Ich sah mich schon das ganze Osterwochenende zu Hause sitzen und im Frust Schokoladenosterhasen essen, als ich zufällig auf ein Angebot der Alpinschule Tödi stiess: Vier Tage Schneeschuhwandern im Wildstrubelgebiet. Also nichts wie los in Wallis!
In Leukerbad war es sonnig und warm, als uns Bergführer Panki in Empfang nahm. Mit der Bahn ging es hinauf auf die Gemmi. Dort pfiff uns zur Begrüssung ein heftiger Wind um die Ohren. In der Ferne sah man dafür bereits unser Tagesziel, die Lämmerenhütte, auf einer Felsterrasse thronen. Der Schneeschuhtrail zur Hütte war gut markiert und führte am Anfang fast flach über den Lämmerenboden. Erst kurz vor der Hütte gab es eine steile Stufe zu überwinden. Eine Gruppe Skitourenfahrer nutze den Steilhang zum Üben der Spitzkehre und wir waren einhellig der Meinung, dass sie noch einiges an Übung brauchen konnten.
Auf dem Steghorn |
Der nächste Morgen brachte Nebel und Wolken, doch wenigstens hatte der Wind nachgelassen. Zwischen Felswänden, die im Nebel auftauchten und wieder verschwanden, stiegen wir entlang des schneebedeckten Steghorngletschers hinauf. Gerade als wir uns den letzten Steilhang hochquälten, trennten sich die Wolkenschichten voneinander und gaben den Blick Richtung Süden frei. Auf dem Steghorn (3'146 m) angekommen, blieb uns genügend Zeit für ein Gipfelfoto mit den Walliser Viertausender im Hintergrund, bevor der Nebel uns wieder einholte. Auf dem Abstieg war die Sicht gleich null und ohne unseren Bergführer hätte ich den Weg zurück in die Hütte nicht gefunden.
Dort kamen wir gerade rechtzeitig an, um eine Rösti zu essen und zu beobachten, wie draussen der Wind wieder auffrischte. Doch bevor wir zum Kuchen übergehen konnten, scheuchte uns Panki nochmals für eine LVS-Übung ins Schneegestöber. Der Schneesturm hielt die ganze Nacht an und auch am nächsten Morgen bliess uns der Wind kalt ins Gesicht, als wir uns auf den Weg zum Wildstrubel machten. Ich hatte meine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und richtete meinen Blick nach unten, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, und sah kaum mehr als die Schneeschuhe der Person direkt vor mir.
Sackgasse Lämmerenplatten |
Damit sassen wir um 9 Uhr schon wieder in der Lämmerenhütte beim Kaffee. Da wir wegen dem Buchungsfehler aber ohnehin Unterkunft wechseln mussten, wurde nichts aus einem faulen Hüttentag. Stattdessen schnallten wir unsere Schneeschuhe bald wieder an und stiegen über die Steilstufe wieder zum Lämmerenboden hinunter. Dort drehten wir uns nach Nordwesten und wanderten ein einsames Tal zur Lämmerenplatten hoch. Diese Route hatte seit dem letzten Schneefall offenbar noch niemand genommen, auf jeden Fall musste unser Bergführer harte Spurarbeit durch den kniehochen Tiefschnee leisten. Dabei wechselten dichter Nebel und (sehr) kurze Aufhellungen nahtlos ab.
Wir hatten den höchsten Punkt der Lämmerenplatten bereits überschritten, als unser Bergführer auch hier die Reissleine ziehen musste: Die schlechten Sichtverhältnisse garantierten im coupierten Gelände keinen sicheren Abstieg. Also nochmals, umkehren, alles wieder zurück. Auf dem Rückweg zeigte sich, wie langgezogen das Seitental war. Nach dreieinhalb Stunden waren wir wieder bei der Steilstufe direkt unterhalb der Lämmerenhütte - und unserem Tagesziel keinen Schritt näher.
Morgenstimmung Schwarenbach |
Die komfortable Unterkunft, welche das Berghotel Schwarenbach bot, entschädigte uns für die zusätzliche Anstrengung, welche die Tourenabbrüche, die Umwege und der Unterkunftswechsel mit sich gebracht hatte.
Ausblick vom Tatelishore |
Ein Blick zurück zeigte aber zahlreiche Tourenskifahrer, die unseren Aufstiegsspuren folgten. Ein ganz dreistes Exemplar, der ohne die Spur von unserem Bergführer den Gipfel vermutlich nicht einmal gefunden hätte, dachte nicht daran, uns die Genugtuung der Erstbesteigung an diesem Tag zu gönnen, sondern überholte uns nur Meter vor dem Gipfel, ohne sich für die Spurarbeit von unserem Bergführer zu bedanken oder uns auch nur zu grüssen. Dass er dann direkt unter dem Gipfel über seine eigenen Skis stolperte und auf die Nase fiel, schien uns ausgleichende Gerechtigkeit für die fehlenden Manieren.
Rückblick zum Tatelishore |
Bei der Rückfahrt mit der Gondelbahn nach Kandersteg waren wir uns alle einig: Auch wenn wir den Wildstrubel auslassen mussten - es war ein gelungenes Wochenende gewesen. Und für mich doch noch ein schöner Saisonabschluss!
Wanderinfos:
- Gewandert: Freitag bis Montag, 30. März bis 2. April 2018 (Osterwochenende)
- Route: Gemmipass - Lämmerenboden - Lämmerenhütte (Freitag); Lämmerenhütte - Steghorngletscher - Steghorn - Steghorngletscher - Lämmerenhütte (Samstag); Lämmerenhütte - Lämmerensee - Lämmerenplatten (Umkehrpunkt) - Lämmerensee - Lämmerenboden - Daubensee - Schwarenbach (Sonntag; ohne Abstecher Richtung Wildstrubel); Schwarenbach - Sagiwald - Unders Tatelishore - Sagiwald - Sunnbüel (Montag)
- Unsere Wanderzeit: 2 h (Freitag); 4 h 20 min (Samstag); 5 h 30 min (Sonntag); 4 h 15 min (Montag)
- Distanz: 4,5 km (Freitag); 9,2 km (Samstag); 13 km (Sonntag); 10 km (Montag)
- Höhenmeter (Aufstieg): 250 m (Freitag); 740 m (Samstag); 350 m (Sonntag); 650 m (Montag)
- Übernachten: Lämmerenhütte SAC (Freitag/Samstag); Berghotel Schwarenbach (Sonntag)
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