Donnerstag, 11. Juli 2019

Sardonahütte: Im Hagelsturm auf dem Schneefeld

@wandernohneende
Am Wochenende organisierte Rico eine Tour durch die Tektonikarena Sardona. Wir rechneten von Anfang an mit einem anstrengenden Tag, doch nicht damit, dass das Ganze in einen  Kampf gegen die Elemente ausarten würde. Doch der Reihe nach:

Die Wanderung startete gemütlich mit einer Postautofahrt durch das Weisstannental und dabei kamen Erinnerungen hoch an die Via Alpina-Etappe, auf welcher wir das Tal zu Fuss durchquert hatten und - wenn uns unser Gedächtnis nicht trog -, offenbar in jedem Restaurant eingekehrt waren. Dafür hatten wir dieses Mal keine Zeit, denn der Wegweiser gab die Wanderzeit bis zu unseren Tagesziel, der Sardonahütte, mit sieben Stunden an.

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Wir folgten einem breiten Weg mit einer massvollen Steigung ins Lavtina-Seitental hinein. Dieses endete im Talkessel Batöni, wo drei Wasserfälle die Felswände hinabstürzen und fünf Bäche zusammenfliessen. Die Stelle soll ein Kraftort sein, wovon ich - trotz der unbestreitbaren Schönheit - nicht viel spürte. Wir überquerten die neue Hängebrücke und danach fing der Aufstieg erst so richtig an. Bald waren wir höher als die Wasserfälle. Auf der Alp Valtüsch machten wir eine erste Verschnaufpause - da hatten wir aber noch nicht einmal die Hälfte der Höhenmeter hinter uns. Weiter ging es durch Felder von Alpenrosen, die bereits am Verblühen waren, und über Schneefelder, die noch nicht geschmolzen waren.

Nach dem Heidelpass (2'387 m) flachte der Weg etwas ab und wir konnten einen ersten Blick in das Calfeisental hinunter werfen. Mir gefiel die einsame, rauhe Landschaft sehr. Wir passierten das hübsche Plattenseeli, verzichteten aber auf eine Badepause - die immer dunkler werden Wolken begannen, uns Sorgen zu machen. Wir hatten gerade den Heubützlipass (2'413 m) erreicht, als es anfing zu tröpfeln. Die Sardonahütte war in der Ferne auf einem Felsvorsprung knapp erkennbar; nicht zu übersehen waren dagegen die ausgedehnten Schneefelder, die noch vor uns lagen. Das Tröpfeln verwandelte sich innert wenigen Minuten in strömenden Regen und nur kurz darauf in einen ausgewachsenen Hagelsturm mit heftigen Windböen, begleitet von Blitz und Donner.

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Plattenseeli
Weit und breit gab es keine Möglichkeit, Schutz zu suchen, so dass uns nichts anders übrig blieb, als weiterzumarschieren. Die Hagelkörner schmerzten auf der Haut und es gab Momente, wo ich befürchtete, der Wind würde mich umhauen. Ich konzentrierte mich darauf, auf den rutschigen Schneefeldern das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Wo genau der Wanderweg lag, liess sich teilweise nur erahnen. Der Regen hatte die Bäche anschwellen lassen, so dass auch deren Überquerung zum heiklen Balanceakt wurde. Mittlerweile waren aber meine Füsse so nass, dass es keine Rolle mehr spielte, wenn ich dabei direkt ins Wasser trat.

Als das Unwetter nach einer scheinbaren Ewigkeit endlich nachliess, war die Hütte immer noch fast eine Stunde entfernt. Kalt, dreckig und nass bis auf die Unterwäsche kamen wir dort schliesslich an. Der Hüttenwart begrüsste uns freundlich und zeigte uns direkt die Steinböcke, die etwas oberhalb weideten. Auf unserer Prioritätenliste war die einheimische Fauna in diesem Zeitpunkt aber ziemlich weit unten. Viel wichtiger war uns, wieder trocken und warm zu werden.

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Gigerwaldstausee
Nach dem ersten Bier und einem Teller Suppe ging es aber allen schnell wieder besser und wir konnten uns der Frage widmen, warum unsere Wandererlebnisse mit zunehmendem Alter immer grenzwertiger zu werden scheinen - nach unserer Pfingstwanderung war dies innert weniger Wochen bereits die zweite Wanderung unter heiklen Bedingungen gewesen.

Zum Ausgleich war dann der zweite Tag des Wochenendes geradezu harmlos: Ein steiler Abstieg brachte uns hinunter ins Calfeisental und wir folgten der Tamina das Tal hinaus. Eindrücklich waren die Spuren des Lawinenwinters: Neben niedergedrückten Bäumen waren sogar noch meterhohe Schneereste direkt vor der kleinen Walsersiedlung St. Martin übrig geblieben. Entlang des Gigerwaldstausees ging es schliesslich zur Postautostation, welche sich direkt auf der Staumauer befand. Und bei der Rückfahrt waren wir uns einig: Es war eine dieser Wanderungen gewesen, an welche wir uns noch lange zurück erinnern würden.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 6./7. Juli 2019
  • Route: Weisstannen - Batöni - Alp Valtüsch - Heidelpass - Plattensee - Heubützlipass - Schafälpli - Sardonahütte (Etappe 4 des Sardona-Welterbe-Wegs/ regionale Route Nr. 73) (Samstag); Sardonahütte - Sardonaalp - St. Martin - Gigerwald Staumauer (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 6 h 30 (Samstag); 3 h (Sonntag)
  • Distanz: 16,2 km (Samstag); 12,5 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'800 m (Sonntag); 90 m (Sonntag)
  • Übernachten: Sardonahütte SAC



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