Sonntag, 23. April 2017

Sonne, Berge und Treppenstufen ohne Ende

Im Norden tendierten die Temperaturen gegen den Nullpunkt, da drängte sich ein erneuter Abstecher ins Tessin geradezu auf. Dafür stand ich sogar vor sechs Uhr auf, doch die SBB sorgte dafür, dass sich das Frühaufstehen nicht auszahlen sollte: Der EC fuhr bereits zu spät in den Bahnhof ein und erst noch nur der halbe, und diese Hälfte hatte auch noch einen technischen Defekt.

Das Resultat war ein völlig überfüllter Zug und ein Zugführer, der die Fahrgäste mit allen Mittel zu animieren versuchte, doch auf den IC umzusteigen, der eine halbe Stunde später abfuhr. Nachdem sich die Verspätung des EC auf zwanzig Minuten ausgedehnt hatte, hatte er schliesslich auch mich so weit, dass ich den Zug wechselte. Am Schluss kamen beide Züge praktisch zeitgleich in Bellinzona an, so dass unsere Wandergruppe wieder zusammenfand. Den Anschlusszug nach Locarno hatten wir freilich verpasst. Und da der Bus ins Maggiatal nur stündlich fuhr, gab es eine Zwangskaffeepause in Locarno. Zu guter Letzt verpassten wir fast unsere Haltestelle in Avegno, weil diese im SBB-App (Avegno, Paese) anderes benannt war als in der Realität (Avegno, Chiesa).

Schliesslich konnten wir endlich mit unserer Wanderung starten und die Strecke, die Organisator Roli ausgesucht hatte, entschädigte uns für alle Mühen bei der Anreise: Von Avegno aus führte der Weg über zahlreiche Treppenstufen den Wald hoch. Ich kam ziemlich schnell ins Schwitzen, einerseits wegen der Stufen und der Sonne, andererseits weil meine Mitwanderer von Anfang an ein forsches Tempo anschlugen - da war der Spaziergang ins Verzascatal vor zwei Wochen einiges gemütlicher gewesen.

Immer wieder passierten wir kleine Rustici, die zu (abgelegenen) Ferienhäusern umgebaut waren. Oberhalb Monasté - einer solchen Rustici-Siedlung - machten wir Mittagspause und genossen den Blick ins Maggiatal. Danach führte die Strecke eine Weile fast eben der Höhenlinie entlang, bevor ab der Alpe Vegnasca der steile Schlussanstieg entlang der Skipistenschneise folgte. Nach etwas über drei Stunden erreichten wir den Cimetta. Wir erfüllten damit die Vorgaben von Roli, der fürs Mitmachen die Bedingung gestellt hatte, dass man die Strecke in der auf dem Wegweiser angegebenen Wanderzeit absolvieren kann. Wir hatten diese Zeit um fast eine Stunde unterboten, so dass ich optimistisch bin, dass Roli uns wieder mitnimmt.

Nach einem kurzen Fotostopp auf dem Gipfel des Cimettas - die Aussicht auf den Lago Maggiore und die Bergwelt darum herum war phänomenal - ging es bereits weiter. Auf direktem Weg eine sehr steile Weide hinunter erreichten wir die Capanna lo Stallone. Auch dieses Restaurant liessen wir links liegen, der Dessertkuchen war für Monti di Lego geplant. Der abwechslungsreiche Weg dorthin führte immer leicht abwärts dem Hang entlang, der fast senkrecht Richtung Lago Maggiore abfiel.

Als wir in Monti di Lego ankamen, war der selbstgebackenen Kuchen, mit welchem sich das idyllische Grotto rühmt, schon aufgegessen. Ein Bier und das Verweilen an diesem wunderschönen Flecken musste genügen.

Ab Monti di Lego ging es dann nur noch steil abwärts - über Hunderte von Treppenstufen. Nach all den Wanderungen, die ich bisher im Tessin gemacht habe, kann ich sagen, dass die Tessiner Wanderwege grossmehrheitlich aus Treppen bestehen. Ich weiss mittlerweile auch nicht mehr, wer mir mehr Leid tut: Die Arbeiter, die all diese Stufen bauen mussten, oder wir Wanderer, die sie hoch und wieder runtersteigen müssen.

Über 600 Höhenmeter vernichteten wir mit Hilfe dieser Stufen bis Contra. Dort war eigentlich geplant gewesen, den Bus zu nehmen, doch auf den hätten wir eine halbe Stunde warten müssen. Da zogen wir es vor, direkt bis Tenero weiterzulaufen - weitere unzählige Treppenstufen hinunter.

Dafür erreichten wir in Tenero sogar noch den früheren Zug - nur um in Bellinzona wiederum in einen völlig überfüllten EC umzusteigen; vermutlich der gleiche halbe vom Morgen, der in der Zwischenzeit von Mailand zurück war. Auf der Rückfahrt durch den Gotthardtunnel hatte man dann ausreichend Zeit, diese wunderschöne Wanderung Revue passieren zu lassen.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag, 22. April 2017
  • Route: Avegno - Scaladri - Monasté - Alpe Vegnasca - Cimetta - Sceres - Monti di Lego - Contra - Tenero
  • Unsere Wanderzeit: 6 h
  • Distanz: 17,7 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1420 m 







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