Donnerstag, 8. September 2022

Yaks am Mittaghorn

@wandernohneende
Nach zwei Wochenenden ohne Wandern wurde es mir so langweilig, dass ich anfing, meinen Parkettboden zu polieren. Es war also höchste Zeit, dass ich wieder in meine Wanderschuhe schlüpfte, bevor ich auch noch anfing, meine Fenster zu putzen. Da traf es sich gut, dass bei einer von Ivans Wanderungen - normalerweise hoffnungslos ausgebucht - kurzfristig ein Platz frei wurde. 

Der Treffpunkt war in Elm, ganz hinten im Glarnerland. Es war nicht das erste Mal, dass mich eine Wanderung nach Elm führte, aber es war das erste Mal, dass ich dabei das berühmte Martinsloch zu Gesicht bekam - bei früheren Besuchen hatte es sich immer hinter Wolken versteckt.

@wandernohneende
Unser Gipfelziel, das Mittaghorn, konnte man von Elm aus bereits sehen. Etwas länger dauerte es, bis wir den Einstieg in den Aufstieg fanden, denn der Abzweiger zur fast unsichtbaren Wegspur in einer Wiese war nicht markiert. Beim dritten Anlauf klappte es schliesslich und ab da war die Routenfindung einfach: Es ging immer nur aufwärts. In schier endlos scheinenden engen Kurven wand sich der Weg ein steiles Waldstück hoch, teilweise überraschend ausgesetzt. Damit hatten wir eigentlich erst im zweiten Teil der Wanderung gerechnet, doch alle etwas heikleren Stellen waren gut mit Ketten gesichert.

Nassgeschwitzt kamen wir auf dem Firstboden an. Dort befand sich ein einladender Rastplatz mit einer tollen Aussicht über das Sernftal, den wir zu einer ausgiebigen Pause nutzten. Hier verliess uns unser Organisator, der - gesundheitlich angeschlagen - den direkten Zustieg zur Martinsmadhütte nehmen wollte.

@wandernohneende
Ganz führungslos machten wir uns also an den weiss/blau-markierten Teil der Wanderung. Steil und ausgesetzt blieb es weiterhin. Zunächst über eine Grasnarbe, dann über einige felsige Stufen ging es immer höher. Ohne den mässigenden Einfluss von Ivan steigerte sich das Wandertempo ins Unvernünftige und meine Pulsuhr meldete Herzfrequenzen im roten Bereich.

Von einem Absatz hoch über uns schaute plötzlich eine haarige Gestalt auf uns herunter. Beim Näherkommen stellte sich heraus, dass der strubbelige Kopf einem Yak gehörte, das sich zusammen mit ein paar Kollegen auf dem schmalen Gratweg bequem gemacht hatte und keine Anstalte machte, den Weg für uns freizugeben. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als in die abschüssige Bergflanke auszuweichen, um den Yaks und ihren imposanten Hörnern auszuweichen.

Weiter ging es in leichter Kraxelei über die Felsen. Ein Aufstieg, der Spass machte und dank der griffigen Felsen auch an den ausgesetzten Stellen immer guten Halt bot. Ich hatte im Internet ein Foto mit vier Metallbolzen gesehen, die scheinbar horizontal aus einer senkrechten Felswand hervorstanden, und ich hatte mich schon unsicher darüber balancieren sehen. In natura war die Wand nicht senkrecht und die Bolzen oberhalb einer schmalen, aber gut begehbaren Trampelspur angeordnet, um sich daran festzuhalten. Im Rückblick waren die Yaks das grössere Hindernis gewesen.

@wandernohneende
Ein letzter Aufschwung brachte uns schliesslich aufs Mittaghorn (2'415 m), das sich eher als Grat denn als Horn entpuppte. Wir setzen aufgereiht auf einer Linie auf den Grat und bestaunten die Glarner Bergwelt um uns herum.

Für den Abstieg folgten wir zunächst noch ein kurzes Stück dem Grat, bevor wir nach links in den stotzigen Hang hinein abbogen. Lockerer Schotter bedeckte den Weg und erforderte meine ganze Aufmerksamkeit. Im Talkessel unter uns musste irgendwo die Martinsmadhütte, unser Tagesziel, liegen, doch sie versteckte sich hartnäckig hinter einem grossen Felsen. Als wir sie schliesslich erreichte, wartete dort nicht nur Ivan sondern auch ein kühler Most und leckerer Kuchen auf uns. 

@wandernohneende
Am nächsten Tag schloss ich mich dem kleinen Grüppchen an, das sich für den direkten Abstieg nach Elm entschieden hatte. Der Hüttenweg - weiss/rot markiert - entpuppte sich dabei als kaum weniger steil und ausgesetzt als die Strecke über das Mittaghorn. Sehr schön war dann der Weg durch die eindrückliche Schlucht, in welcher sich der Tschinglenbach tief in den Fels gegraben hatte.

Kurz vor Mittag waren wir bereits zurück in Elm. Wenn man die Wanderung mit der Tschinglenbahn abkürzt, lässt sich die Tour über das Mittaghorn auch an einem Tag machen.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 13./14. August 2022
  • Route: Elm - Gschwänd - Firstboden - Gandstock - Mittagshoren (T4) - Martinsmadhütte (Samstag); Martinsmadhütte - Tschinglen - Töniberg - Elm (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 10 min (Samstag); 2 h 40 min (Sonntag)
  • Distanz: 8,4 km (Samstag); 8 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'500 m (Samstag); 80 m (Sonntag)
  • Übernachten: Martinsmadhütte SAC
@wandernohneende
Wanderung Mittagshorn Samstag


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen