[Samstag, 22.7.2017; Nallo - Sälka; 11 km] Am nächsten Tag verliessen wir die gemütliche Nallo-Stugan und folgten weiter dem Tal, das leicht anstieg und sich dann zu einer breiten Ebene ausweitete. Eine schier endlose Weite aus Schnee und Geröll lag vor uns. Die Schneefelder waren noch hart und damit gut zu überqueren. Sumpf gab es nur an Stellen, wo der Schnee schon geschmolzen war und unzählige Rinnsale aus Schmelzwasser zurückgelassen hatte. Im Vergleich zum Matsch von anfangs Woche eigentlich nicht der Rede wert. Am Morgen schien die Sonne und wir waren schon kurz davor, uns über die Hitze zu beklagen, wenn die Erinnerungen an den Regen und die Kälte nicht noch so lebhaft gewesen wären.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir das Ende der Hochebene und während des kurzen Abstiegs sah man unten im Tal, am Kopfende eines ausgedehnten Sees, bereits die nächste Hütte. Die Sälka-Stugorna lag wieder direkt am Kungsleden, entsprechend voll war die Hütte - und die Sauna. Zudem waren im kleinen Laden sämtliche Haferflocken ausverkauft, was vor allem Steffi, welche uns jeden Morgen mit Porridge versorgte, Sorgen machte. Sie musste schliesslich für die nächsten Tage auf Pancakes mit Nutella ausweichen - ich war untröstlich.
Dafür konnte Sälka mit einer Horde fast zahmer Schneehühner aufwarten, die sich in einem Stapel Birkenholz eingerichtet hatten.
[Sonntag, 23.7.2017; Sälka - Hukejaure; 24 km] Als ich vor meiner Abreise meinen Freunden von meinen Ferienplänen erzählte, kam jedesmal die Warnung vor riesigen Mückenschwärmen. Nach den ersten paar Wandertagen hatte ich zwar einzelne Mückenstiche, doch eigentlich fand ich das Ganze harmlos. Das änderte sich ab der langen Etappe nach Hukejaure, wo ich mehr Anti-Brumm verbrauchte als die Tage zuvor zusammen genommen.
Wir verliessen wieder den Kungsleden und stiegen in ein grasbewachsenes Seitental auf und passierten einen tiefblauen See nach dem anderen. Um die Talseite zu wechseln, galt es wieder einmal, einen Fluss zu durchqueren. Mir froren die Zehen bereits beim Blick auf das breite Flussbett fast ab, doch dieses Mal empfand ich die Durchquerung gar nicht so schlimm: Entweder wurde durch das schöne Wetter das Wasser wärmer oder ich hatte mich mittlerweile daran gewöhnt - oder meine Kältenerven in den Zehen waren bereits abgestorben.
Bei einer Pause entdeckten wir auf einem Schneefeld am Berghang gegenüber eine Herde Rentiere. Offenbar suchen sie Schneefelder auf, weil es dort weniger Mücken geben soll. Eine Theorie, die ich nicht bestätigen kann: An diesem Tag musste ich das erste Mal in meinem Leben mitten in einem Schneefeld einen Angriff von ausgehungerten Mücken abwehren.
Nach einer letzten Steigung öffnete sich der Blick auf eine mit Wasser und Schnee durchzogenen Ebene. Wo genau das Wasser aufhörte und der Schnee anfing, war nicht immer klar. Die Hukejaure-Stugan lag auf einem Felsen direkt über einem See und man hatte bereits klare Sicht auf die norwegischen Berge, so nahe an der Grenze waren wir.
Die Hütte hatte keine Sauna und um sich zu waschen, musste man in den Sandalen ein Schneefeld zum See hinab rutschen, um sich dann der eigentlichen Herausforderung zu stellen: Sich schneller aus- und anziehen, als die Mücken zustechen konnten. Ich versagte kläglich.
[Montag, 24.7.2017; Hukejaure - Singi; 22 km] Am Morgen lag eine dünne Eisschicht auf dem See, aus welchem man das Wasser für den Kaffee holte. Eine weitere lange Etappe lag vor uns und Steffi führte uns sicher durch ein einsames Tal, entlang von unzähligen, teilweise noch eis- und schneebedeckten Seen. Die Strecke war meist weglos und nur spärlich markiert, wobei man nicht immer ganz sicher war, ob es sich bei den Steinhaufen um eine Wegmarkierung handelte oder ein Überbleibsel aus der letzten Eiszeit.
Schliesslich sahen wir tief unter uns das grüne Haupttal, in welchem sich mäanderartig ein breiter Fluss ausgebreitet hatte. Über zahlreiche Terrassen stiegen wir immer tiefer herunter und von weitem sahen wir bereits die nächste Hütte.
Singi liegt an einem Knotenpunkt des Kungsleden, viele Wanderer starten bzw. hören hier auf. Entsprechend voll war die Hütte, bereits in der Nacht zuvor hatte der Hüttenwart fast doppelt so viele Leute unterbringen müssen, wie er Betten zur Verfügung hatte. Dank zusätzlichen Matratzen auf dem Boden fanden schliesslich alle einen Schlafplatz. Da Singi ebenfalls nicht über eine Sauna verfügt, blieb mir nichts anderes übrig, als es für die abendliche Wäsche erneut mit den Mücken am Bach aufzunehmen. Als Entschädigung für die Enge und die Mücken gab es vom Küchenfenster aus direkte Sicht auf zwei Elche, die den Fluss durchschwammen.
Hier geht's weiter auf dem Kungsleden => Teil 5: Flüsse, Seen und Blasen an den Füssen
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