Der Ausgangspunkt der Wanderung war das kleine Dörfchen Dalpe im der oberen Leventina, welches wir nach einer kurvigen Postautofahrt erreichten. Wir wanderten - zunächst nur sanft ansteigend - in das Val Piumogna hinein, immer entlang des kleinen Flüsschens, welches dem Tal den Namen gegeben hatte. Ein lichter Lärchenwald - noch hatten sich die Nadeln der Bäume nicht gelb verfärbt - umgab uns und zunächst schien auch die Sonne, genauso wie ich mir das vorgestellt hatte. Die hohen, spitzen Berggipfel um uns herum waren aber bereits vom Schneefall der letzten Tage weiss gepudert.
Auf einer Felsterrasse über uns kam schliesslich die Hütte in Sicht. Der Schlussanstieg führte über zahlreiche Bäche, die als kleine Wasserfälle die Felsen hinunterrauschten.
Die Capanna Campo Tencio (2'140 m) hat eine sehr schöne Terrasse, die aber vollkommen verlassen war, als wir sie erreichten. Die fehlende Sonne, die Kälte und ein aufkommender Wind verhinderten das Apéro im Freien - wir verlegten es in die warme Gaststube. Dabei mussten wir uns mit Weisswein begnügen - der Rotwein war ausgegangen und so kurz vor Saisonende gab es offenbar keinen Nachschub aus dem Tal mehr.
Am nächsten Tag versteckte sich die Sonne komplett hinter tiefliegenden Wolken, welche auch die zahlreichen Gipfel um uns herum die meiste Zeit verbargen. Der Tag begann direkt mit einem Aufstieg zum Lago di Morghirolo, in dessen Oberfläche sich die umliegenden Hänge auf eine Weise spiegelten, dass man kaum zwischen Felsen und Wasser unterscheiden konnte.
Weiter ging es zur verlassen liegenden Alpe Lei di Cima. Danach folgten ausgedehnte Blockfelder und zwei namenlose Passübergänge. Damit war der höchste Punkt der Wanderung überschritten und es ging nur noch abwärts: Ein abschüssiger, gewundener Pfad führte hinunter zum Lago di Leìt, an dessen Ufer die Capanna Leìt lag, für welche das Saisonende offenbar bereits eingetreten war.Über dem See wand sich ein weisses Band durch die Felsen. Wir wunderten uns zunächst, ob es sich um Gletscherreste oder ein Schneefeld handelte. Erst beim Näherkommen entpuppte es sich als weisse Gesteinsschicht. Während wir die Alpe Campolungo umrundeten, passierten wir immer wieder Stellen, welche mit diesem weissen, zuckerartigen Gestein bedeckt waren. Man fühlte sich wie an einem weissen Sandstrand, nur das Meer fehlte (und die Sonne). Eine Infotafel informierte uns schliesslich, dass es sich um Dolomitmarmor handelt. Das körnige, unstabile Gestein hat während des Baus des Gotthardbasistunnels zweifelhafte Berühmtheit in der sogenannten Piora-Mulde erlangt.
Das letzte Stück der Wanderung führte dann auf einem breiten Weg zum kreisrunden Lago Tremorgio hinunter. Dort setzten wir uns doch noch auf die Terrasse - nicht zum Apéro, sondern für eine heisse Suppe, die es aber kaum schaffte, uns aufzuwärmen. Mit der Gondel ging es schliesslich zurück in die Leventina hinunter nach Rodi.
Wanderinfos:
- Gewandert: Samstag/Sonntag, 5./6. Oktober 2024
- Route: Dalpe - Piumogna - Sgnòi - Alpe Crozlina - Capanna Campo Tencia (Samstag); Capanna Campo Tencia - Lago di Morghirolo - Cassine Lei di Cima - Lago di Leìt - Passo Vanit - Lago Tremorgio - Capanna Tremorgio (Sonntag)
- Unsere Wanderzeit: 3 h (Samstag); 4 h (Sonntag)
- Distanz: 7,2 km (Samstag); 8,3 km (Sonntag)
- Höhenmeter (Aufstieg): 980 m (Samstag); 560 m (Sonntag)
- Übernachten: Capanna Campo Tencia CAS