Sonntag, 29. Juli 2018

Lange Abstiege, steile Aufstiege und noch mehr Büsserschnee (Jungfrau-Trekking Teil 2/2)

Jungfrau im Morgenlicht
Das fünftägige Gletschertrekking ging ohne Pause weiter: Von der Hollandiahütte stiegen wir durch die Lötschenlücke und über den Langgletscher ins Lötschental ab. Auch hier erwartete uns wieder Büsserschnee, doch am Morgen waren die Schneehügelchen noch leicht gefroren und mit den Steigeisen im Vergleich zum Vortag geradezu mühelos zu begehen.

Wirklich lang ist der Langgletscher im Übrigen nicht (mehr). Schon bald konnten wir die Steigeisen ausziehen und kraxelten über die vom Gletscher glattgeschliffenen Felsen. Dabei stiessen wir auf eine Strahlerhöhle und wurden augenblicklich vom Kristallfieber gepackt, das uns im vom Strahler zurückgelassenen Schutt nach übersehenen Kristallen wühlen liess. Die Ausbeute war indes bescheiden.

Langgletscher
Eine kurze Abseilaktion später liessen wir Schnee und Eis definitiv hinter uns und stiegen in das immer grüner werdende Lötschental ab. Auf der wunderschönen Terrasse der Anenhütte machten wir Mittagspause. Die Anenhütte ist offenbar auch ein beliebtes Ziel für einen Tagesausflug, auf jeden Fall war es es plötzlich vorbei mit der Einsamkeit und wir mussten die Wege mit zahlreichen Mitwanderern teilen.

Die Nacht verbrachten wir im Hotel Fafleralp und niemand protestierte, dass man zur Abwechslung wieder warm duschen konnte. Das Hotel kann mit einer hervorragenden Küche aufwarten - nach der langen Wanderung war uns aber die Quantität wichtiger als die Qualität, doch der Küchenchef hatte schliesslich Erbarmen mit uns hungrigen Bergwanderern und gewährte uns einen grosszügigen Nachschlag.

Über den Büsserschnee zum Petersgrat
Am nächsten Tag stand dann die längste und anstrengendste Etappe der Tour an. Nachdem wir bis dahin mehrheitlich abgestiegen waren - dem hohen Startpunkt auf dem Jungfraujoch sei Dank - stand nun ein Aufstieg von 1'400 Höhenmeter an. Die Route gab uns auch keine Möglichkeit zum langsamen Warmlaufen, denn flach waren höchstens die ersten paar Meter, bis wir die (junge) Lonza überquert hatten und ins Uisters Tal einbogen. Dann ging es nur noch aufwärts, je länger je steiler. Hoch über uns sahen wir bereits die weisse Krete des Petersgrates.

Auf dem Petersgrat befindet sich auch ein Helikopterlandeplatz, entsprechend geschäftig ging es in der Luft zu und her. Gut zweihundert Höhenmeter unter dem Grat erreichten wir den Firn, welcher - wer mag das noch erstaunen - ebenfalls dicht mit Büsserschnee bedeckt war. Soviel kann man gar nicht sündigen, wie wir in dieser Woche büssen mussten!

Direkt neben dem Helikopterlandeplatz (der nicht mehr ist als ein Pfosten im Schnee) erreichten wir den Kamm, welchem wir bis zum höchsten Punkt des Petersgrates (3'202 m) folgten. Dieser bot einen ungewohnten Blick auf die felsige Rückseite der Blüemlisalp. Auf dem Petersgrat hatten wir auch die Kantonsgrenze überschritten und auf der Berner Seite ging es hinab bis zur Mutthornhütte.

Der Hüttenwart begrüsste uns mit Tee und wir hatten nicht nur die Terrasse, sondern die ganze Hütte für uns. Auf den Liegestühlen tranken wir das wohlverdiente Bier und sahen den vorbeiziehenden Wolken zu. Eine tolle Aussicht auf den Petersgrat und Kanderfirn bot übrigens nicht nur die Terrasse, sondern auch die neue Toilette der Hütte.

Abstieg ins Lauterbrunnental
Am nächsten Morgen brach bereits der letzte Tag des Trekkings an. Das letzte Mal montierten wir die Steigeisen und stiegen über den Tschingelfirm ab, immer direkt auf die Jungfrau zuhaltend, die wir in dieser Woche fast umrundet hatten. Als wir den aperen Teil des Gletschers erreichten, hatten wir auch den Büsserschnee endgültig hinter uns gebracht - ich werde vermutlich noch wochenlang von Schneehügeln träumen. Kurz darauf hörte der Gletscher ganz auf und wir wanderten über die Endmoräne dem Lauterbrunnental entgegen.

Je tiefer wir kamen, desto grüner und vielfältiger wurde die Vegetation und desto mehr holte uns auch die sommerliche Hitze ein. Beim Zwischenhalt auf der Terrasse des Bergrestaurant Obersteinberg tauschte ich meine Hochtourenhosen gegen Shorts.

Entlang von Wildbächen und unzähligen Wasserfällen, die von allen Seiten ins Tal hinabstürzten, erreichten wir schliesslich Stechelberg und beim Abschlussbier im schattigen Garten des Restaurants Stechelberg liessen wir die fünf Tage Revue passieren. Mein Fazit: Es war eine wunderschöne Tour gewesen durch eine spektakuläre Berg- und Gletscherwelt bei bestem Bergwetter! Und ohne den Büsserschnee wäre sie (fast) zu wenig anstrengend gewesen.

Den ersten Teil des Trekkings findet sich hier.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Montag - Freitag, 16. - 20. Juli 2018
  • Route: Hollandiahütte - Lötschenlücke - Langgletscher - Fafleralp (Mittwoch); Fafleralp - Uisters Tal - Üsser Talgletscher - Petersgrat - Mutthornhütte (Donnerstag); Mutthornhütte - Tschingelfirn - Obersteinberg - Stechelberg (Freitag)
  • Unsere Wanderzeiten: 4 h 30 min (Mittwoch); 6 h (Donnerstag); 4 h 30 min (Freitag)
  • Distanz: 11,9 km (Mittwoch); 12 km (Donnerstag); 14 km (Freitag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 150 m (Mittwoch); 1'400 m (Donnerstag); 120 m (Freitag)
  • Übernachten: Hotel Fafleralp, Fafleralp (Mittwoch); Mutthornhütte SAC (Donnerstag)





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