Sonntag, 22. Juli 2018

Gletscherwelten, Spaltenstürze, Büsserschnee (Jungfrau-Trekking Teil 1/2)

Büsserschnee
Büsserschnee auf dem Aletschfirn
Mein Bergsommer ging weiter: Auf dem Programm standen fünf Tage Gletschertrekking rund um die Jungfrau. Der Start der Tour lag auf dem Jungfraujoch, mitten in den Schwärmen von japanischen Touristen. Bis Housi, unser Bergführer, alle seine Schäfchen zusammen hatte, dauerte es eine Weile, so dass ich selber auch noch in den Touristenmodus fallen und von Fotospot zu Fotospot tingeln konnte. Als wir schliesslich unsere Klettergurte anzogen, wurden wir dann selber zum beliebten Fotosujet.

Der Jungfraufirn war schneebedeckt, so dass wir ohne Steigeisen gemütlich hinunter wandern konnten. Der Schnee bedeckte aber auch die Gletscherspalten und so konnte ich am eigenen Leib erfahren, wie es ist, in eine Spalte zu treten: Nicht annähernd so schlimm wie gedacht. Da wir eine grosse Seilschaft waren, fiel man kaum weiter als bis zu den Hüften und ausser nassen Füssen (und einem leicht angekratzten Ego) gab es keine Nachwirkungen.

Bald schon kam hoch oben im Fels die Konkordiahütte in Sicht und damit auch das "Dessert" der Wanderung: Der Hüttenaufstieg über 467 luftige Treppenstufen. Beim Hochsteigen blickte man zwischen den Füssen die senkrechte Felswand hinunter, ein guter Test für die eigene Schwindelfreiheit.
Aussicht von der Terrasse der Konkordiahütte
Die einmalige Lage der Konkordiahütte war die Anstrengung mehr als Wert. Bei schönstem Wetter sassen wir auf der Terrasse an der Sonne und genossen den spektakulären Blick auf die eindrückliche Gletscherlandschaft.

Treppe zur Konkordiahütte
Am nächsten Morgen mussten wir zunächst die 467 Treppenstufen wieder absteigen. Dann überquerten wir das riesige Eisfeld des Konkordiaplatzes, wo Aletsch- und Jungfraufirn mit dem Ewigschneefeld zusammentreffen und den Ursprung des Grossen Aletschgletscher bilden. Der Gletscher war aper, so dass nicht die Spalten das Problem waren, sondern die zahlreichen Pfützen und kleineren und grösseren Rinnsale, welche sich auf dem schmelzenden Eis gebildet hatten. Ganz ohne nasse Füsse kam an diesem Tag niemand davon.

Beim Aufstieg über den Aletschfirn lernte ich dann ein neues Wort: "Büsserschnee". Der Begriff bezeichnet ein Zackenmuster aus unzähligen Hügeln und Tälern, welches der Schnee bei starken Temperaturschwankungen bildet. Das Ganze war hübsch anzusehen und erinnerte mich an eine Tortenverzierung - zum Wandern war es aber die reinste Tortour: Die sulzigen Hügelchen fielen zusammen, sobald man darauf trat und man hatte das Gefühl, jeden Höhenmeter zweimal machen zu müssen. Am Horizont hoch über der Lötschenlücke sah man die Hollandiahütte, die nicht näher zu kommen schien.

Als wir die Hütte endlich erreicht hatten, wurden wir vom nepalesischen Hüttenhelfer bereits erwartet. Wir waren fast die einzigen Gäste an diesem Abend und nahmen daher den Gastraum sofort in Beschlag. Beim Kartenspiel liessen wir den Tag ausklingen und ich stellte fest, dass Jassen mit Deutschweizer Karten fast so herausfordernd ist wie Büsserschnee.


Die Fortsetzung der Tour gibt es hier.



Wanderinfos:
  • Gewandert: Montag - Freitag, 16. - 20. Juli 2018
  • Route: Jungfraujoch - Jungfraufirn - Konkordiahütte (Montag); Konkordiahütte - Konkordiaplatz - Aletschfirn - Hollandiahütte (Dienstag)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 30 min (Montag); 4 h 45 min (Dienstag)
  • Distanz: 8,7 km (Montag); 9 km (Dienstag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 200 m (Montag); 560 m (Dienstag)
  • Übernachten: Konkordiahütte SAC (Montag); Hollandiahütte SAC (Dienstag)



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen