Donnerstag, 28. Juli 2022

4x4000: Vier Viertausender an einem Tag (Spaghetti light - Teil 2/3)

@wandernohneende
Der vierte Tag meiner Spaghetti-Tour war Gipfelsammeltag. Vier Viertausender standen auf dem Programm und die Wetterprognose versprach passend dazu ungetrübten Sonnenschein. Am Vortag waren wir von der kleinen, spartanischen Mezzalama-Hütte zur grosszügigen und modernen Mantova-Hütte gewandert - gemeinsam waren beiden Hütten die Stehklos - eine italienische Eigenheit, mit der ich mich nur schwer anfreunden konnte. Doch die Erlebnisse an diesem Tag machten alle sanitären Mühseligkeiten vergessen.

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Zunächst wanderten wir eine Geröllschulter hoch am Rifugio Gnifetti vorbei, das an einem grossen Felsen zu kleben schien, bevor wir die Steigeisen hervorholten und uns anseilten. Grosse Spalten durchzogen den Lysgletscher und ein Blick in sie hinein offenbarte bodenlose Abgründe und riesige Eishöhlen. Doch schon wie am Vortag führte uns unser Bergführer sicher über die Schneebrücken. 

Wir erreichten ein Hochplateau und jeder der zahlreichen Gipfel um uns herum war über viertausend Meter hoch. Eine eindrückliche Welt aus Schnee, Eis und Fels. Als erstes nahmen wir den unschwierigen Aufstieg auf die komplett schneebedeckte Vincentpyramide (4'215 m) in Angriff. Auf dem Gipfelgrat blies ein heftiger Wind, doch dieser konnte unsere Freude über den ersten Gipfelerfolg an diesem Tag nicht trüben.

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Wieder unten an der Vincentpyramide angekommen, steuerten wir direkt auf das nächste Ziel zu, das Balmenhorn. Im Gegensatz zur Vincentpyramide ist das Balmenhorn ein brauner, eckiger Felsblock, der aus dem Gletscher herausragt. Offenbar ist umstritten, ob es sich beim Balmenhorn überhaupt um einen eigenständigen Gipfel handelt, aber mit 4'167 m Höhe zählt er für mich eindeutig als vollwertiger Berg. 

Wir waren gerade an seinem Fuss angelangt, als sich ein Helikopter der Air Zermatt näherte, viel Staub aufwirbelte und einen Rettungshelfer auf dem Felsblock auslud. Nur Minuten später kam der Helikopter mit einer Longline zurück und flog Rettungshelfer und einen Patienten weg.* 

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Ich war mir nicht sicher, ob mir die effiziente Rettungsaktion Mut oder Angst machen sollte. Der Schlussanstieg auf das Balmenhorn ist nämlich eine Art Klettersteig, den wir hoch- und wieder runterklettern mussten, was mit Steigeisen nicht ganz einfach war. Zudem hatte sich an diesem Nadelöhr eine Schlange von Bergsteigern gebildet, dass man sich am Mount Everest wähnte. Doch die Extraanstrengung lohnte sich und vielleicht half auch die übergrosse Jesusstatue, die auf dem Gipfel steht, dass ich unfallfrei auch diesen Viertausender als bestiegen abhaken konnte.

Ohne grosse Pause ging es zum nächsten Berg, der Ludwigshöhe (4'342 m). Technisch war dies die schwierigste Besteigung. Gerade am Anfang musste man eine Eisstufe hochkraxeln, bevor es steil die schmale, ausgesetzte Flanke hinaufging. Wir blieben auf dem windigen Gipfel nur lange genug für ein paar Fotos und stiegen dann wieder vorsichtig hinunter.

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Wir umrundeten die Parrotspitze und dann kam hoch über uns der letzte Gipfel in Sicht, auf dem auch die nächste Hütte stand: Die Capanna Margherita, die höchstgelegene Hütte Europas, liegt auf 4'554 m auf der Signalkuppe. Von allen Seiten steuerten Seilschaften auf sie zu. Wir gehörten zu den letzten, die den langgezogenen Berghang erklommen. Auf der Margherita-Hütte angekommen, gönnte ich mir als erstes eine Pizza-Margherita. Die Hütte ist nach der italienischen Königin Margherita benannt (die sie auch besucht hat) und dient unter anderem Forschungszwecken. 

Von unserem Zimmer direkt unter dem Dach aus bewunderten wir den Sonnenuntergang. Unser Bergführer hatte uns erklärt, dass man auf dieser Höhe nicht mehr "schläft" sondern nur noch "übernachtet". Ich schlief aber so gut, dass mich erst der Wecker (der um 4 Uhr 20 klingelte) aufweckte.


Teil 1 von "Spaghetti light" mit dem Aufstieg auf das Breithorn gibt es => hier. Teil 3 mit dem Abstieg über den Grenzgletscher => hier.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Montag - Freitag, 18. - 22. Juli 2022
  • Route: Rifugio Città di Mantova - Lysgletscher - Vincentpyramide - Balmenhorn - Ludwigshöhe - Capanna Margherita CAI (Donnerstag)
  • Unser Wanderzeit: 6 h (Donnerstag)
  • Distanz: 6,5 km (Donnerstag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'300 m (Donnerstag)
  • Übernachten: Capanna Regina Margherita CAI (Donnerstag)
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*Am Abend in der Hütte erfuhren wir, dass Hintergrund der Rettungsaktion kein Unfall, sondern ein positiver Coronatest war. Die Gruppe hatte auf dem Balmenhorn (auf über 4000 m [sic!]) Corona-Selbsttests gemacht und einer davon war positiv ausgefallen, was zur Alarmierung der Air Zermatt führte.



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