspuren gab, von denen man profitieren konnte. Auf dem windigen Gipfel des Grosshorns (2'780 m) verweilten wir gerade lange genug, um ein paar Fotos von der Aussicht zu machen. Der Abstieg durch den kniehohen, weichen Neuschnee machte sehr viel Spass, auch wenn es mehr als eine unfreiwillige und unelegante Landung im Schnee gab. 

In Pürt endete dann das Schneeschuhwochenende, an dem wir wider Erwarten nie durch Schneegestöber stapfen mussten, sondern nur durch herrlichen Neuschnee. Mit dem Postauto ging es entlang von steilen, mit unzähligen gefrorenen Wasserfällen geschmückten Steilwänden das Avers hinunter zurück ins verregnete Unterland. Und ich beschloss, dass ich mir dieses abgelegene Tal auch im Sommer unbedingt mal näher ansehen musste.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Freitag/Samstag/Sonntag, 30./31. Januar / 1. Februar 2021
  • Route: Juf - Podestatenhaus - Pürt - Cresta (Freitag): Avers, Rufana - Vorderbergalga - Fürgabärg - Bödagrat - Avers, Rufana (Samstag); Pürt - Grosshorn - Pürt (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h (Freitag); 6 h 30 min (Samstag); 4 h 15 min (Sonntag)
  • Distanz: 6,8 km (Freitag); 12 km (Samstag); 6,5 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 140 m (Freitag); 1000 m (Samstag); 900 m (Sonntag)
  • Übernachten: Pension Edelweiss, Juf


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