Donnerstag, 4. Juli 2019

Gocht: Prekäre Kraxeleien bei brütender Hitze hoch über dem Walensee

@wandernohneende
Ostschweizer Cousine
von Gian & Giachen
An einem der bisher heissesten Tagen des Jahres eine ausgesetzte Kraxeltour an der sonnenausgesetzten Südseite der Kurfirsten unternehmen? Schon der Gedanke daran brachte mich ins Schwitzen. Doch die Beschreibung der Wanderung, welche Nicole geschickt hatte, klang zu gut, um die Einladung abzulehnen. Also packte ich Sonnencreme (Lichtschutzfaktor 50), meinen grössten Sonnenhut, drei Liter Flüssigkeit und meinen Kletterhelm ein und fuhr nach Walenstadtberg. Ziel war der Gocht, ein Übergang vom Walensee ins Toggenburg.

Bei der Reha-Klinik starteten wir die Wanderung, welche zunächst über breite Wege unterhalb der Kurfirsten durchführte. Warm war es von Anfang an und Pause machten wir nur, wenn wir ein Schattenplätzchen fanden. Kurz nach der Alp Säls kam dann die weiss/blau markierte Abzweigung zum Gocht und damit fing der interessante Teil der Wanderung an: Zuerst stiegen wir weglos eine Wiese hoch, bevor uns die Markierungen durch ein zerklüftetes Waldstück führten. Beim Säls Chamm ging es entlang der Falllinie eine mit Felsen und lockerem Gestein durchsetzte, abschüssige Wiese hoch. Oben angekommen musste ich mich erstmal hinsetzen - die Hitze und die Anstrengung setzten mir ziemlich zu. Und von der Karte wusste ich, dass es noch steiler werden würde.

@wandernohneende
Zunächst wurde der Pfad indes etwas flacher. Er traversierte ausgesetzt lockere Schotterfelder direkt unter den senkrechten Felswänden und forderte volle Konzentration beim Aufsetzen der Füsse. Ausrutschen war verboten, denn ein Sturz hätte wohl erst im Walensee geendet, der tief unter uns in der Sonne blitzte.

Schliesslich erreichten wir das Schlusscouloir, welches zwischen zwei Felswänden fast senkrecht den Abhang hochführte. Kurz vor dem Einstieg flog uns ein Stein entgegen - die tierischen Steinewerfer würden wir später noch entlarven. Der lockere Schutt, der in der Aufstiegsrinne lag, gab wenig Halt und wir kraxelten auf allen Vieren den abschüssigen Steilhang hoch, vorsichtig darauf bedacht, nicht selber einen (zu grossen) Steinschlag auszulösen. Eine kurze Rast gab die Möglichkeit, den Tiefblick zum Walensee zu geniessen und wieder Atem zu holen - so hart an meiner Leistungsgrenze war ich schon lange nicht mehr gewesen. Nach einer letzten Anstrengung schafften wir auch noch das restliche Stück und erreichten nassgeschwitzt aber stolz über unsere Leistung den Gocht (1'949 m).

@wandernohneende
Blick zurück ins
Aufstiegscouloir zum Gocht
Im Schatten von ein paar grossen Steinbrocken machten wir Mittagspause. An einem Felsen gegenüber entdeckten wir eine Herde Steinböcke. Sie lagen ebenfalls im Schatten und sprangen nur ab und zu auf, um ein paar Steine das Couloir hinunter zu fliegen zu lassen.

Eindeutig weniger elegant als die Steinböcke machten wir uns schliesslich an den Abstieg. Auf der Nordseite des Übergangs lag noch Schnee und man fühlte sich wie in einer anderen Welt. Am Horizont konnte man den Säntis erkennen - auch er noch mit zahlreichen Schneefeldern bedeckt. Mit jedem Meter, den wir abstiegen, nahm die tropenhafte Hitze zu. Als geradezu bösartig stellte sich bei diesen Temperaturen der kurze Gegenanstieg zum Tritt heraus. Die Aussicht auf ein kühles Getränk bei der Alp Looch trieb mich hoch. Doch zu unserer Enttäuschung wurde daraus nichts, die Alp Looch hatte geschlossen. Also konnten wir erst in Arvenbüel auf unseren Erfolg anstossen und uns mit Glacé abkühlen.

Die Tour war eine der herausforderndsten Wanderungen gewesen, die ich bisher gemacht habe. Nicht nur wegen der Hitze und den Höhenmetern, sondern auch weil der technisch schwierige Teil (T4+) lang ist und sich nicht nur auf ein paar wenige Schlüsselstellen beschränkt.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag, 30. Juni 2019
  • Route: Walenstadtberg, Reha-Klinik - Schönegg - Hochrugg - Schwaldis - Säls - Säls Chamm - Gocht - Tritt - Alp Looch - Egg - Arvenbüel (zwischen Säls und Gocht weiss/blau markiert/T4+)
  • Unsere Wanderzeit: 5 h 10 min
  • Distanz: 14,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'200 m





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen