Donnerstag, 20. Juni 2019

Schneefelder im Regen - Grenzwertiges Finale auf der Via Alpina (19. + 20. Etappe Via Alpina)

@wandernohneende
"Bei jedem Wetter" war von Anfang an das Motto all unserer Wanderprojekte gewesen. Insbesondere Regen hatte uns nie vom Wandern abgehalten und gerade auf dem ersten Drittel der Via Alpina hatten wir ausgiebig testen können, wie wetterfest wir wirklich waren. Daher passte es irgendwie, dass auch das Finale der Via Alpina im Zeichen des Regens stand.

Bereits beim Frühstück konnte man durch ein grosses Fenster dem Regen zusehen. Wir gönnten uns schliesslich für die kurze Strecke von unserer Unterkunft in L'Etivaz nach La Lécherette den Bus. Dann spannten wir unsere Regenschirme auf und machten uns auf, ein weiteres Mal dem Wetter zu trotzen.

Unsere Route führte zunächst hoch über dem Lac de l'Hongrin durch und am grauen Horizont tauchte schon bald unser Ziel, der Rochers de Naye, auf. Vor dem Aufstieg dorthin mussten wir zunächst aber den Abstieg durch eine abschüssige, durchweichte und sehr matschige Kuhweide meistern. Am Schluss klebte der Dreck zentimeterdick an den Sohlen unserer Wanderschuhe.

@wandernohneende
Lac de l'Hongrin mit
Rochers de Naye (rechts)
Da sich der Regen auch zur Mittagszeit keine Auszeit nahm, machten wir im Schutz einer grosser Tanne Pause. Danach folgte der letzte Aufstieg der Via Alpina. Am Col de Chaude galt es einen unmarkierten Abzweiger nicht zu verpassen, und da sich unsere Gruppe im Nebel teilweise aus den Augen verloren hatte, war eine Weile unklar, ob wirklich alle auf dem richtigen Weg waren - doch am Schluss erwischten alle die richtige Kurve.

Der nachfolgende Aufstieg über einen Grat hätte bei schönem Wetter sicher eine beeindruckende Aussicht geboten. Bei Wolken und Regen sah man indessen nur ein paar Meter weit und ohnehin galt unsere ungeteilte Aufmerksamkeit dem ausgesetzten, nassen Pfad. Bei einer besonders abschüssigen Stelle, wo ein Teil des Wegs abgerutscht war, kamen uns die ersten Bedenken, wie sicher die Wanderung bei diesen Wetterbedingungen war.

@wandernohneende
Wolkige Abendstimmung über
dem Genfersee
Diese Bedenken verstärkten sich merklich, als wir die Nordseite des Grats erreichten und plötzlich oberhalb eines steilen, schneebedeckten Abhangs standen, dessen genaue Ausmasse durch den Nebel verdeckt wurden. Nachdem wir uns zunächst von Fussspuren im Schnee zu einer Querung des ersten Schneefeldes verleiten liessen, fanden wir schliesslich doch noch einen Weg um den Schnee herum. Eine luftige Treppe durch den schneebedeckten Kräutergarten ersparte uns das zweite Schneefeld, doch dann - das Ziel war bereits in Sichtweite - gab es keine Alternativen mehr, als durch Schnee zu stapfen. Die Wolken hatten sich unterdessen zumindest so weit gelichtet, dass wir sehen konnten, dass ein Sturz nicht über einer Felswand, sondern in einem Lawinennetz geendet hätte.

Nass, dreckig und leicht unterkühlt kamen wir schliesslich auf dem Rochers de Naye (1'967 m) an. Mit der Bahn ging es zu unserer Unterkunft etwas unterhalb des Gipfels. Die Herberge war eine etwas seltsame Mischung aus einem sehr gediegenen Restaurant, für welches wir  - selbst nachdem wir unsere nassen und dreckigen Kleider gewechselt hatten - nicht schick genug angezogen waren, und einem sehr rudimentären Hotel, wo wir uns zu zwölft eine einzige, sehr dürftige Etagendusche teilen mussten.

@wandernohneende
Gorge du Chauderon
Am nächsten Morgen zog es die Hälfte unserer Gruppe vor, mit der Bahn nach Montreux hinunter zu fahren. Der Rest beschloss, die Via Alpina - trotz Starkregenwarnungen - zu Fuss zu beenden. Und wir wurden für unsere Unerschrockenheit belohnt! Nicht nur gab es kurze sonnige Abschnitte, die sogar einen Blick auf den Genfersee erlaubten, sondern die Gorge du Chauderon bescherte uns einen unerwarteten Höhepunkt zum Abschluss: Die senkrechten Felswände der tiefen Schlucht waren mit einer üppigen grünen Vegetation überzogen, so dass wir uns in einem tropischen Regenwald wähnten.

In Montreux stiessen wir schliesslich auf unseren Via Alpina-Erfolg an: 3 Jahre, 6 Kantone, 14 Alpenpässe, 390 Kilometer und über 20'000 Höhenmeter - quer durch die Schweiz von Vaduz bis Montreux. Wir hatten es geschafft!





Wanderinfos:
  • Gewandert: Sonntag/Montag, 9./10. Juni 2019 (Teil 2 Pfingstwochenende 2019)
  • Route: Le Lécherette - Col de Sonlomont - La Marmette - Col de Chaude - Plan d'Areine - Rochers de Naye (Sonntag); Haut-de-Caux - Glion - Gorge du Chauderon - Montreux (Montag) (Etappen 19 und 20 der Via Alpina/ nationale Route Nr. 1)
  • Unsere Wanderzeit: 6 h 10 min (Sonntag); 2 h (Montag)
  • Distanz: 19,5 km (Sonntag); 6,5 km (Montag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'450 m (Sonntag); 80 m (Montag)
  • Übernachten: Hotel Le CouCou, Haut-de-Caux
  • Alle Etappen der Via Alpina gibt es hier


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