Donnerstag, 26. September 2019

Mondlandschaft am Kistenpass

@wandernohneende
Kurz vor dem Kistenpass
Es war Zeit für meinen Beitrag zum Wanderprojekt 2019 mit dem wenig eingängigen Namen "2K19:NIL2R". Ich hatte mir den Kistenpass ausgesucht, der das Bündner- mit dem Glarnerland verbindet, ohne viel über die Wanderung oder die Gegend zu wissen. Und ohne mir selbst zu sehr auf die Schulter zu klopfen: Ich hatte sehr gut gewählt.

Nach einer langen Anfahrt durch die Rheinschlucht kamen wir in Brigels an und bevor wir loswandern konnten, deckte sich die halbe Gruppe noch mit Bündner Nusstorte ein, so dass ich Mühe hatte, meine Mitwanderer in Bewegung zu versetzen. Doch als es schliesslich soweit war, kamen wir zügig voran. Zuerst führte der Wanderweg entlang des bewaldeten Ufers des Flems, der die Steine hinabrauschte. Die sanfte Steigung verwandelte sich erst in eine ruppige, als wir vom Bach abbogen und eine steile Weide hochsteigen mussten. Von einem Kreuz, welches auf einem ausgesetzten Absatz stand, hatte man einen schönen Blick hinunter ins Tal und auf die umliegenden Gipfel, welche von Firnfelder geschmückt waren. Kurz danach hatten wir zwar das steilste Stück hinter uns, doch waren noch weit weg vom höchsten Punkt des Tages.

@wandernohneende
"Leitern" zur Kistenpasshütte
©Nicole
Die Vegetation wurde spärlicher und die warme Herbstsonne, die am wolkenlosen Himmel stand, brachte uns ins Schwitzen. Ein Wegweiser zur Bifertenhütte versprach Eiscreme in nur zehn Minuten Entfernung, doch wir blieben unbeirrt auf unserem Weg im Glauben, dass der Kistenpass auch nicht mehr weit seit konnte. Doch diese Wahrnehmung trog eins ums andere Mal: Jeden Mal wenn ich dachte, der nächste Absatz sei der höchste Punkt, tauchte dahinter eine weitere, noch höhere Stufe auf. Wir befanden uns in einer Wüste aus Fels und Stein und wir wähnten uns auf dem Mond. Die Kargheit und Abgeschiedenheit der Gegend war grandios.

Der Kistenpass (2'640 m) selber war dann eher unspektakulär, zumal ein heftiger Wind über die Kante blies. Wir gingen daher direkt weiter bis zur Kistenpasshütte, die einem Adlerhorst gleich in der Felswand klebt. Die Hütte war zwar bereits geschlossen, doch auf der Terrasse waren wir vom Wind geschützt, so dass wir eine ausgiebige Pause mit Aussicht auf Limmerensee (direkt steil unter uns) und Muttsee (etwas weiter entfernt) geniessen konnten. Die beiden Stauseen sind Teil des Pumpspeicherwerks Limmern. Ebenfalls gut sichtbar war die Muttseehütte, das Ziel des Tages. Um sie zu erreichen, ging es zunächst einen schottrigen Steilhang hinunter, bevor uns ein kurzer Gegenanstieg zur Hütte hinauf brachte.

@wandernohneende
Limmerensee
Die Muttseehütte war bis auf den letzten Platz besetzt, offenbar wollte jeder das schöne Herbstwochenende für eine letzte Bergtour nutzen. Am nächsten Tag hingen zunächst die Wolken über den umliegenden Gipfeln. Wir hatten einen langen Abstieg vor uns. Ich hatte im Internet gelesen, dass die kettengesicherte Strecke über Chalchtrittli ausgesetzt und nur für schwindelfreie Berggänger geeignet sei. Beim Frühstück erzählte uns zudem eine Frau, welche den Weg am Vortag begangen hatte, dass dies eines ihrer schlimmsten Erlebnisse gewesen sei und sie auf keinen Fall den gleichen Weg wieder hinabsteigen würde. Meine Mitwanderer konnte man mit Geschichten über ausgesetzte, kettengesicherte Wege eher begeistern denn abschrecken.

Zum Schluss waren wir dann aber etwas enttäuscht. Zwar war der Abstieg teilweise tatsächlich steil und auch ausgesetzt mit unversperrtem Blick bis in den Talgrund, doch der Weg war immer genügend breit und verursachte zumindest bei mir keine weichen Knie. Die Ketten waren zudem teilweise so tief angebracht, dass sie ohnehin keine grosse Hilfe gewesen wären. Bei Kalktrittli nahmen wir die Seilbahn bis Tierfehd und brauchten so für die weiteren 1000 m Abstieg nur sieben Minuten.

Zum Ausklang marschierten wir entlang der Linth, die hier gletschergrau durch das Tal fliesst, bis nach Linthal. Dort kamen wir gerade rechtzeitig zur Mittagszeit an, so dass wir unsere Wanderung auf der sonnigen Terrasse eines Restaurants mit einer grossen Pizza beendeten.




Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 21./22. September 2019
  • Route: Breil/Brigels - Chischarolas - Rubi Sut - Kistenpass/Pass Lembra - Kistenpasshütte - Muttenalp - Muttseehütte (Samstag); Muttseehütte - Muttenwändli - Chalchtrittli - Seilbahn Kalktrittli/Tierfehd - Tierfehd - Laueli - KW Fätschbach - Linthal (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 3 h (Sonntag)
  • Distanz: 15 km (Samstag); 11,2 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'650 m (Samstag); 170 m (Sonntag)
  • Übernachten: Muttseehütte SAC


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