Es war lange unsicher gewesen, ob wir direkt nach Zermatt würden absteigen können, da der wenige Schnee und die Wärme der letzten Tage dem Gletscher und den übrig gebliebenen Schneebrücken zugesetzt hatten. Dank einer klaren Nacht war der Schnee an diesem Morgen aber fest genug und unser Bergführer war der Meinung, dass wir es (noch) wagen konnten.
Die erste Steilstufe, über welche der Grenzgletscher hinabbrach, umgingen wir ebenso wie eine breite Spalte, die sich quer durch das Eis zog. Wir passierten unzählige Seracs, riesige Eissäulen, die sich zwischen Gletscher und Felsen aufgetürmt hatten. Ich bezweifelte, dass diese noch lange der Erderwärmung und der Gravitation standhalten würden.Im unteren Teil des Gletschers konnten wir dem Eisbruch nicht mehr ausweichen, sondern wanderten direkt durch ihn hindurch: Wir mussten unzählige Spalten überqueren, die sich in allen Richtungen durch das zerklüftete Eis zogen. Manchmal reichte ein grosser Schritt, manchmal musste man der Stabilität von breiten oder auch sehr schmalen Schneebrücken vertrauen. Der Blick in die tiefen Spalten hinein war faszinierend und furchteinflössend zugleich.
Meine volle Konzentration galt meiner Balance und dem Eis respektive dem fehlenden Eis unter meinem Füssen. Dies war zweifellos die anspruchsvollste "Gletschertour", die ich bisher gemacht hatte. Wenn ich mich umdrehte und zurückblickte, schien es mir unmöglich, dass wir zwischen diesem Gewirr von Spalten und Eisblöcken einen Weg hinunter gefunden hatten.Etwas oberhalb der Monte Rose Hütte verliessen wir den Grenzgletscher und auf der Terrasse der futuristisch anmutenden Hütte gab es ein zweites Frühstück mit einem grossen Stück Kuchen inklusive Schlagrahm - mein Appetit war unterdessen erwacht. Nur nebenbei: Die Monte Rosa Hütte hatte auch das erste "richtige" WC seit Tagen.
Schliesslich folgten wir dem Hüttenweg über vom Gletscher abgeschliffene Felsen und mussten für die Überquerung des Gornergletschers nochmals die Steigeisen hervor nehmen. Auch dieser vollständig apere Gletscher konnte einige Spalten aufweisen, der beste Weg darüber war aber mit Stangen markiert.
Teil 1 von "Spaghetti light" mit dem Aufstieg auf das Breithorn gibt es => hier. Teil 2 mit 4 Viertausender an einem Tag => hier.
Wanderinfos:
- Gewandert: Montag - Freitag, 18. - 22. Juli 2022
- Route: Capanna Margherita CAI - Grenzgletscher - Monte Rose Hütte SAC - Gornergletscher - Rotenboden (Freitag)
- Unser Wanderzeit: 6 h 30 min (Freitag)
- Distanz: 17 km (Freitag)
- Höhenmeter (Aufstieg): 400 m (Freitag)
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