Sonntag, 9. April 2017

Einführung ins Bergwandern im Verzascatal

Ich verbrachte mit einer guten Kollegin aus dem flachen Teil von Deutschland ein verlängertes Wochenende im Tessin und mit etwas Überredungskunst konnte ich sie davon überzeugen, mit mir ihre erste Bergwanderung zu unternehmen: Mit dem Bus ging es zunächst Richtung Mergoscia, wobei die Strässchen immer schmaler und die Haarnadelkurven immer enger wurden, so dass der Buschauffeur, der die Strecke eindeutig nicht zum ersten Mal fuhr, teilweise ganz schön manövrieren musste, um mit seinem grossen Bus nirgends anzustossen oder einfach in die Tiefe zu stürzen.

In Mergoscia war nicht nur die Endstation der Buslinie, sondern es schien, als würde hier die Strasse (und die Zivilisation) ganz aufhören. Der Aussicht wegen wäre eine Wanderung überigens nicht nötig gewesen, denn bereits von der Kirche von Mergoscia aus hatte man einen tollen Blick auf den (fast leeren) Vogorno-Stausee und die dazugehörige Staumauer, von der bereits James Bond in Goldeneye heruntergesprungen war.

Wir folgten dem sanft ansteigenden Wanderweg durch das kleine Dörfchen und dann entlang von Reben und durch lichte Wälder. Nach etwas mehr als einer halben Stunde hatten wir bereits den höchsten Punkt der Wanderung erreicht. Der anschliessende Abstieg führte zunächst einen steilen Zickzack-Weg mit zahlreichen Stufen hinunter; ideales Gelände damit meine Kollegin ihre neu erworbenen Wanderstöcke ausgiebig testen konnte.

Hier oben war die Natur noch nicht ganz so weit wie unten am Lago Maggiore, so dass man durch die Bäume auf den Stausee weit unter uns sehen konnte, der nur langsam näher zu kommen schien. Immer wieder passierten wir kleine Steinhäuser, die teils fast zerfallen, teils zu kleinen Ferienhäuschen umgebaut waren. In einem gemütlichen Tempo wanderten wir in einem stetigen Auf und Ab dem schmalen Hangweg entlang, bis schliesslich nach einer Biegung plötzlich das historische Dörfchen Corippo vor uns auftauchte. Die Erfrischung in der lokalen Osteria mussten wir uns aber mit einem letzten Aufstieg von der Steinbrücke bis ins Dorf hinauf zuerst noch verdienen.

Kurz nach Corippo gelangten wir schliesslich an die Verzasca, deren blau-grünes Wasser einen faszinierenden Kontrast zu den weissen, glatt geschliffenen Felsen bildete. Die abwechslungsreiche Strecke führte über Stock und Stein immer mehr oder weniger direkt am Fluss entlang und meine Kollegin und ich führten eine schon fast philosophische Diskussion darüber, welche Sachverhaltselemente gegeben sein müssen, damit man einen Weg als Weg bezeichnen kann.

Die Wanderung endete an der Ponte dei Salti, die in zwei Steinbögen bei Lavertezzo die Verzasca überspannt. Wir erreichten das Restaurant in Lavertezzo zum Abschlussbier gerade noch vor dem Grüppchen von Siebzigjährigen, die mit uns bereits im Bus nach Mergoscia gefahren waren. Auf dem Rückweg konnte man vom Postauto aus nochmals einen Blick auf die eindrucksvolle Staumauer werfen, die das Verzascatal abschliesst.

Ich bin übrigens optimistisch, dass ich meine Kollegin von der Faszination Bergwandern überzeugen konnte und sie wieder mit mir mitkommt.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag, 8. April 2017
  • Route: Mergoscia - Gresina - Corippo - Oviga di fuori - Lavertezzo
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 40 min (man schafft die Strecke problemlos auch in einer Stunde weniger)
  • Distanz: 8,2 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 390 m


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