Donnerstag, 2. April 2020

Geltenhütte: Social Distancing auf Schneeschuhen

@wandernohneende
Kurz bevor der Schnee ging und der "Corona-Lockdown" kam, führte mich die - nicht ganz freiwillig - letzte Tour der Saison ins Berner Oberland. Wir starteten "dert hinge bim Louenesee", auch wenn der berühmte See unsichtbar blieb. Der erste Teil der Strecke führte durch den Wald und die Schneeschuhe schleiften immer wieder mit einem ziemlich unangenehmen Geräusch über apere Stellen.

Eine erste Herausforderung stellte sich dann bei einer Bachüberquerung, da von der eigentlich vorhandenen Brücke nur noch ein paar Stahlträger übrig geblieben waren. Auch an der schmalsten Stelle brauchte es einen beherzten Sprung über das rauschende, eiskalte Wasser und ganz ohne nasse Schuhe kam nicht jeder davon. Nachdem wir einen mit einem Lawinenkegel verzierten Steilhang hochgestiegen waren, kam dann bereits das nächste Wasserhindernis: Diesmal in Form eines Wasserfalls, welcher einerseits den Schnee zum Schmelzen gebracht und andererseits eisige Skulpturen gebildet hatte. Diesmal kam das Nass also von oben.

@wandernohneende
Geltenhütte
Kurz darauf tauchte im Nebel bereits die Hütte auf. Von aussen sah die Geltenhütte aus wie eine ältere Alphütte, doch innen überraschte sie mit einem modernen Innenausbau. Nach einer kurzen Mittagspausen im hellen Aufenthaltsraum ging es nochmals hinaus ins trübe Wetter. Ziel war das Schafhore, doch mit jedem Meter, den wir höher stiegen, wurde der Nebel dichter, der Hang steiler und die Sicht schlechter. Das Wetter und die vielen abschüssigen Querungen machten die Sache nicht gerade zu einer Genusswanderung.

Schliesslich waren wir fast 600 Höhenmeter hochgestiegen und nur ein flacher Grat trennte uns noch vom Gipfel, doch weil man den Himmel nicht mehr vom Boden unterscheiden konnte - alles war gleichmässig weiss - blieb uns nichts anderes übrig, als umzukehren. Der harte Schnee machte den Abstieg zwar auch nicht gerade zum Genuss, doch wenigstens waren wir schnell wieder zurück in der warmen Hütte.

@wandernohneende
Schlüsselstelle
Dort zeigte sich, dass man auch in einer SAC-Hütte Social Distancing betreiben kann: Wir waren zu fünft in einem 10er-Schlafsaal untergebracht; zwischen mir und meinem nächsten Bettnachbarn befanden sich drei leere Betten. Die Distanz erwies sich nicht nur nützlich zur Vermeidung einer Ansteckung mit heimtückischen Viren, sondern förderte auch die Schlafqualität - so gut hatte ich noch selten in einem Massenlager geschlafen.

Am nächsten Morgen waren die Wolken verschwunden und hatten nichts als einen strahlend blauen Himmel zurückgelassen. Damit waren die Berggipfel um uns herum anders als am Vortag tatsächlich sichtbar, unter anderem das Wildhorn von hinten, das ich letztes Jahr mit den Schneeschuhen von vorne her bestiegen hatte.

Wir folgten dem Furggetäli und ich genoss die Tour bei idealen Verhältnissen in vollen Zügen, was auch einfacher möglicher war, weil der Anstieg nicht ganz so steil war wie am Tag zuvor. Auf dem Übergang (2'683 m) zwischen Hüenerhürli und Arpelihore hatten wir den höchsten Punkt erreicht und der von der Sonne aufgeweichte Schnee erlaubte eine vergnügliche Rutschpartie auf dem Allerwertesten. Mit dem Abstieg durch ein unberührtes Seitental komplettierten wir die Umrundung des Hüenerhürlis und waren bald wieder zurück in der Hütte.

@wandernohneende
Hüenerhürli
Auf der sonnigen Terrasse genossen nochmals ausgiebig den perfekten Wintertag. Doch dann blieb uns nichts mehr anderes übrig, als den Rückweg nach Lauenen anzutreten. Als Schlüsselstelle stellte sich dabei wieder der Wasserfall heraus, während wir das Brückenproblem umgehen konnten.

Während meine Schneeschuhe kratzend über die freiliegenden Steine schleiften, schien es mir zudem, als hätten sich die aperen Stellen seit dem Aufstieg verdoppelt. Beim Louenensee (wieder ohne Sichtkontakt) war die Tour vorbei und die Zeit gekommen, die Schneeschuhe frühzeitig im Keller zu versorgen.







Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 14./15. März 2020
  • Route: Louenesee (Lauenen Seebüel) - In de Dole - Nüwe Berg - Geltenhütte - Jägerstei - irgendwo südlich des Schafhore - Geltenhütte (Samstag); Geltenhütte - Furggetäli - Pkt. 2683 - Rottal - Geltenhütte - Nüwe Berg - in de Dole - Louenesee (Lauenen Seebüel) (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 45 min (Samstag); 4 h (Sonntag)
  • Distanz: 9,5 km (Samstag); 10 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'250 m (Samstag); 720 m (Sonntag)
  • Übernachten: Geltenhütte SAC



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